Das aktuelle Regionalranking des IW zeigt Verschiebungen durch Corona. Kiel und Tirschenreuth setzen sich an die Spitze des Dynamikrankings.

Die Eindämmung der Corona-Pandemie beschäftigt die deutschen Kommunen seit mehr als zwei Jahren. Ausgleichszahlungen von Bund und Land milderten die finanziellen Auswirkungen. Doch die wirtschaftliche Berg-und-Tal-Fahrt der vergangenen Jahre hat in den Landkreisen unterschiedliche Spuren hinterlassen, stellt das Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) in seinem jüngsten Regionalranking fest. „Regionen, die vor zwei Jahren noch auf den hinteren Plätzen landeten, führen heute das Dynamikranking an,“ sagt Hanno Kempermann, Geschäftsführer der IW Consult und einer der Autoren der Studie.

Größte Wirtschaftskraft in Bayern und Rhein-Main

Das Niveauranking betrachtet zunächst die Kaufkraft und die Arbeitslosigkeit als Maß für den wirtschaftlichen Erfolg einer Region. Dabei schneiden der Landkreis und die Stadt München sowie der hessische Main-Taunus-Kreis in der Nähe von Frankfurt am Main traditionell am besten ab. Zu den stärksten Regionen zählen zudem der benachbarte Hochtaunus sowie weitere Städte und Landkreise in Bayern wie Erlangen, der Landkreis Starnberg und Coburg.

Eine Besonderheit ist 2022 die gute Platzierung des Landkreises Tirschenreuth an der Grenze zur Tschechischen Republik. Dort hat der Börsengang der Siemens Healthineers AG im Jahr 2018 eine hohe Gewerbesteuerzahlung in die Kassen der kreisangehörigen Stadt Kemnath gespült. Daher konnte sie den Hebesatz der Gewerbesteuer von 340 auf 230 Punkte senken und zog weitere Unternehmen an. Die hohen Steuereinnahmen kamen über die Umlage auch dem Landkreis zugute.

Neue Dynamik in den Randgebieten

Der Landkreis Tirschenreuth liegt auch im Dynamikranking an zweiter Stelle. Diese Untersuchung betrachtet insbesondere die Veränderung der Indikatoren in den vergangenen zwei Jahren – zumeist mit dem Basisjahr 2018. In dieser Zeit hat sich die Wirtschaft- und Finanzkraft des Landkreises deutlich erhöht. Für die kommende Untersuchung kann daher schon auf einen rasanten Aufstieg der Städte Mainz und Marburg gewettet werden, die von den hohen Gewinnen des Impfstoffherstellers BionTech profitiert haben.

Kiel hat zwar keinen unerwarteten Geldsegen erhalten, steht im Dynamikranking dennoch an erster Stelle. Die Hafenstadt wird von den Kölner Forschern insbesondere für die Zunahme naturnaher Flächen gelobt. „Vielversprechend für den Erhalt und Ausbau der lokalen Attraktivität als Wohn-, Arbeits- und Wirtschaftsstandort sind darüber hinaus Stadtentwicklungsprojekte, die neue zukunftsfähige Orte zum Wohnen, Arbeiten und Leben schaffen,“ heißt es im Bericht des IW.

Industriestandorte gefährdet

Mit Blick auf die weitere Entwicklung weist die Studie auf die aktuellen Transformationsprozesse einer beschleunigten Dekarbonisierung und Digitalisierung hin. Vor allem Standorte der energieintensiven und kohlenstoffbasierten Industrie wie die Chemie, die Stahl- und die Automobilindustrie zeigten bereits eine geringere Dynamik. „Exogene Schocks können den Startpunkt für regionale Abwärtsspiralen markieren,“ warnen die Autoren.

g.schilling@stadtvonmorgen.de

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