9.30 Uhr. Freitagvormittag. Nur noch 30 Minuten bis zur Redaktionskonferenz. Der Druck steigt. Noch keine Idee, die sich den Kollegen vorzuschlagen lohnen würde. Welches bahnbrechende Thema könnte für Oberbürgermeister interessant sein? Worüber böte sich eine Investigativrecherche an? In welcher Stadt schlummert das heißeste Thema, das die Leser in seinen Bann zieht, dem Verlag Klickzahlen beschert und alle begeistert?
9.40 Uhr. Nur noch 20 Minuten, und immer noch keine Idee.
9.45 Uhr. Nur noch 15 Minuten. Bing! Da flattert eine Pressemeldung der Stadt Augsburg ins Redaktionspostfach. Darin ruft Oberbürgermeisterin Eva Weber unter dem Kampagnenmotto „Frag die Oberbürgermeisterin“ die Kinder ihrer Stadt dazu auf, ihr Fragen rund um die Coronapandemie zu stellen, und zwar per Email, Brief oder Socialmedia.
Der Geistesblitz: Wir mischen uns unter die Fragensteller! Die OBM-Redaktion gibt sich als Kind aus und befragt die Oberbürgermeistern inkognito! Welch eine Challenge! Die Themenflaute ist besiegt – adieu, Sommerloch!
Akribische Vorbereitungen für die Investigativrecherche
So (oder ähnlich) entstand die Idee, sich an dem Aufruf der Oberbürgermeisterin unter der „Maske“ eines Kindes zu beteiligen. Und solch ein investigatives Vorhaben bedarf natürlich einer akribischen Vorbereitung.
In diesem Fall bedeutet dies zunächst einmal eine Umfrage unter den Redaktionskollegen mit Nachwuchs. Sie sollen aufschreiben, mit welchen Fragen zur Coronakrise ihre eigenen Kids sie im Familienalltag löchern. Diese Umfrage gibt authentisches Futter aus dem richtigen Leben für das Anschreiben an OBM Weber.
Schließlich ist noch ein privates Emailpostfach nötig, natürlich ohne den Absender des Verlags – so viel Investigativjournalismus muss schon sein.
Dann geht es raus, das Schreiben „der kleinen Paula“ an die Oberbürgermeisterin.
Und wenige Tage später bekommt „die kleine Paula“ tatsächlich eine Antwort aus dem Augsburger Rathaus …
So antwortet OBM Eva Weber auf die Fragen von Paula

Frag die Oberbürgermeisterin: OBM Eva Weber, seit wenigen Wochen im Amt, beantwortet Fragen von Kindern zur Coronakrise. (Quelle: CSU Augsburg/Martin Augsburger)
Hallo liebe Paula,
danke für Deine E-Mail – ich finde es wirklich toll, dass Du mir Deine Fragen zu Corona stellst. Ich versuche jetzt mal, die Fragen so gut wie möglich zu beantworten.
1. Warum darf man nicht in den Urlaub fahren?
In den Urlaub fahren darfst Du. Die Bundesregierung hat eine weltweite Reisewarnung für alle Länder ausgesprochen. Diese Warnung bleibt bis Ende August für Länder, die nicht Teil Europas sind, noch gültig und wird angepasst, je nachdem wie sich das Virus weiter verbreitet. Vor allem aber innerhalb Deutschlands und der EU sind jetzt auch wieder Reisen möglich. Dabei muss natürlich weiter auf die Hygienevorschriften geachtet werden – das heißt, Erwachsene und Kinder ab sechs Jahren müssen im Flugzeug und im Zug Masken tragen, der Sicherheitsabstand muss eingehalten werden, und die Nies-/Husten-Etikette müssen beachtet werden.
2. Arbeitet Papa ab jetzt immer zuhause?
Diese Frage kann Dir Dein Papa am besten beantworten. In jedem Unternehmen sind die Regeln dazu unterschiedlich. Und dann hat das ja auch was mit den persönlichen Vorlieben zu tun: Ich habe Freundinnen und Freunde, denen das Arbeiten zuhause viel besser gefällt als im Büro, und die versuchen jetzt auch ohne die Homeoffice-Regelung im Büro weiter zuhause zu arbeiten. Vielleicht geht es Deinem Papa ja auch so? Oder vielleicht ist er auch wieder froh, seine Kolleginnen und Kollegen zu sehen und zurück ins Büro gehen zu dürfen. Daneben hängt es natürlich auch von Deiner Betreuung ab, ob Du in der Kita bist oder in der Schule, oder vielleicht eh daheim bei der Mama?
3. Kann das Virus um die Ecke fliegen?
Das ist eine gute Frage. Um die Ecke fliegt das Coronavirus zum Glück nicht, denn es schwebt nicht alleine durch die Luft. Du musst Dir das so vorstellen: Das Coronvirus ist sehr, sehr klein – ein hundert Millionstel kleiner als ein Stecknadelkopf. Wir Menschen können das Virus deshalb mit bloßen Augen nicht sehen. Wenn jetzt eine erkrankte Person hustet, niest oder spricht, dann verteilt sie die Viren mit den Spucke-Tröpfchen in der Luft – und wer danebensteht und sie einatmet, kann sich anstecken. Die Chancen, Dich anzustecken, wenn eine erkrankte Person um die Ecke steht und spricht, sind sehr viel geringer, denn die Spucke-Tröpfchen fliegen keine scharfen Kurven. Wenn Dir die Person um die Ecke jetzt aber ihre Hand entgegenstreckt, dann ist das was anderes: Das Virus kann nämlich an den Händen klebenbleiben, wenn die erkrankte Person in Ihre Hand hustet oder niest, oder wenn sie sich die Nase putzt. Wenn Du das Virus an Deinen Händen hast, dann reicht es, wenn Du Dir unbedacht die Augen reibst oder mit den Fingern ein Stück Brot isst – und schon bist Du unter Umständen angesteckt. Deshalb ist es auch so wichtig, dass Du Dir immer wieder regelmäßig die Hände wäschst und genug Abstand zu Leuten außerhalb Deiner Familie hältst.
4. Wann ist das blöde Corona endlich weg?
Darauf hat leider noch niemand eine Antwort. Ein wichtiger Schritt wird sein, wenn ein Impfstoff gegen das Virus gefunden wird. Derzeit laufen weltweit etwa 150 Impfstoffprojekte gegen das Virus. Das bedeutet, 150 unterschiedliche Forschungsinstitute und Unternehmen sind gerade dabei, nach einem Mittel zu suchen, der uns alle gegen das Virus immun macht. Das sind ganz schön viele Forscherinnen und Forscher, und einige von ihnen haben sogar schon einen Impfstoff gefunden. Bis ein Impfstoff aber zugelassen wird, also bis Menschen tatsächlich damit geimpft werden dürfen, müssen sehr viele Tests gemacht werden, um sicher zu stellen, dass der Impfstoff wirkt und gut verträglich für die Menschen ist. Außerdem muss der Impfstoff auch für alle ausreichen und bezahlbar sein.
Ich wünsche Dir alles Gute, bleib gesund!
Eva Weber