Oberbürgermeister Boris Palmer aus Tübingen schlägt Bundesfinanzminister Olaf Scholz vor, im Konjunkturprogramm gegen die Coronakrise eine Förderung für elektrisch angetriebene Zweiräder vorzusehen. Konkret stellt er eine Kaufprämie als Ergänzung zur Kaufprämie für Elektroautos zur Debatte. „Warum ist die Förderung der Elektromobilität auf Fahrzeuge mit mindestens vier Rädern beschränkt“, fragt Palmer in seinem Schreiben vom 8. Juni, das der OBM-Zeitung vorliegt. „Für klimafreundliche Mobilität in den Städten sind Elektrofahrzeuge mit zwei Rädern viel geeigneter als vierrädrige.“
Eine „Lücke im Konjunkturpaket“ schließen
Pedelecs, E-Bikes und Elektroroller bräuchten viel weniger Platz, hätten kleinere Akkus und einen deutlich geringeren Stromverbrauch als elektrisch angetriebene Automobile. „Wenn es stimmt, dass wir nach dieser Krise nicht einfach weitermachen können wie bisher, dann wäre ein Umstieg von vier auf zwei Rädern in den Städten jetzt angezeigt“, schreibt Palmer. Hierin sieht der Tübinger OBM „im Mobilitätskonzept des Konjunkturpakets noch eine wichtige Lücke, die zu schließen sich lohnen würde“.
Tübingener Erfahrungen als beispielgebend
Palmer verweist auf das Beispiel Tübingens. Wie in vielen anderen Städten erlebe man einen Einbruch der Fahrgäste im ÖPNV. Viele Menschen mieden den ÖPNV wegen des Infektionsrisikos in vollen Bussen und Bahnen. Würden diese massenhaft auf Autos umsteigen, sei ein Verkehrsinfarkt zu erwarten. „Daher ist genau jetzt die Zeit, eine infektionssichere und umweltfreundliche Alternative zu Auto und ÖPNV nach vorne zu bringen: das elektrische Zweirad in all seinen Varianten.“ Dies sei auch wirtschaftspolitisch im Hinblick auf die in Deutschland präsente Fahrrad- und Komponentenindustrie sinnvoll.
Mit einer Förderung des Kaufs von Pedelecs habe man in Tübingen positive Erfahrungen gemacht. In der Coronakrise erhöhe die Stadt einen entsprechenden Zuschuss sogar von 100 auf 300 Euro für jedes neu gekaufte Pedelec. Dadurch habe sich der Absatz vervierfacht, so Palmer in seinem Brief an Scholz.
Palmer lobt Konjunkturprogramm der Bundesregierung
Grundsätzlich lobt Palmer das Konjunkturprogramm, das die Bundesregierung auch zur Unterstützung der Kommunen in der Coronakrise aufgelegt hat. Dazu gehört die Kompensation des Gewerbesteuerausfalls und eine dauerhafte Erhöhung des Bundesanteils bei den Kosten für die Unterkunft.
Unter den deutschen Oberbürgermeistern sorgte insbesondere für Dissens, dass entgegen vorheriger Ankündigungen das Konjunkturprogramm keine Altschuldenlösung beinhaltete. Gegenüber einer solchen positionierte sich Palmer ohnehin skeptisch.