Die Verpackungsteuer, die die Stadt Tübingen zu Jahresbeginn eingeführt hatte, droht vor Gericht zu scheitern. Der baden-württembergische Verwaltungsgerichtshof hat die Verpackungssteuersatzung der Stadt für unwirksam erklärt. Die Urteilsbegründung liegt noch nicht vor. Oberbürgermeister Boris Palmer denkt allerdings über eine Fortsetzung des Rechtsstreits vor dem Bundesverwaltungsgericht nach.
Gemeinderat entscheidet über Revision
„Die Zulassung der Revision vor dem Bundesverwaltungsgericht ist ein Fingerzeig des Gerichts, den es nun im Gemeinderat zu diskutieren gilt“, sagt Palmer. „Vieles spricht dafür, dass die grundsätzlichen Fragen abschließend geklärt werden müssen.“
Erst, wenn das Urteil rechtskräftig ist, ist auch die Verpackungssteuer nichtig. Die Frage, ob die Stadt in Revision geht, entscheidet also auch über die Aufhebung der Verpackungsteuer. Entscheidet sich die Stadt für eine Fortsetzung des Rechtsstreits, gilt die Steuer mindestens bis zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts weiter.
Palmer: Gerichtsurteil ist eine „Enttäuschung“
Zum Jahresbeginn hatte Tübingen als erste deutsche Stadt eine Verpackungsteuer eingeführt. Sie gilt für Einwegverpackungen, -geschirre und -bestecke. Für Palmer hat sie sich als praktikabel erwiesen. „Wir haben gezeigt, dass die Steuer in der Praxis funktioniert. Überall in Tübingen breitet sich Mehrweg aus, die Stadt wird sauberer, die große Mehrheit der Menschen ist zufrieden. Bundesweit ist es genau umgekehrt: Mehrweg wird verdrängt, die Wegwerfkultur setzt sich durch.“
Gegen die Verpackungssteuer hatte der Franchisenehmer einer Fast-Food-Kette geklagt. Das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs sei eine „Enttäuschung“, so Palmer. „Für den Umwelt- und Klimaschutz, aber auch für das Gemeinwesen insgesamt ist es ein Problem, wenn neue Wege verbaut und gute Lösungen verboten sind.“
VKU will Einwegkunststofffonds
Derweil nutzt der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) den Streit um die Tübinger Verpackungssteuer dazu, um auf eine bundesweite Regelung zu drängen. Es sei zu „bedauern“, dass die Tübinger Verpackungsteuer vor Gericht zu scheitern drohe. Der Verband fordert daher heute in einer Pressemeldung eine „bundesweite Lösung, wie sie das Umweltministerium mit dem Gesetz für einen Einwegkunststofffonds in der letzten Woche vorgelegt hat“.
Ein bundesweiter Einwegkunststofffonds habe den Vorteil, dass die finanzielle Beteiligung der Hersteller an den Reinigungskosten gezielt denjenigen zugutekommt, die vor Ort die Reinigungsleistungen erbringen. „Littering ist ein bundesweites Problem und sollte daher auch vom Bundesgesetzgeber angepackt werden“, heißt es vom VKU.