16 deutsche Großstädte stellen gegenüber der Bundesregierung die Forderung nach einem direkten Zugang zum EU-Aufbauprogramm auf. In einem gemeinsamen Schreiben wenden sich deren Oberbürgermeister diesbezüglich an Bundeskanzlerin Angela Merkel.
16 deutsche Großstädte fordern direkten Zugang zu EU-Mitteln
In ihrem Schreiben, das der OBM-Zeitung vorliegt, betonen die Oberbürgermeister die maßgebliche Rolle der Städte in der Coronakrise. Zudem weisen sie auf die hohen finanziellen Belastungen, denen die Kommunen deswegen unterworfen seien, hin. Sie bitten die Bundeskanzlerin, während der deutschen EU-Ratspräsidentschaft diese Rolle der Kommunen politisch zu gewichten und den städtischen Bedürfnissen Rechnung zu tragen.
Die Oberbürgermeister befürchten, „dass der Großteil der im Next-Generation-EU-Programm vorgesehenen Mittel ausschließlich an die Mitgliedsstaaten geht und der nächste Mehrjährige Finanzrahmen keine wichtigen Neuerungen für bessere lokale Direktinvestitionen vorsieht“. Dagegen müssten die Städte möglichst unbürokratisch Zugang zu EU-Geldern erhalten, die für den Wiederaufbau nach der Coronakrise bestimmt sind.
Ebenso sprechen sich die Oberbürgermeister für eine „erweiterte Berücksichtigung der Städte im Mehrjährigen Finanzrahmen“ aus. „Langfristige Investitionen in den Städten sollten nicht länger durch europäische Regelungen wie den Stabilitäts- und Wachstumspakt begrenzt werden, die zur Sanierung der Fiskalpolitik eingeführt wurden.“
Städte zeigen sich dazu entschlossen, Europa zu gestalten
Zugleich seien die Städte mehr denn je entschlossen, Europa für die nächsten Generationen neu zu gestalten und die Krise als Chance für systematische Veränderungen zu nutzen. Um ihre Handlungskraft voll entfalten zu können, sei es wichtig, dass die Städte einen direkten Zugang zu europäischen Geldern und den Programmen, die zur Lösung der Krise in Aussicht stehen, hätten.
Zu den Unterzeichnern des Briefs an Merkel gehören die OBM Ashok Sridharan aus Bonn, Barbara Ludwig aus Chemnitz, Ullrich Sierau aus Dortmund, Dirk Hilbert aus Dresden, Thomas Geisel aus Düsseldorf, Thomas Kufen aus Essen, Peter Feldmann aus Frankfurt am Main, Belit Onay aus Hannover, Frank Mentrup aus Karlsruhe, Ulf Kämpfer aus Kiel, Henriette Reker aus Köln, Burkhard Jung aus Leipzig, Peter Kurz aus Mannheim, Markus Lewe aus Münster, Dieter Reiter aus München und Fritz Kuhn aus Stuttgart.
16 Städte stammen aus dem Eurocities-Netzwerk
Die 16 Städte, die sich nun an Bundeskanzlerin Merkel wenden, sind Mitglied des europäischen Städtenetzwerks Eurocities. Das Netzwerk vertritt die Interessen europäischer Großstädte. Es zielt darauf ab, deren Positionen in strategischen und finanziellen Entscheidungen auf EU-Ebene zu untermauern. Die unterzeichnenden Städte setzen diese Bemühungen während der deutschen EU-Ratspräsidentschaft auf Bundesebene fort.
In ihrem Schreiben verweisen die Oberbürgermeister auf „die Prinzipien der Partnerschaft und der Multilevel Governance“, die es europäisch stärker zu verankern gelte. Dies betreffe auch den Zugang der Städte zu den Aufbaufonds. „Um einen digitalen, grünen und gerechten Aufschwung zu erreichen, müssen wir europäischen Städte in Entscheidungsprozesse miteinbezogen und die europaweite lokale Investitionslücke der letzten zehn Jahre geschlossen werden.“ Der deutschen EU-Ratspräsidentschaft komme dabei eine zentrale Rolle zu.
MFR von 2021 bis 2027 und Coronafonds: 1,8 Billionen Euro
Der letzte EU-Ratsgipfel endete vor wenigen Tagen mit den Beschlüssen über einen „Mehrjährigen Finanzrahmen“ (MFR) von 2021 bis 2027 für die EU mit einem Volumen von über einer Billarde Euro. Zudem einigte sich der Gipfel auf einen Coronarettungsfonds mit 750 Milliarden Euro. Das Aufbauinstrument wird auch als „Next Generation EU“ bezeichnet.