Kanzlerin und Ministerpräsidenten verabreden einen harten Lockdown. Er trifft auf Akzeptanz in Städten, es gibt aber auch Forderungen.

Der zweite Lockdown gegen die Coronakrise, den Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Ministerpräsidenten gestern in einer gemeinsamen Schalte besprochen haben, trifft in Städten grundsätzlich auf Zustimmung. Doch kritische Stimmen warnen vor einer negativen Auswirkung des Lockdowns auf die Innenstädte und drängen auf Perspektiven für Familien und die Kultur sowie eine Einbeziehung der Kommunen in die Umsetzung der Maßnahmen. Bereits in der vergangenen Woche forderten einige kommunale Spitzenverbände wie die saarländischen einschneidende Maßnahmen – jedoch erst für die Zeit nach Weihnachten.

Coronamaßnahmen: Kommunen wollen einbezogen werden

Angesichts der teilweise sehr hohen Inzidenzwerte sei der erneute Lockdown ein „äußerst schmerzhafter, aber dringend notwendiger Schritt, um die gestiegene Anzahl der Todesfälle durch die wachsende Zahl von Patienten in den Krankenhäusern in den Griff zu bekommen“, heißt es nun vom Städte- und Gemeindetag aus Saarbrücken.

Dessen Präsidenten, Bürgermeister Hermann Josef Schmidt aus Tholey und OBM Jörg Aumann aus Neunkirchen, unterstreichen für den Kampf gegen die Coronakrise die Notwendigkeit, „dass Bund und Länder an einem Strang ziehen“. Zudem erwarteten die Kommunen, „dass das weitere Vorgehen mit ihnen abgestimmt wird“. Denn sie seien diejenigen, die bei der Umsetzung des Lockdowns gefordert seien.

Appell aus Landau: Mittelfristige Strategie zum Umgang mit Corona

OBM Thomas Hirsch mit den Landräten Fritz Brechtel und Dietmar Seefeldt (von links) vor Ort im neuen Impfzentrum in Wörth. (Quelle: Landkreis Germersheim)

OBM Thomas Hirsch mit den Landräten Fritz Brechtel und Dietmar Seefeldt (von links) vor Ort im neuen Impfzentrum in Wörth. (Quelle: Landkreis Germersheim)

Außerdem erwarten die Kommunen eine mittelfristige Strategie für den Umgang mit dem Coronavirus. OBM Thomas Hirsch aus Landau sowie die Landräte Dietmar Seefeld (Südliche Weinstraße) und Fritz Brechtel (Germersheim) appellierten diesbezüglich gestern in einer gemeinsamen Mittelung an Bund und Länder.

Sie setzten „große Hoffnungen“ in den neuen Impfstoff. Aber: „Bis alle Menschen, die das wollen, tatsächlich geimpft sind, wird es dauern. Wir können aber nicht von Lockdown zu Lockdown gehen. Deswegen brauchen wir Perspektiven für die Familien, für die Schulen, für Kultur und für Freizeiteinrichtungen“, heißt es in dem gemeinsamen Statement.

OBM werben in ihren Städten um Akzeptanz der Maßnahmen

„Wir wollen und müssen nachjustieren“, erklärte Michael Müller, der Regierende Bürgermeister von Berlin, gestern nach der Bund-Länder-Schalte mit der Kanzlerin und einer Sondersitzung des Senats. Der Bürgermeister war als Vertreter des Landes Berlin bei der Schalte dabei. „Wir sehen bundesweit, dass unsere Oktober- und Novemberbeschlüsse viel gebracht haben“, so Müller. Man habe die Infektionswelle entschärfen können – jedoch „bei weitem nicht so, wie wir es erhofft und erwartet hatten“. Dies mache strengere Maßnahmen nötig. „Jetzt kommt es darauf an, in einem breiten Konsens zu vermitteln, dass in allen Lebensbereichen weiter die Kontakte reduziert werden müssen.“

Der zweite „harte Lockdown“ gilt ab Mittwoch über Weihnachten und Silvester bis zum 10. Januar. Er beinhaltet strengere Kontaktbeschränkungen sowie für Silvester ein Verkaufsverbot von Pyrotechnik. In den Städten treffen die Maßnahmen durchaus auf Akzeptanz. OBM Fritz Kuhn aus Stuttgart hält sie für „richtig und wichtig“. Er unterstütze sie „uneingeschränkt“. Am harten Lockdown führe „kein Weg vorbei“. Die Bevölkerung bittet er, sich an die neuen Regeln zu halten.

Dafür hat man in Leipzig ein rund 40 Quadratmeter großes Banner an der Fassade des Neuen Rathauses angebracht (Foto oben). Das Banner wirbt für Rücksichtnahme und Verantwortungsbewusstsein. „Wir machen uns Sorgen wegen der hohen Zahl der Todesfälle durch Corona. Wir machen uns große Sorgen wegen der wachsenden Zahl von Patienten auf den Intensivstationen“, sagt der Leipziger OBM Burkhard Jung in seiner Rolle als Präsident des Deutschen Städtetags. „Unser Land muss die Pandemie wieder in den Griff bekommen, bevor es zu spät ist und das Infektionsgeschehen völlig aus dem Ruder läuft.“

Lockdown bedroht die Vitalität der Innenstädte

Die neuen Maßnahmen führten jedoch auch zu einer weiteren Belastung der urbanen Zentren sowie der dort ansässigen Gewerbetreibenden. Davor warnt Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetags, in einer Meldung auf der Verbandswebseite. „Es stellt sich umso dringender die Frage, wie die Innenstädte attraktiver gestaltet werden können. Diese Debatte müssen wir im neuen Jahr zwischen allen Akteuren fortsetzen“, sagt Dedy.

Durch das weitere Herunterbremsen sämtlicher innerstädtischer Infrastruktur in der umsatzstärksten Zeit des Jahres seien die Schäden nicht absehbar, merkt auch Michael Ebling, OBM aus Mainz und Präsident des rheinland-pfälzischen Städtetags, an. Der Verband fordert daher vom Bund nachdrücklich eine Ausweitung der bestehenden Hilfen für die nun erneut betroffenen Akteure in Handel, Gastronomie, Kultur, Hotellerie und Gewerbe. „Wir brauchen vor allem schnelle Hilfen, schneller als im November“, so Ebling. Ebenso sei das Land gefordert, sich für die Sicherung der Vitalität von Innenstädten zu engagieren.

Aus Sicht des Verbands gelte es jetzt vor allem, die Krankenhäuser vor der Überlastung durch die Folgen der Coronapandemie zu schützen. Ebling: „Insbesondere in den Städten handelt es sich in der Regel um Maximalversorger, die für große Regionen Verantwortung tragen.“

„Gute Nachricht für saubere Luft“: Verbot von Feuerwerk

Hinsichtlich des Verbots von Pyrotechnik an Silvester sieht die Deutsche Umwelthilfe (DUH) eine „Chance für neue Silvesterbräuche ohne Schäden für Gesundheit und Umwelt“. Das Verkaufsverbot sei eine „gute Nachricht für die saubere Luft, für Notaufnahmen in den überlasteten Krankenhäusern und die Menschen“, so DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch in einem Pressestatement.

Nachdem die Bundesregierung zuletzt noch ein Böllerverbot ausgeschlossen habe, folge sie nun der DUH-Argumentation. Erstmals stoppe sie den „bisherigen irren Brauch, zum Jahreswechsel Sprengstoff in die Hände von Betrunkenen zu geben“. Dafür habe die DUH „schon lange gekämpft“ und im Jahr der Coronapandemie ihre diesbezüglichen Bemühungen intensiviert.

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