Marburg plant ein einzigartiges Hilfsprogramm gegen die Coronakrise. Die Stadt möchte Gutscheine im Wert von 1,9 Millionen Euro an ihre Bürger verteilen.

Um das wirtschaftliche, soziale und kulturelle Leben der Stadt angesichts der Coronakrise zu stabilisieren, hat Marburg einen 14-Punkte-Plan aufgelegt. Diesen hatte der Magistrat unter dem Titel „Marburg Miteinander – Gemeinsam sicher durch die Krise“ gestern beschlossen. Der 14-Punkte-Plan ist verbunden mit einem Sofortprogramm, das Mittel in Höhe von über 3,7 Millionen Euro bereitstellt. „Jetzt ist es an der Stadtverordnetenversammlung, das zusätzliche Geld freizugeben, damit wir loslegen können“, sagt Oberbürgermeister und Kämmerer Thomas Spies. Die Stadtverordneten entscheiden am Freitag darüber.

Stadt will Gutscheine im Wert von 1,9 Millionen Euro verteilen

Zu den wesentlichen Maßnahmen des Hilfsprogramms zählt ein „Stadt-Geld-Gutschein“, der in der Stadt Geldflüsse in Millionenhöhe in Gang setzen und damit das örtliche Gewerbe fördern soll. Darauf entfallen 1,9 Millionen Euro. An ihre Bürger will die Stadt Gutscheine im Wert von jeweils 20 Euro ausgeben, an Kinder und Jugendliche im Wert von 50 Euro.

Insgesamt kämen dadurch 76.000 Gutscheine, die sechs Wochen lang gültig sind, in Umlauf. „Das bringt schnell und unmittelbar Liquidität zu all den Gewerbetreibenden, die ihre Geschäfte nun wieder betreiben dürfen“, erklärt Spies. „Außerdem unterstützen wir damit im besonderen Maße die Marburger Familien.“

Darauf zielt auch das Veranstaltungsprogramm „Sommer in der Stadt“ ab. Dabei handelt es sich um dezentrale und der Coronakrise angepasste Events. Das Konzept ist mit 150.000 Euro angesetzt. Hinzu kommt das Engagement von Sponsoren. Auch Akteure der Stadtgesellschaft wie Vereine und soziale Einrichtungen können daran mitwirken. Für Familien, die in der Urlaubszeit wegen der Coronakrise zu Hause bleiben, sollen die Veranstaltungsformate eine Alternative bieten und gleichzeitig der Kultur- und Kreativwirtschaft, dem Schaustellergewerbe, dem Handel und der Gastronomie entlastende Impulse geben.

Marburger 14-Punkte-Plan mit zahlreichen Einzelprogrammen

Darüber hinaus beinhaltet das Maßnahmenpaket zahlreiche Einzelprogramme. Darunter ist der Aspekt „Sicher Wohnen“. In diesem Zusammenhang hat die kommunale Wohnungsbaugesellschaft für ihre Wohnungen einen Mietdeckel verfügt. Zudem gibt es die Zusicherung, dass bei coronabedingten Zahlungsausfällen Wasser und Strom trotzdem fließen. Für von Gewalt bedrohte Familien, Obdachlose und Geflüchtete sind zusätzliche Unterbringungsmöglichkeiten geschaffen. In einem Notfallfonds zum Mieterschutz steht ein Volumen von 210.000 Euro für Fälle, in denen coronabedingt Mietschulden nicht getilgt werden können, bereit.

120.000 Euro sollen ab Anfang Juni in die Bezuschussung von Parkscheinen und Bustickets für Kunden lokaler Geschäfte fließen. Außerdem will die Stadt mit 15.000 Euro eine Kampagne auflegen, um für den Gewerbestandort zu werben. Unter dem Titel „Sicher in die Stadt“ sollen 50.000 Euro für Taxigutscheine bereitgestellt werden, die sich an ältere Bürger, die in der Coronakrise zur Risikogruppe zählen und daher nicht den ÖPNV nutzen können, richten. Die Gutscheine würden über niedergelassene Ärzte verteilt.

Der Baustein „Förderprogramm lokales Handwerk und Bauwirtschaft“ im Marburger Hilfspaket zielt auf die nachhaltige energetische Sanierung und den Erhalt denkmalgeschützter Bauten ab. Mit zusätzlichen 300.000 Euro will die Stadt hier zusätzliche Investitionen anschieben. Ein Notlagenfonds für Selbstständige in Höhe von 200.000 Euro soll existentiell bedrohte Menschen in den Bereichen Kunst, Kreative und Bildung unterstützen, die nicht von den umfangreichen Hilfsprogrammen von Bund und Land erreicht werden.

Solider Haushalt ist die Grundlage für das Hilfsprogramm

Das Geld für das Hilfsprogramm sei verfügbar, da die Stadt in den vergangenen Jahren gut gewirtschaftet habe. Ihr Haushalt sei solide aufgestellt. Mittel wie Gewerbesteuernachzahlungen von Unternehmen des Pharmastandorts seien beiseite gelegt worden. Das gebe der Stadt „die Luft und den Handlungsspielraum“, ein solches Programm auflegen zu können, sagt Kämmerer Spies. Die Reihe der Sofortmaßnahmen in der Coronakrise habe die Stadt aus dem laufenden Haushalt finanziert oder mit Kooperationspartnern realisiert.

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