Die Stadt Pirmasens und der Landkreis Kaiserslautern streiten weiter vor dem Bundesverfassungsgericht für einen ausreichenden Finanzspielraum für Kommunen. Nachdem die beiden am Mittwoch vor dem Verfassungsgerichtshof des Landes in Koblenz einen Erfolg, was ihre Finanzausstattung durch das Land betrifft, erringen konnten, setzen sie ihr Engagement für auskömmliche Kommunalfinanzen auf Bundesebene fort. Dies teilten die Stadt Pirmasens (Foto oben) und der Landkreis Kaiserslautern am Freitag in einer Pressemeldung mit.
„Offene“ Finanzfragen: Bundesverfassungsgericht soll klären
Das Bundesverfassungsgericht solle noch „offene Fragen klären“, so OBM Markus Zwick aus Pirmasens und Landrat Ralf Leßmeister aus Kaiserslautern in dem gemeinsamen Statement. Das neue Urteil aus Koblenz habe zwar den Finanzausgleich in Rheinland-Pfalz als unvereinbar mit der Landesverfassung erklärt. Es hebe aber den bisher in Rheinland-Pfalz vertretenden Grundsatz, dass der Anspruch der Kommunen auf eine finanzielle Mindestausstattung unter dem Vorbehalt der finanziellen Leistungsfähigkeit des Landes steht, „nicht vollständig auf“. Dies allerdings bezweifeln der Oberbürgermeister und der Landrat.
Sie beziehen sich auf das Bundesverwaltungsgericht, das – so Zwick und Leßmeister – die Auffassung vertrete, dass die kommunale Selbstverwaltung grundgesetzlich geschützt ist und entsprechende finanzielle Voraussetzungen dafür gegeben sein müssen. Der Landesgesetzgeber könne eine strukturelle Unterfinanzierung der Gemeinden also nicht mit dem Hinweis auf einen eigenen finanziellen Engpass rechtfertigen. Im Gegenteil gebe es beim Mindestfinanzbedarf der Kommunen keinen Ermessensspielraum des jeweiligen Landes.
Finanzgarantien auch im Kontext der Coronakrise entscheidend
Die von der Stadt und dem Kreis eingereichte Kommunalverfassungsbeschwerde biete nun die Chance, eine einheitliche Auslegung des Inhalts der verfassungsrechtlichen Finanzgarantien im Grundgesetz und in der Landesverfassung zu erreichen. Dies wäre nicht zuletzt mit Blick auf den nun neu zu regelnden Finanzausgleich in Rheinland-Pfalz von „geradezu entscheidender Bedeutung“.
Angesichts der Coronakrise gewinne die Rechtsfrage nach der Mindestfinanzausstattung in Ausnahmesituationen außerdem zusätzlich an Relevanz. Ihre Beantwortung kann über Millionenbeträge entscheiden.
Verfassungswidrig: Wie ist mit Altschulden umzugehen?
Darüber hinaus werfen Zwick und Leßmeister hinsichtlich des Koblenzer Urteils weitere Fragen auf, die sie vom Bundesverfassungsgericht geklärt wissen wollen. Etwa verhelfe das neue Urteil aus Koblenz den klagenden Kommunen „allenfalls mit zeitlichem Verzug und nicht sofort zu ihrem subjektiven Recht auf kommunale Selbstbestimmung“. Zwar habe der rheinland-pfälzische Verfassungsgerichtshof den Finanzausgleich in Rheinland-Pfalz für verfassungswidrig erklärt, dem Land aber bis zum 1. Januar 2023 Zeit gelassen, gegenzusteuern. „Die Verfassungswidrigkeit dauert also einstweilen fort“, teilen Zwick und Leßmeister mit.
Zudem fehle „eine verbindliche Festlegung“, wie mit den Altschulden und „den Folgen der jahrelangen Verfassungswidrigkeit, also der hohen Verschuldung von Stadt Pirmasens und Kreis Kaiserslautern, umzugehen ist“. Nicht abschließend sei die Frage geklärt, ob die künftige Höhe der Finanzausgleichsmasse in Rheinland-Pfalz auch die Schuldenlast der Kommunen, die sich in den vergangenen Jahren aufgebaut hat, berücksichtigen muss.
Hier gibt es ein Interview mit OBM Markus Zwick zum Koblenzer Urteil.