Eine neue Studie sieht Stadtwerke im „Spagat zwischen Finanzierungsdruck und Transformationsbedarf“. Die Strategie zur Dekarbonisierung fehlt häufig.

In den Stadtwerken ist die Digitalisierung auch 2022 das beherrschende Thema. An Bedeutung gewinnt zudem die Dekarbonisierung. Diese Trends werden begleitet von einer intensiveren Beschäftigung mit den Themen Datensicherheit und Personalgewinnung. Unter dem Titel „Teure neue Energiewelt“ stellt die aktuelle Stadtwerkestudie des Beratungsunternehmens EY und des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) einen starken Einfluss dieser Megathemen auf das Geschäft der Stadtwerke fest.

Für die Studie haben EY und der BDEW Geschäftsführer und Vorstände von insgesamt 100 Unternehmen unterschiedlicher Größe und Struktur in Deutschland befragt. Mit einem Anteil von 72 Prozent dominierten Stadtwerke mit 20.000 bis 100.000 Einwohnern in ihrem Versorgungsgebiet. Die übrigen Befragten wiesen ein Versorgungsgebiet mit über 100.000 Einwohnern auf oder waren überregional aktiv. Die Befragung wurde im 1. Quartal 2022 durchgeführt.

Schwerpunkt Dekarbonisierung

Die Suche nach einem Ersatz für fossile Energieträger steht 2022 verstärkt im Fokus der Stadtwerke. Mit einem Plus von 19 Prozentpunkten auf 72 Prozent gewann die Dekarbonisierung bei Erzeugung und Verbrauch gegenüber der Befragung vor einem Jahr deutlich hinzu. Da die Befragung zum größten Teil vor dem russischen Angriff auf die Ukraine durchgeführt wurde, dürfte das Thema mit der Abkehr von (vorwiegend russischen) Energierohstoffen weiter an Bedeutung gewinnen. Kerstin Andreae, Vorsitzende der Geschäftsführung des BDEW, betonte in der Studie: „In dieser Zeitenwende ist es erforderlicher denn je, dass die Stadtwerke sowohl die traditionelle Daseinsvorsorge als auch die zukunftsorientierte Dekarbonisierung als Dienstleister und Wegbereiter vereinen.“

Spielraum der Stadtwerke geringer

Eine Strategie zur Dekarbonisierung des Unternehmens und des Angebots an die Kunden hatten lediglich 33 Prozent der befragten Stadtwerke. 31 Prozent unterstützen ihre Kunden bei der Transformation. Bei 48 Prozent der Stadtwerke haben die erforderlichen Prozesse erst begonnen. Die Autoren der Studie sehen als mögliche Gründe für das verbreitete Fehlen einer klaren Strategie eine mangelnde Schwerpunktsetzung durch die kommunalen Gesellschafter und „die Vielzahl von Aufgaben, die Stadtwerken aufgebürdet werden“.

Hinzu kommt die finanzielle Lage der Stadtwerke: Die Studie weist auf eine „sinkende Profitabilität trotz steigender Umsätze“ hin. Seit 2017 sei die Umsatzrentabilität der Versorger jährlich um durchschnittlich 3 Prozent gesunken. Gleichzeitig steige die Investitionsbedarf für die Digitalisierung und zur Gestaltung der Mobilitäts- und Wärmewende. Daher finanzierten sich vor allem größere Stadtwerke zunehmend über Fremdkapital. Die Ausschüttungen an die (zumeist kommunalen) Gesellschafter sind bei den meisten Stadtwerken in den vergangenen Jahren aber nicht gesunken.

g.schilling@stadtvonmorgen.de

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