Das „Bekenntnis für einen Schutzschirm“, der Stadtwerke in der aktuellen Krise absichert, fordert der Wirtschaftswissenschaftler Jens Südekum vom Bund. Die Energiekrise sei eine gesamtstaatliche Herausforderung, und für die Sicherung des Versorgungssystems seien die kommunalen Energieversorger entscheidend, so der Ökonom. Entsprechend müssten die Entlastungsmaßnahmen des Bundes auch die Stadtwerke in den Blick nehmen.
Corona, Ukraine, Energie: Krisen und Haushalte
Dies sagte Südekum am Donnerstag bei der Podiumsdiskussion des 18. Deutschen Kämmerertags in der Hauptstadtresidenz der Telekom in Berlin. Der Kämmerertag, organisiert von der Fachzeitschrift „Der Neue Kämmerer“, gilt als Leitveranstaltung der Branche. Rund 300 Kämmerer tauschten sich dabei über kommunale Finanzthemen aus. Zeitgleich zu der Veranstaltung stellten Bundeskanzler Olaf Scholz, Finanzminister Christian Lindner und Wirtschaftsminister Robert Habeck ein Hilfspaket mit einem Volumen von 200 Milliarden Euro zur Bewältigung der Energiekrise in Aussicht.
Inhaltlich war die Veranstaltung von den Effekten aktueller Krisen wie der Coronapandemie, des Ukrainekonflikts und der Energiekrise auf die Kommunen geprägt. Dabei zählte die Mahnung, auf die Krisen nicht nur kurzfristig fiskalisch zu reagieren, sondern auch Investitionen in die nachhaltige Transformation der Gesellschaft nicht hintanzustellen, zum Tenor der Veranstaltung.
Investieren auch in Krisenzeiten
So erinnerte etwa Bürgermeister Christian Specht, Kämmerer von Mannheim, an den Kampf gegen den Klimawandel. Dieser dürfe auch angesichts drängender Hausforderungen nicht in den Hintergrund rücken. Im Gegenteil: Aus den Hilfsmaßnahmen gegen die Krise müssten sich Investitionen ableiten, die zum klimagerechten Umbau von Wirtschaft und Gesellschaft beitragen. Damit sie in diesem Kontext ihre vor Ort gestaltende Rolle einnehmen können, müsse der Bund den Kommunen die passenden Rahmenbedingungen setzen. Dies könne mit Klimabudgets geschehen, die auf mehrere Jahre angelegt und wirkungsorientiert einzusetzen sind, so Specht exemplarisch.
Dabei schränke die finanzielle Situation die Handlungsfähigkeit vieler Kommunen ein, warnte Babara Meyer, Finanzbürgermeisterin von Saarbrücken. Zwar hätten die Kommunen in Summe zuletzt ein positives Ergebnis von 4,6 Milliarden Euro erwirtschaftet. Doch in einzelnen, insbesondere den hochverschuldeten sei die Lage nach wie vor prekär. Die Coronakrise sei noch nicht überwunden, da sähe man mit dem Ukrainekonflikt und der Energiekrise bereits neuen Herausforderungen entgegen. „Wir steuern auf drastische Defizite zu“, so Meyer. Es sei ein neuerlicher Anwuchs kommunaler Kassenkredite zu befürchten. „Aus dem Altschuldenproblem wird jetzt ein Neuschuldenproblem.“ Um die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse im Land zu erhalten, müsse der Bund helfen.
Krisen verschärfen Altschuldenproblem
Dass der Bund bereit sei, an einer Lösung des Altschuldenproblems mitzuarbeiten, untermauerte Finanzstaatssekretärin Luise Hölscher in ihrer Eröffnungsrede beim Kämmerertag. Für einen Eingriff in die Kommunalfinanzen brauche es allerdings eine Grundgesetzänderung und entsprechende Mehrheiten in Bundestag und Bundesrat. Dazu Meyer: „Ich befürchte, dass – solange die Bundesregierung daran festhält, dass dafür eine Grundgesetzänderung notwendig ist – die Lösung nicht kommen wird.“ Das langwierige Ringen um einen diesbezüglichen Konsens sei bisweilen „ernüchternd“ für die Kommunen, die massiv unter hohen Schulden leiden. Als Sprecherin des Städtenetzwerke „Für die Würde unserer Städte“ vertritt Meyer die Interessen hochverschuldeter Kommunen gegenüber Bund und Ländern.