Die Stadt Pirmasens und der Landkreis Kaiserslautern klagen gegen den Finanzausgleich in Rheinland-Pfalz. OBM Zwick über die Verhandlung.

Gestern verhandelte der Verfassungsgerichtshof in Rheinland-Pfalz die Klage der Stadt Pirmasens und des Landkreises Kaiserslautern gegen den Finanzausgleich. Beide Kommunen verstehen ihr juristisches Engagement als stellvertretend für die kommunale Familie in Rheinland-Pfalz. Aus dem Bundesland kommen elf der 20 höchstverschuldeten Kommunen der Republik. Die Stadt und der Kreis streiten für eine auskömmliche Finanzausstattung durch das Land. Konkret gehen sie gegen die Schlüsselzuweisungsbescheide der Jahre 2014 und 2015 vor. Wie die Verhandlung vor dem Verfassungsgerichtshof in Koblenz lief, resümiert OBM Markus Zwick aus Pirmasens.

Hoffen auf Grundsatzentscheidung zum Finanzausgleich

OBM: Herr Zwick, gestern verhandelte der Landesverfassungsgerichtshof in Koblenz die Klage der Stadt Pirmasens und des Landkreises Kaiserslautern gegen Schlüsselzuweisungsbescheide 2014 und 2015. Wie ist Ihr Fazit?

Markus Zwick: Ich gehe mit dem sehr guten Gefühl, dass der Verfassungsgerichtshof unseren Standpunkt verstanden hat, aus der Verhandlung heraus. Das gibt mir die Hoffnung, dass es für Rheinland-Pfalz eine Grundsatzentscheidung darüber geben wird, wie der Finanzausgleich zukünftig gestaltet wird. Uns geht es um eine bedarfsorientierte Finanzausstattung und um die Frage, wie die Bedarfe der Kommunen bei der Verteilung der Mittel im Finanzausgleich besser als bisher berücksichtigt werden können. Ich habe in der Verhandlung gebeten, dass in der Diskussion um den Finanzausgleich nicht das nächste Kapitel aufgeschlagen wird, sondern meine Hoffnung zum Ausdruck gebracht, dass eine grundsätzliche Änderung des Finanzausgleichs angestoßen wird. Ob das Ergebnis so ausfällt, ist offen. Das Gericht hat für den 16. Dezember die Urteilsverkündung in Aussicht gestellt. Doch wir stellen fest, dass es in seine Überlegungen bereits die in anderen Bundesländern wie Hessen gültigen Modelle einbezogen hat – das zeigt, dass es sich mit einem Paradigmenwechsel zumindest gedanklich beschäftigt hat. Das stimmt uns hoffnungsfroh.

OBM: Der Deutsche Landkreistag machte gestern mit einer Pressemeldung auf die Verhandlung aufmerksam (siehe unten). Erwarten Sie vom Urteilsspruch eine Signalwirkung über Rheinland-Pfalz hinaus?

Markus Zwick: Ja. Das Verfahren erreicht eine Aufmerksamkeit, die über die Landesgrenze hinausgeht. Denn es geht um die grundsätzliche Frage, wie der Finanzausgleich gerechnet und verfassungskonform gestaltet werden kann. Dies betrifft auch andere Bundesländer.

OBM: Die Kommunen in Rheinland-Pfalz gelten als besonders verschuldet, darunter an vorderen Stellen die Stadt Pirmasens und der Landkreis Kaiserslautern. Seit Jahren streiten Sie für eine auskömmliche Finanzausstattung. Gemeinsam mit dem Aktionsbündnis „Für die Würde unserer Städte“ haben Sie vor wenigen Tagen eine Onlinepetition an die Landesregierung auf den Weg gebracht, um diese zu einer Altschuldenlösung zu drängen. Wie lief der Start?

Markus Zwick: Aus meiner Sicht ist die Onlinepetition gut angelaufen. Uns ist klar, dass die Frage einer Altschuldenlösung ein für die Bürger nicht immer leicht zu greifendes, bisweilen sperriges Thema ist. Wir wollen dieses nun über sechs Wochen spielen, immer wieder darauf aufmerksam machen und vermitteln, was die Altschuldenproblematik perspektivisch konkret für die Bürger und die Leistungskraft der Kommunen bedeutet. Es soll nicht bei einem abstrakten Thema bleiben. Dabei setzen wir auf alle Netzwerkpartner in Städten, Landkreisen, Gemeinden und Dörfern. So sind wir guter Dinge, dass die Petition die nötige Aufmerksamkeit erzielt.

Landkreistag pflichtet Pirmasens und Kaiserslautern bei

Für den Deutschen Landkreistag hat der Streit um den Finanzausgleich in Rheinland-Pfalz vor dem dortigen Verfassungsgerichtshof eine „grundsätzliche und bundesweite Bedeutung“. Es sei „verfassungsrechtlich geboten“, dass die Länder ihre Kommunen „mit dem Nötigsten zur Bewältigung der eigenen Aufgaben ausstatten“, sagte Landkreistag-Hauptgeschäftsführer Hans-Günter Henneke in einem gestern verbreiteten Statement.

Henneke ordnet auch eine Lösung für von Altschulden hochbelastete Kommunen in diesen Kontext ein. Wer zur Abtragung von Altschulden nach dem Bund rufe, der helfe „nur den Ländern, die offensichtlich ihrer Verantwortung nicht gerecht werden wollen“, sagt Henneke. „Das Schwarze-Peter-Spiel und das Verweisen auf den Bund hilft hier nicht weiter.“ Die Länder, in diesem Fall Rheinland-Pfalz, und nicht der Bund seien verantwortlich für die Finanzausstattung ihrer Kommunen. Aus dieser Verantwortung dürften sie nicht entlassen werden. „Es dürfen nicht diejenigen Länder noch dafür belohnt werden, die am wenigsten ihren Aufgaben nachgekommen sind.“

Zwischen den kommunalen Spitzenverbänden gibt es bezüglich der Altschuldenfrage unterschiedliche Einschätzungen. Während der Deutsche Städtetag und der Deutsche Städte- und Gemeindebund ein Engagement des Bundes zugunsten hochverschuldeter Kommunen eher begrüßen würden, zeigt sich der Landkreistag diesbezüglich skeptisch. Natürlich könne der Bund in Einzelfällen den Ländern Unterstützung bei deren Aufgaben zukommen lassen, wie zuletzt beim Pakt für den Öffentlichen Gesundheitsdienst, so Henneke. Doch davon dürften keine grundsätzlichen Ansprüche auf Hilfe aus Berlin abgeleitet werden.

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