Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat heute das Portal „Stark im Amt“ freigeschaltet. Die Internetplattform richtet sich an Kommunalpolitiker. Das „Portal für Kommunalpolitik gegen Hass und Gewalt“ möchte für die Bedrohungslage kommunaler Amts- und Mandatsträger sensibilisieren und den Betroffenen entsprechende Informations- und Hilfsangebote aufzeigen. Es geht auf eine Initiative der Körber-Stiftung zurück und wurde in Zusammenarbeit mit den drei kommunalen Spitzenverbänden entwickelt. Ab 2022 betreuen und entwickeln die Verbände die Plattform.
Hass und Hetze: Mehr als die Hälfte der Bürgermeister betroffen
Nach eigenen Angaben schreibt sich das Portal eine „Lotsenfunktion“ zu. Es möchte kommunale Amts- und Mandatsträger im Kampf gegen Hass und Hetze bestärken. Als zentrale Anlaufstelle für Bedrohte zeigt es für konkrete Fälle diverse Unterstützungsangebote verschiedener Organisationen sowie Handlungsoptionen auf. Gleichzeitig wirkt es präventiv: „Stark im Amt“ möchte die Problematik von Hass und Hetze im politischen Diskurs sichtbar machen und über das Phänomen informieren. Dies beginnt schon bei Tipps zur Reaktion auf abfällige und beleidigende Kommentare in soziale Medien.
Zuvor hatte die Körber-Stiftung eine Umfrage unter 1.641 Bürgermeistern gemacht. Davon gaben 57 Prozent der Befragten an, schon einmal beleidigt, bedroht oder tätlich angegriffen worden zu sein. Dies zeige hinsichtlich der Angriffe auf Kommunalpolitiker ein gesellschaftliches Klima auf, das Anlass zu tiefer Besorgnis gebe, so Tatjana König, Vorstand der Körber-Stiftung.
„Gegenwehr nötig“: Angriffe auf Lokalpolitiker in drei Jahren verdoppelt
„Stark im Amt“ sei „der Beweis, dass wir als Gesellschaft nicht hilflos sind, wenn es um den Schutz unserer Kommunalpolitiker geht“, so Steinmeier. Der Bundespräsident hat die Schirmherrschaft für das neue Onlineangebot übernommen. Es sei auch Ausdruck einer „breiten Allianz“ gegen Hass und Hetze, die er im vergangenen Jahr bei einer Diskussionsveranstaltung in Zwickau gefordert hatte.
Die registrierten Angriffe auf Amts- und Mandatsträger insgesamt hätten sich in den vergangenen drei Jahren verdoppelt, sagt Steinmeier. „Gegenwehr ist leider bitter nötig.“ Aufgrund ihrer unmittelbaren Kontakte auf lokaler Ebene zu den Bürgern stünden die Kommunalpolitiker dabei besonders im Fokus. „Vom Querdenker bis zur wütenden Anwohnerin, die ein Bauvorhaben verhindern möchte, läuft in den Rathäusern alles auf – von rechts, von links, aus der Mitte.“
Dabei bedrohten Hass und Hetze „die Grundfesten unserer Demokratie“, so der Bundespräsident. „Wenn sich Bürgermeister oder Gemeinderatsmitglieder vor bestimmten Themen fürchten, dann geraten Debatten und Entscheidungsprozesse in Schieflage. Und wenn sich qualifizierte Kandidaten in den Kommunen gar nicht zur Wahl stellen, weil sie selbst oder ihre Familien bedroht werden, dann entstehen Lücken.“
Gefahr für Demokratie – Flüchtlingskrise als Moment des „Tabubruchs“
Der Präsident des Deutschen Städte- und Gemeindebunds Ralph Spiegler fordert ein breites zivilgesellschaftliches Engagement, eine klare Positionierung und politische Bildung, um Hass und Hetze einzudämmen. Es sei „wichtig, nicht zu schweigen“. Dies gelte auch für diejenigen, die von Hass und Hetze betroffen seien. Um die Sensibilität für das Thema zu erhöhen, sei es bedeutsam, jede Tat zur Anzeige zu bringen.
Gemeinsam mit dem Präsidenten des Deutschen Städtetags, OBM Burkhard Jung aus Leipzig, und dem Präsidenten des Deutschen Landkreistags, Landrat Reinhard Sager, diskutierte Spiegel bei der digitalen Veranstaltung zum Start des Portals. Hass und Hetze in politischen Auseinandersetzungen, wie sie augenblicklich zu erleben seien, führten zur „Zersetzung“ der Demokratie, warnt Jung.
Als einen kritischen Moment, in dem ein entsprechender „Tabubruch“ in der Debattenkultur festzustellen gewesen sei, erinnert Jung an die Flüchtlingskrise 2015. Damals sei auch er im Zusammenhang mit der hitzigen Auseinandersetzung um die Asylpolitik des Bundes und die Aufnahme von Flüchtlingen Morddrohungen ausgesetzt gewesen. Diesem Gebaren dürfe man nicht nachgeben. Umso wichtiger sei es, Solidarität mit denjenigen zu bekunden, die sich ehren- oder hauptamtlich für die Stadtgesellschaft einsetzen und aufgrund ihres Engagements massiven Anfeindungen ausgesetzt sind.
Das Portal ist im Internet hier zu finden: www.stark-im-amt.de.