Hanau gibt ihrer Klinik einen rettenden Sechs-Millionen-Euro-Zuschuss. Nicht nur in Hanau stehen kommunale Krankenhäuser unter Finanzdruck.

Der Magistrat der hessischen Stadt Hanau hat heute einen Zuschuss in Höhe von bis zu sechs Millionen Euro für das dortige Klinikum beschlossen. Die Stadtverordnetenversammlung muss dem noch zustimmen. Nicht nur das Klinikum in Hanau steht unter enormem finanziellen Druck – bundesweit geraten immer mehr Krankenhäuser in eine prekäre Lage, was ihre Liquidität betrifft. Daher fordert Hanaus Oberbürgermeister Claus Kaminsky die Bundes- und Landespolitik dringend dazu auf, der Situation rasch gegenzusteuern. Bund und Länder beraten derzeit über eine Reform des Gesundheitssystems.

Ziegler: Kommunale Finanzhilfe „systemwidrig“

Demgegenüber ist die Lage in Hanau so angespannt, dass sich die Kommune jetzt zum Handeln gezwungen sieht. Nach Angaben der Stadt rechnet das Klinikum Hanau 2022 mit einem Verlust in Höhe von rund sechs Millionen Euro. 2023 erwartet es sogar einen Verlust in Höhe von bis zu 14,3 Millionen Euro. „Wir warten nicht ab, bis Bund und Land dringend notwendige Entscheidungen getroffen haben. Denn wir brauchen in Hanau und der Region eine wohnortnahe, hochqualifizierte medizinische Versorgung“, so Kaminsky. Die Entscheidung des Magistrats, aktuelle Verluste zu übernehmen, sorge „für Sicherheit“ im Sinne der gesundheitlichen Daseinsvorsorge.

Dass eine Kommune in die eigene Kasse greift, um ihr Klinikum zu retten, sei nicht ungewöhnlich, aber eigentlich „systemwidrig“, meint der Vorstandsvorsitzende des Interessenverbands Kommunaler Krankenhäuser (IVKK) Bernhard Ziegler im Gespräch mit #stadtvonmorgen (das vollständige Interview hier). „Die Krankenhäuser stehen mit dem Rücken an der Wand – vor allem die regional wichtigen Versorger“, so Ziegler. „Viele Kommunen sehen sich dazu gedrängt, Geld in die Hand zu nehmen, um Standorte zu retten und die Versorgung in ihrer Region zu sichern.“ Dies geschehe vielerorts aus der Not heraus, weil das bestehende System offenbar keine stabile Finanzarchitektur sichere.

Kaminsky: „Desaströse Schieflage des Systems“

„In Anbetracht der desaströsen Schieflage des Systems ist es längst überfällig, dass tiefgreifende Maßnahmen eingeleitet werden, um die Kliniken endlich zukunftsfest zu machen und flächendeckende Versorgungssicherheit zu gewährleisten“, sagt Kaminsky. „Der Bund und das Land müssen ihren Rollen jetzt gerecht werden und Investitionen übernehmen.“ Da sie dies im Augenblick nicht adäquat täten, helfe die Stadt ihrem Klinikum. Aber: „Diese Quersubvention kann nicht beliebig oft wiederholt werden. Sie darf und wird auch nicht zur Regel werden“, betont Kaminsky.

Die roten Zahlen resultieren nach Angaben der Stadt nicht nur aus der Energiekrise, sondern sind auch vor allem bedingt durch die zunehmende Inflation, den Fachkräftemangel und Personalengpässe sowie einen nicht zuletzt mit diesen Kapazitätsengpässen zusammenhängenden Rückgang von Patientenzahlen. Während die Inflation bei acht Prozent liege, steige der „Landesbasisfallwert“ – also die Kostenerstattung für stationäre Behandlungen – nur um 4,32 Prozent. Ein weiteres „Alarmsignal“ seien „drohende Gehaltsforderungen von Gewerkschaften“. Grundsätzlich sei das Finanzierungssystem für Krankenhäuser nicht auskömmlich.

Öffentliche Daseinsvorsorge versus Top-Rendite

Darüber hinaus stünden kommunale Krankenhäuser mit ihren Aufgaben für die öffentliche Daseinsvorsorge in zunehmender Konkurrenz zu privatwirtschaftlichen Trägern. Kaminsky spricht mit Blick auf Finanzinvestoren von „Heuschrecken“, die „sich unseres Gesundheitssystems vor Ort bemächtigen“ wollten, „um nur noch lohnende Operationen und margenträchtige Behandlungen anzubieten“. Dem schiebe die Stadt einen Riegel vor. „Uns geht es nicht um Top-Renditen, sondern um die optimale Versorgung unserer Bürger vor Ort.“

a.erb@stadtvonmorgen.de

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