Das Aktionsbündnis „Für die Würde unserer Städte“, das sich für die Belange hochverschuldeter Städte einsetzt, startete gestern eine neue Petition. Die „Petition Heimat“ richtet sich an die rheinland-pfälzische Landesregierung. Sie fordert die Ministerpräsidentin Malu Dreyer, den Landtagspräsidenten Hendrik Hering und die Fraktionsvorsitzenden im Landtag dazu auf, für eine Altschuldenlösung sowie für auskömmliche Kommunalfinanzen zu sorgen. Sie ist abrufbar über www.change.org/petitionheimat. Die Petition ist zeitlich nicht befristet.
Petition will „Zukunftspakt Rheinland-Pfalz“ zur Altschuldenlösung

Petition Heimat: Landrat Ralf Leßmeister will die breite Bevölkerung für die kommunale Finanzsituation sensibilisieren. (Quelle: Andreas Erb)
Es ist die zweite Petition des Bündnisses. Bereits im August initiierten die nordrhein-westfälischen Bündnisstädte eine ähnlichen Vorstoß. Die rheinland-pfälzischen Initiative zielt nun darauf ab, eine gemeinsame Anstrengung des Landes und der Kommunen zur Entschuldung im Sinne eines „Zukunftspakts Rheinland-Pfalz“ anzustoßen – ähnlich der Hessenkasse in Hessen oder des Saarlandpakts im Saarland. Sie fordert einen Abbau der kommunalen Altschulden in 30 Jahren.
Um dieses Ziel zu erreichen, bitte man gezielt die Bürger um Hilfe. „Es muss uns gelingen, die Betroffenheit jedes einzelnen Bürgers aufzuzeigen“, sagte Landrat Ralf Leßmeister aus Kaiserslautern gestern bei einer Pressekonferenz zum Start der Petition in Pirmasens. Es gelte, ein „abstraktes Thema in die Breite bringen“, so OBM Markus Zwick aus Pirmasens. Er hofft darauf, dass die rheinland-pfälzischen Oberbürgermeister und Landräte jeweils vor Ort für das Anliegen werben.
„In Rheinland-Pfalz ist der Hilferuf der Kommunen ungehört“

Die Petition richte sich an die Landespolitiker jeder politischer Couleur, betont Bernhard Matheis. (Quelle: Andreas Erb)
Von den 20 höchstverschuldeten Kommunen in Deutschland befinden sich elf in Rheinland-Pfalz. Darunter sind die Städte Mainz, Worms, Trier, Ludwigshafen, Frankenthal, Zweibrücken, Kaiserslautern und Pirmasens sowie die Landkreise Birkenfeld, Kusel und Kaiserslautern. Pirmasens, von wo die Petition ausgeht, hat mit rund 10.000 Euro die höchste Prokopfverschuldung in Deutschland. Gemeinsam mit dem Kreis Kaiserslautern klagt die pfälzische Stadt gerade vor dem Landesverfassungsgerichtshof auf eine „aufgabenangemessene Finanzausstattung“. Die mündliche Verhandlung ist am 11. November.
„In Rheinland-Pfalz ist der Hilferuf der Kommunen und des Bündnisses bislang ungehört geblieben“, sagt Zwick. Es habe den Anschein, als versuche die Landesregierung das kommunale Finanzproblem auszusitzen. „Doch die gute Zukunft der Menschen steht auf dem Spiel.“ Es drohe, „dass wir unsere Heimat verlieren“ – daher der Titel der Petition. Es gehe um wichtige Investitionen in die öffentliche Infrastruktur, in Bildungseinrichtungen, in Klimaschutz, in Mobilität und in den ÖPNV, in die Digitalisierung, die Kultur oder den Tourismus. „Das, was das Leben in unserer Region ausmacht“, sei bedroht, warnt Leßmeister.
Städtetag, Landkreistag und Verdi für „Petition Heimat“
Dabei unterstreicht der Landrat die Überparteilichkeit der Petition. Unterstützt wird sich vom rheinland-pfälzischen Städtetag und dem rheinland-pfälzischen Landkreistag sowie von der Gewerkschaft Verdi. Dies dokumentiere ein breites Engagement über Parteigrenzen hinweg.
In der Coronakrise verschärfe sich die Finanzsituation der Städte und Kommunen zusätzlich, warnt der Pirmasenser Ex-OBM Bernhard Matheis, der Sprecher des Aktionsbündnisses „Für die Würde unserer Städte“ ist. Dabei zeige doch gerade die Krise, wie wichtig handlungsfähige Kommunen sind. Städte und Landkreise, die unter den hohen sozialen und vor allem finanziellen Belastungen eines Strukturwandels litten, bräuchten dafür dringend Lösungen. Dies sei auch ein Gebot der Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse in Deutschland, so Matheis. In ähnlichem Tenor formulierten zuletzt die Oberbürgermeister der fünf rheinland-pfälzischen Oberzentren Resolutionen an Land und Bund.
Petition „an alle Parlamentarier unabhängig ihrer Couleur“

In Rheinland-Pfalz sei der Hilferuf der Kommunen bislang ungehört: OBM Markus Zwick bei der Pressekonferenz zur Petition. (Quelle: Andreas Erb)
Demgegenüber weise die Sozialgesetzgebung von Bund und Ländern den Kommunen immer neue Aufgaben zu, die oftmals nicht ausfinanziert seien, so Matheis. Er fordert die Einhaltung des Konnexitätsprinzips. Wenn der Bund und die Länder in den vergangenen Jahren eine Verbesserung ihrer jeweils eigenen Haushalte erreicht hätten, dann hätten sie dies „in der Größenordnung von 50 Milliarden Euro bundesweit und in der Größenordnung von sieben Milliarden Euro landesweit auf dem Rücken der Kommunen getan“, sagt Matheis. So hoch beläuft sich die kommunale Verschuldung.
Konsolidierungsauflagen der Kommunalaufsicht wie die zur Erhöhung kommunaler Steuern führten bisweilen dazu, die Lage weiter zu verschärfen und Disparitäten zu verstärken anstatt die Verschuldungssituation nachhaltig einzudämmen. Exemplarisch verweist Matheis auf massiven Investitionsstau im Wohnungsbau in Pirmasens. Der werde durch eine im Vergleich mit dem Mietniveau überproportionale Erhöhung der Grundsteuer zusätzlich aufgebaut. Die Petition gehe „an alle Parlamentarier unabhängig ihrer politischen Couleur, aktiv zu werden bei dem Thema“, unterstreicht Matheis.
Das Foto oben zeigt den Ludwigshafener Beigeordneten Andreas Schwarz, den Kaiserslauterer Landrat Ralf Leßmeister und den Pirmasenser Oberbürgermeister Markus Zwick (vom links) beim Start der Petition vor der Festhalle in Pirmasens.
Die Onlinepetition des Aktionsbündnisses „Für die Würde unserer Städte“ für Rheinland-Pfalz ist im Internet unter folgendem Link zu finden: www.change.org/petitionheimat.
Die Onlinepetition des Aktionsbündnisses „Für die Würde unserer Städte“ für Nordrhein-Westfalen ist im Internet unter folgendem Link zu finden: www.change.org/aktionsbuendnis.