Das Land Rheinland-Pfalz stellt seinen Kommunen in Aussicht, sich mit deren Altschulden zu befassen. „Im Rahmen der Neuordnung des Kommunalen Finanzausgleichs wird das Thema der Altschulden ebenso mitbehandelt werden.“ Dies teilt ein Sprecher des rheinland-pfälzischen Innenministeriums auf Nachfrage der OBM-Zeitung bei der Landesregierung mit. Gleichzeitig weist er Kritik aus Reihen der Kommunen, das Land erweise sich in Sachen Kommunalfinanzen als wenig selbstkritisch und verlange stattdessen einseitig von seinen Kommunen, eigene Einnahme- und Sparpotentiale auszuschöpfen, zurück.
Lewentz: Kritik „eher dem Wahlkampf geschuldet“
Konkret ging es um ein Gespräch der kommunalen Spitzenverbände mit Finanzministerin Doris Ahnen und Innenminister Roger Lewentz hinsichtlich der Neugestaltung des Kommunalen Finanzausgleichs ab 2023. Dazu verweist der Ministeriumssprecher auf eine eigene Pressemitteilung vom 18. Februar. Darin begegnet SPD-Innenminister Lewentz der „Kritik, dass weder Lösungsvorschläge noch eine Soforthilfe in einer ersten Gesprächsrunde mit den kommunalen Spitzenverbänden angekündigt wurden“, mit dem Hinweis darauf, dass dies „wohl eher dem Landtagswahlkampf als einer seriösen Auseinandersetzung mit der Thematik geschuldet“ sei.
Kritik an der Landesregierung war zuletzt allerdings auch bei einer Pressekonferenz des rheinland-pfälzischen Städtetags zu vernehmen gewesen. Dessen Spitze ist parteiübergreifend aufgestellt. Sein Präsident, OBM Michael Ebling aus Mainz, vertritt wie Lewentz die SPD. Der stellvertretende Vorsitzende, OBM Thomas Hirsch aus Landau, der bei der Pressekonferenz das Finanzthema vorwiegend vortrug, kommt von der CDU. Ebenfalls kritisierte der Vorsitzende des Landkreistags Günther Schartz, Landrat von der CDU, das Land in einem gemeinsamen Statement mit Hirsch.
Finanzausgleich: Land setzt auf Mitarbeit der Kommunalverbände
Hintergrund der Neuordnung des Finanzausgleichs ist eine noch laufende Klage der Stadt Pirmasens und des Landkreises Kaiserslautern gegen die Schlüsselzuweisung. In diesem Zusammenhang hatte der Verfassungsgerichtshof des Landes den Kommunen bescheinigt, dass der Kommunale Finanzausgleich nicht mit der Landesverfassung vereinbar ist. Bis 2023 muss das Land also ein neues System erarbeiten. Bis dahin gelten allerdings die bisherigen, verfassungswidrigen Regeln weiter. Zu den bundesweit höchstverschuldeten Kommunen gehören zahlreiche aus Rheinland-Pfalz.
„Der Zeitplan, den der Verfassungsgerichtshof dem Land auferlegt hat, ist ehrgeizig“, heißt es dazu aus dem Finanzministerium. „Die hohe Zahl unterschiedlichster kommunaler Pflichtaufgaben und freiwilliger Aufgaben sowie die Zahl von rund 2.450 eigenständigen kommunalen Gebietskörperschaften verdeutlicht die Größe der Aufgabe.“
Für deren Lösung setzten das Innen- und das Finanzministerium „auf die Mitarbeit der kommunalen Spitzenverbände“ in einer Arbeitsgruppe. Bis Jahresende wolle man ein Konzept vorlegen, das als Grundlage für einen Gesetzentwurf dienen soll. Dieser werde dann „mit allen Beteiligten“, auch den kommunalen Spitzenverbänden, 2022 erörtert.
Land verweist auf Finanzhilfen für Kommunen
Auf die Frage, wie bis dahin mit den aufgelaufenen Altschulden und noch auflaufenden Defiziten umzugehen sei, verweist der Ministeriumssprecher auf das Engagement des Landes zur Entlastung der Kommunen. „Das Land wendet bereits seit Jahren erhebliche Mittel auf, um die Kommunen bei der Altschuldenproblematik zu unterstützen.“
Unter anderem stelle das Land über den sogenannten Kommunalen Entschuldungsfonds (KEF) und ein Aktionsprogramm für kommunale Liquiditätskredite mit Zinssicherungsschirm und Bonusprogramm jährlich rund 190 Millionen Euro bereit. Von 2012 bis 2020 habe es rund 1,5 Milliarden Euro an Zins- und Tilgungshilfen für Liquiditätskredite zur Verfügung gestellt. Auch habe sich der Kommunale Finanzausgleich positiv entwickelt: von zwei Milliarden Euro in 2013 auf fast 3,3 Milliarden Euro in 2020.
Die Kommunen kritisieren allerdings, dass dies weder ausreiche, Altschulden abzutragen, noch ihre strukturelle Unterfinanzierung nachhaltig löse. Hilfen des Landes wie der KEF hätten hinsichtlich des Schuldenwachstums lediglich einen dämpfenden, aber keinen grundlegend vermeidenden Effekt.
Land sieht Mitverantwortung beim Bund
Gleichzeitig nimmt das Land für die Lösung der Altschuldenfrage von Kommunen den Bund in die Mitverantwortung. „Die kommunale Altschuldenhilfe muss weiterhin auf der bundespolitischen Agenda bleiben“, heißt es auf OBM-Nachfrage. Unter anderem in der Kommission Gleichwertige Lebensverhältnisse habe sich die Landesregierung auf Bundesebene dafür eingesetzt. „Gerade in den aktuellen Zeiten wäre eine gemeinsame Kraftanstrengung von Bund und Ländern ein wichtiges Signal an die Kommunen gewesen.“
Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) hatte eine solche im Zusammenhang mit dem Konjunkturprogramm gegen die Coronakrise vorgeschlagen. Die Idee scheiterte aber vor allem am Widerstand der Bundesländer mit weniger verschuldeten Kommunen.