Um ihren Haushalt um jährlich rund 90 Millionen Euro zu entlasten, legt die niedersächsische Landeshauptstadt Hannover ein Haushaltssicherungskonzept vor. Neben konkreten Maßnahmen, die die Verwaltung betreffen, fokussiert es die Transferzahlungen von anderen staatlichen Ebenen. In diesem Zusammenhang erhebt die Stadt auch Forderungen an das Land und an den Bund zur Einhaltung des Konnexitätsprinzips. Diesbezüglich möchte sie ihr Vorgehen mit anderen Kommunen abstimmen.
Memorandum soll aufs Konnexitätsprinzip hinweisen
„Die Landeshauptstadt Hannover wird, wenn möglich mit anderen Kommunen, ein Memorandum erstellen, in dem deutlich gemacht wird, dass die unvollständige Entlastung der Kommunen so nicht mehr hinnehmbar ist“, teilt die Stadt auf OBM-Nachfrage mit. „Mit einem Memorandum soll auf die dramatischen Auswirkungen der nicht dem Konnexitätsprinzip entsprechenden Kostenverteilung aufmerksam gemacht und auf dieses dauerhafte Missverhältnis hingewiesen werden.“
Dabei schließt die Stadt auch eine Klage nicht aus. Die rheinland-pfälzische Stadt Pirmasens hatte zuletzt erfolgreich vor dem Landesverfassungsgerichtshof den dortigen Finanzausgleich beklagt.
Auch Klage gegen Landesfinanzausgleich möglich
„Es gibt Überlegungen der kommunalen Spitzenverbände, die in diese Richtung gehen“, heißt es auf OBM-Nachfrage von der Stadt. Sollte die kommunale Familie in Niedersachsen den Klageweg beschreiten, würde diese Entscheidung von der Stadt Hannover „wahrscheinlich unterstützt“. Auch eine Klage der Landeshauptstadt „alleine oder mit mehreren Städten gemeinsam“ sei „nicht ausgeschlossen“. Ziel sei allerdings, „eine Lösung im Verhandlungswege zu erreichen“.
Haushaltssicherungskonzept: Grundstein der Stadtfinanzen

OBM Belit Onay aus Hannover (Quelle: Landeshauptstadt Hannover/Sascha Wolters)
Derweil soll das neue Haushaltssicherungskonzept einen „wesentlichen Grundstein zur dauerhaften Sicherstellung der finanziellen Handlungsfähigkeit der Stadt“ legen, so OBM Belit Onay in einem Pressestatement. Der Rat behandelt das Haushaltssicherungskonzept voraussichtlich im März. Es soll in den kommenden vier Jahren das strukturelle städtische Defizit von jährlich rund 90 Millionen Euro ausgleichen. Das strukturelle Defizit umfasst nicht Sondereffekte wie die durch die Coronakrise bedingten Mehrausgaben.
Insgesamt hat die 540.000-Einwohner-Stadt Schulden in Höhe von rund 1,6 Milliarden Euro. Die aktuellen Investitionen im Doppelhaushalt 2021/22 liegen auf einem, so Onay, „Rekordniveau“ von rund einer halben Milliarde Euro. „Unsere Maßnahmen gegen die Verschuldung sind kein Kahlschlag mit dem Rasenmäher“, betont Onay. Er möchte partizipativ mit den Mitarbeitern die „Modernisierung der Stadtverwaltung vorantreiben“ und so die Verwaltungseffizienz steigern.
Hannover will Haushalt um 90 Millionen Euro entlasten
Die „partizipativ angelegte Aufgabenkritik“ soll finanzielle Spielräume in einer Größenordnung von 35 bis 40 Millionen Euro erschließen. In diesem Zusammenhang will die Stadt ihre Smart-City-Arbeit nutzen. Mit der Digitalisierung möchte sie Prozesse optimieren sowie die dezernatsübergreifende Zusammenarbeit fördern.
Ab 2023 möchte sie gemäß ihres Haushaltssicherungskonzepts außerdem Mehrerträge in Höhe von 21 Millionen Euro aus ihrem Portfolio von Beteiligungsunternehmen erzielen. Dies betrifft zu einem wesentlichen Teil die regionale Energieversorgung durch das kommunal geprägte Energieunternehmen enercity.
Hinsichtlich der „Transferzahlungen von anderen staatlichen Ebenen“ drängt die Stadt auf das Konnexitätsprinzip. Zudem setzt sie auf eine „faire Ausgestaltung der Finanzbeziehungen zur Region“. Hier sollen Verhandlungen mit dem Kommunalverband „Region Hannover“, was die Lastenverteilung etwa im Bereich sozialer Aufgaben angeht, zu einer Entlastung der Stadt in der Größenordnung von 25 bis 30 Millionen Euro führen.
Darüber hinaus kalkuliert das Haushaltssicherungskonzept mit „kleineren Einzelmaßnahmen“, die den Haushalt um weitere vier Millionen Euro entspannen sollen, sowie mit Steigerungen von jährlich 3,3 Prozent der städtischen Erträge.