Braunschweig gründet eine Energiegenossenschaft, um den Photovoltaikausbau zu beschleunigen. Ihre Konstellation ist einzigartig.

Gemeinsam mit verschiedenen lokalen Akteuren hat die Stadt Braunschweig eine Energiegenossenschaft gegründet. Damit will sie auf dem Weg zur Klimaneutralität vor allem Photovoltaikanlagen errichten. Bis zum operativen Start der Genossenschaft im Juni waren nur rund zwei Prozent der Braunschweiger Dachflächen mit Photovoltaiktechnik belegt. Die Stadt verfügt also über ein großes Potential für die Gewinnung von regenerativem Solarstrom, das sie mit ihrer neuen Genossenschaft heben möchte.

Gründungsgenossen in einzigartiger Konstellation

Die Konstellation der „Energiegenossenschaft Braunschweiger Land“ ist einzigartig. Neben der Stadt sind an der Genossenschaft das stadtnahe Versorgungsunternehmen BS Energy, die Braunschweigische Landessparkasse, die Volksbank BraWo sowie eine kommunale (Nibelungen Wohnbau GmbH) und eine genossenschaftlich organisierte Wohnungsbaugesellschaft als Gründungsmitglieder beteiligt. Zudem steht Andre Voermanek als Privatperson stellvertretend für zwei lokale Umweltschutzorganisationen. In dieser Zusammensetzung bringen die Gründungsmitglieder die wesentlichen Perspektiven auf Photovoltaikprojekte ein: vom Immobilien- und Flächenbestand über die Finanzierung und die Energievermarktung bis zum Umweltschutz.

„Stand bisher die ökologische Zielstellung im Vordergrund, so kommt seit dem russischen Angriff auf die Ukraine ein weiterer Grund hinzu, die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern zu reduzieren“, erklärt Oberbürgermeister Thorsten Kornblum. Er verweist auf die mit dem Krieg zusammenhängenden geopolitischen Verwerfungen und auf steigende Energiepreise. „Erneuerbare Energien stärken zudem die regionale Autarkie.“

Genossenschaft als neuer Akteur der Energiewende

Die Stadt begreift die Energiegenossenschaft nach eigenen Angaben als einen „neuen zentralen Akteur der Energiewende, dessen Kerngeschäft die Planung, Finanzierung, Errichtung, Erzeugung und Verteilung regenerativer Energien ist“. Mit ihrer Gründung will die Stadt schneller ins Handeln kommen, was den Photovoltaikausbau betrifft, und die Umsetzung energiepolitischer Ziele beschleunigen. Zum Start haben die Gründungsmitglieder rund 500.000 Euro Eigenkapital eingebracht und so die finanzielle Basis gelegt.

Damit investiert die Genossenschaft in erste Solaranlagen. Anfangs hatte sie 13 Anlagen projektiert. Bis zum Jahresende sollen diese in Betrieb sein. Den Strom vermarktet die Genossenschaft vor allem an die Anwender vor Ort im Sinne eines „Eigenverbrauchs“. Im September hat die Genossenschaft ihre Ziele erhöht: Bis Jahresende möchte sie eine Anschlussleistung von 706 Kilowattpeak, verteilt auf 15 Gebäude, ans Netz bringen. Zukünftig zielt die Genossenschaft darauf ab, jährlich ein Megawattpeak zuzubauen. „Gegenüber dem Vorjahr wird der Anlagenzubau auf städtischen Gebäuden mit Blick auf die Leistung mehr als vervierfacht“, sagt Kornblum. 2021 lässt sich der Anlagenzubau in Braunschweig mit 165,4 Kilowattpeak bemessen, 2020 mit 25,4 Kilowattpeak.

Bürger können sich an der Genossenschaft beteiligen

Strategisch möchte sich die Genossenschaft zunächst größeren Photovoltaikprojekten vorwiegend im kommunalen Kontext, etwa auf städtischen Liegenschaften und Gebäuden, widmen. Nachdem die ersten Ankerprojekte realisiert sind, sollen weitere folgen, die das Portfolio diversifizieren. Neben Dächern von Gebäuden kommen dabei zuvorderst beispielsweise Parkplätze, Freiflächen oder landwirtschaftlich genutzte Areale für den Anlagenbau in Frage.

Geplant ist darüber hinaus, dass sich zukünftig – voraussichtlich ab 2024, vielleicht auch früher – die Bürger an der Energiegenossenschaft beteiligen können. Dies geht laut Satzung mit einer finanziellen Beteiligung ohne Stimmrecht als Genosse. Über die Aufnahme neuer Genossen entscheidet die Generalversammlung. Verzinst ist die Kapitaleinlage mit 2,5 Prozent.

a.erb@stadtvonmorgen.de

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