EnBW wendet sich vom Kohlestrom ab. Das bedeutet für Karlsruhe einen klimapolitischen Sprung und zugleich neue Transformationsaufgaben.

Das in Karlsruhe ansässige Energieunternehmen EnBW (Energie Baden-Württemberg) steigt im Zusammenhang mit der Erreichung seiner Klimaziele bis 2028 aus der Kohlverstromung aus. Dies hat das Unternehmen am Montag angekündigt. Für die Stadt und ihr Streben nach Klimaneutralität bedeutet dies eine „gute Nachricht“, so Oberbürgermeister Frank Mentrup, da damit auch die Kohleverstromung in Karlsruhe in dieser Dekade endet. Karlsruhe will 2040 klimaneutral sein. Doch die Transformation des Energieunternehmens stellt die Kommune gleichzeitig vor neue energie- und wärmepolitische Aufgaben. Das Beispiel macht die Interdependenzen zwischen der Produktion von Kohlestrom, der Fernwärmeversorgung sowie zukunftsgerichteten Projekten der Bereiche Geothermie und Wasserstoff deutlich.

Weg vom Kohlestrom: Was bedeutet das für die Fernwärme?

Denn die EnBW speist Wärme, die bei der Stromerzeugung in ihrem Rheinhafen-Dampfkraftwerk entsteht, ins Fernwärmenetz der Karlsruher Stadtwerke ein. Das macht rund 20 Prozent der Wärmeproduktion aus. Endet im Kraftwerk die Kohleverstromung, müssen sich die Stadtwerke wohl eine neue Wärmequelle erschließen. Die Versorgungssicherheit ist nicht gefährdet, erklärt Mentrup auf Nachfrage von #stadtvonmorgen, da die Stadtwerke über eigene Erzeugungskapazitäten verfügen. Diese basieren laut Mentrup allerdings auf dem fossilen Energieträger Erdgas und sind hinsichtlich des CO2-Ausstoßes nicht nachhaltig. „Wir stehen insgesamt vor der Aufgabe, die Fernwärme zu dekarbonisieren“, sagt der Oberbürgermeister.

Mit der Abkehr der EnBW vom Kohlestrom stellen sich für die Stadt und die Region also zwei wichtige Gestaltungsaufgaben. Zum einen geht es darum, die Fernwärmeversorgung zu sichern beziehungsweise deren Dekarbonisierung zusätzlich zu forcieren. Zum anderen liegt es im Interesse der Stadt, ihre Rolle als Standort für Energieerzeugung zukunftsfähig auszurichten und sich diesbezüglich neue Potenziale zu erschließen. So könnte der nun beschleunigte Rückzug der EnBW aus der Kohleverstromung in der Region strategisch wichtige Energie- und Infrastrukturprojekte ebenfalls zusätzlich dynamisieren.

Von der Kohle zu Geothermie und Wasserstoff

Zu beiden Fragen regt Mentrup eine Zusammenarbeit zwischen Stadt, Stadtwerken und EnBW an. Konkret spricht er gegenüber #stadtvonmorgen dafür zwei zukunftsweisende Stoßrichtungen an. Erstens nennt er die Geothermie als mögliche Wärmequelle für das Fernwärmenetz. Zweitens ließe sich im Zusammenhang mit einer Vor-Ort-Initiative für einen H2-Import-Hub „gemeinsam das Thema Wasserstoff weiterentwickeln“. Dabei geht es darum, im Rheinhafen eine Umschlagstelle für Wasserstoff zu schaffen, um so den Grundstein für eine regionale Wasserstoffinfrastruktur und den Aufbau entsprechender Wertschöpfungsketten zu legen.

Beide Vorhaben, das Streben nach Geothermie und der Aufbau der Wasserstoffindustrie, sind nicht nur für die Stadt, sondern auch für die Region strategisch relevant. Daher widmet sich ihnen die „TechnologieRegion Karlsruhe“, ein Zusammenschluss von Gebietskörperschaften, Wissenschaft und Wirtschaft. Sowohl die Stadt Karlsruhe als auch die EnBW engagieren sich für die TechnologieRegion. Insofern sei die Basis für die Zusammenarbeit bereits angelegt, meint Mentrup. Beide – Stadt und EnBW – sind auch gesellschaftlich miteinander verflochten. Die EnBW sind mit 20 Prozent an den Stadtwerken Karlsruhe beteiligt. Die Stadt wiederum hält als Kleinaktionär über eine kommunale Holdinggesellschaft (KVVH) ein Aktienpaket der EnBW.

Das Foto oben zeigt ein Heizkraftwerk der EnBW in Stuttgart-Münster. Dort verfolgt die EnBW im Zuge ihres Ausstiegs aus der Energieerzeugung durch Kohle – wie an ihren Kohlestandorten Heilbronn und Altbach/Deizisau – Pläne für einen sogenannten Fuel Switch von Kohle zu Gas und perspektivisch grünem Wasserstoff. Ihre weiteren Kohlekraftwerke, darunter das in Karlsruhe, legt sie nach eigenen Angaben still, nimmt sie in die Netzreserve oder ersetzt sie ebenfalls durch einen Fuel Switch.

a.erb@stadtvonmorgen.de

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