Die Coronakrise bedroht Gaststätten und Hotels. OBM der Pfalz bitten das Land um Hilfe. OBM Hirsch aus Landau über die prekäre Situation für den Tourismus.

In einem offenen Brief wenden sich die Oberbürgermeister, Landräte und der Bezirkstagsvorsitzende der Pfalz an die rheinland-pfälzische Landesregierung. Sie warnen angesichts der Coronakrise eindringlich vor einem Zerfall der touristischen Infrastruktur der Pfalz und fordern stärkere Hilfen des Landes für betroffene Gastronomen und Hoteliers. Thomas Hirsch, OBM von Landau in der Pfalz, erklärt die Brisanz der Lage.

Die Coronakrise bedroht die touristische Infrastruktur

OBM: Herr Hirsch, gemeinsam mit den pfälzischen Kommunen fordern Sie die Landesregierung dazu auf, den Pfalz-Tourismus stärker gegen die Auswirkungen der Coronakrise zu stützen. Wieso?

Thomas Hirsch: Mein Amt als Vorstandsmitglied im Verein Pfalz Touristik hat mich dazu bewogen, die Initiative zu koordinieren. Schon zu Beginn der aufziehenden Coronakrise haben wir den Hinweis gegeben, dass es eines besonderen Augenmerks auf die touristische Infrastruktur an Hotel- und Gastronomiebetrieben bedarf. Nun tritt genau das ein, was wir befürchtet haben. Die Betriebe brauchen schnelle Hilfe, und zwar in Form von Liquidität.

OBM: Warum fokussieren Sie so stark den Tourismus, warum nicht andere Branchen?

Thomas Hirsch: Das hängt an seinen Besonderheiten. Die meisten der anderen Branchen sind nicht so saisonanfällig wie Gastronomie und Hotellerie, die sich im Augenblick in der schwersten Zeit ihres Jahres befinden. Viele Betriebe warten auf das nun anstehende Frühlingsgeschäft. Sie trifft die Krise also ausgerechnet zum Beginn ihrer Saison nach ohnehin schwierigen Wintermonaten, die viele regelmäßig an die Grenzen ihrer Kreditlinien bringen. Dies betrifft nicht nur den Tourismus in den ländlichen Regionen, sondern zieht sich durch die ganze Pfalz und bedroht auch die Attraktivität von Stadtzentren. Hinzu kommt, dass die Gastronomen und Hoteliers ihre jetzt eintretenden Einbußen später kaum mehr ausgleichen können. Denn nach dem Ende der Krise kann ein Wirt seine Tische schließlich nicht doppelt besetzen, und auch in einem Hotelbett kann nur ein Gast liegen. Dies alles sind Faktoren, die zur Existenzbedrohung vieler Betriebe beitragen.

„Wir machen auf Lücken im System aufmerksam“

OBM: Die Landesregierung spannt einen „Schutzschirm für Rheinland-Pfalz“ auf und stellt für die Maßnahmen gegen die Auswirkungen der Coronapandemie 3,3 Milliarden Euro bereit. Hilft das etwa nicht?

Thomas Hirsch: Natürlich hilft das sehr. Doch als Verantwortungsträger vor Ort sehen wir unsere Aufgabe auch darin, auf Lücken im System aufmerksam zu machen, wenn wir solche erkennen. Dies ist die Intention unserer parteiübergreifenden und gebietsübergreifenden Initiative. Unter anderem weisen wir darauf hin, dass viele Betriebe in dieser Situation überhaupt nicht die Kraft dazu haben, die Darlehen, die mit einer 80-prozentigen Bürgschaft des Staates unterlegt sein sollen, in Anspruch zu nehmen. Auch das Kriterium von maximal 30 Beschäftigen für die Teilnahme an den Hilfen des Landes verwehrt vielen Betrieben in kritischer Größe die Chance, die Programme für sich zu nutzen.

OBM: Auf Nachfrage der OBM-Zeitung teilt die Landesregierung mit, sie habe den Kommunen doch schon unbürokratisch 100 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Dieses Geld könne ja vor Ort eingesetzt werden …

Thomas Hirsch: Das tun wir im Rahmen unserer Zuständigkeit. Und wir begrüßen diese Unterstützung ausdrücklich. Sie hilft uns sowohl bei unserem Engagement zur Eindämmung der Virusverbreitung – etwa, was den Katastrophenschutz oder Schutzausstattung betrifft –, als auch bei unserem Bestreben, die existentiell bedrohlichen Auswirkungen auf das gesellschaftliche Leben vor Ort so gering wie möglich zu halten. Ich denke an soziale Initiativen, die Kulturszene, Vereinsaktivitäten – all jene, die durch das Raster der Förderung von Bund und Land fallen. Die Mittel reichen aber nicht dazu aus und können nicht ernsthaft dazu bestimmt sein, eine umfassende Wirtschaftsförderung zu leisten.

„Wir haben einen starken Pakt mit dem Land“

OBM: Die Landesregierung legt außerdem auf eine Differenzierung wert zwischen den Lokalen, die schließen müssen, und den Hotels, die etwa für Dienstreisende noch öffnen können.

Thomas Hirsch: An dieser Stelle zeigt es sich, dass wir als Lokalpolitiker einen klaren Einblick in die Lebenswelt vor Ort haben. Für viele der Hotels, die noch öffnen, ist dies sogar eher eine Last als ein Vorteil. Denn gerade in der kleingliedrigen Pfalz, und dies betrifft auch eine größere Stadt wie Landau, gibt es im Augenblick nur eine überschaubare Anzahl an Übernachtungen von Geschäftsreisenden. Es hilft den Hotels also nicht zwingend, wenn sie ihren Betrieb aufrechthalten. Manche empfinden dies sogar als zusätzliche Belastung und würden stattdessen eine grundsätzliche Schließung mit Ausnahmeregeln begrüßen.

OBM: Das Land spricht von einem „starken Pakt“ mit den Kommunen. Hier deuten sich aber Differenzen an, oder?

Thomas Hirsch: Es stimmt, dass wir einen starken Pakt miteinander haben und in enger gegenseitiger Abstimmung stehen. Doch das heißt nicht, dass wir die praktischen Erkenntnisse vor Ort verschweigen wollen. Im Gegenteil möchten wir unsere Initiative als einen konstruktiven Beitrag verstanden wissen und als Hinweis darauf, wo sich der Schutzschirm des Landes noch zielgerichteter aufspannen lassen könnte. Als „Praktiker“ vor Ort möchten wir zeigen, wo sich das umfassende Hilfspaket noch weiter optimieren lässt. Das ist im Sinne der gemeinsamen Sache und steht nicht im Widerspruch dazu.

Aktuelle Beiträge