Die Rufe von Städten nach mehr Freiheit zur Einführung von Tempo 30 werden lauter. #stadtvonmorgen fragt im Verkehrsministerium nach.

Die Rufe von Kommunen an Verkehrsminister Volker Wissing werden lauter. Sie fordern mehr Freiheit bei der Regulierung der Verkehrsgeschwindigkeit vor Ort. Der Minister habe „versprochen, sich dem Thema zu widmen“, sagt etwa Helmut Dedy, der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetags im aktuellen Interview mit #stadtvonmorgen. „Derzeit hört man dazu nichts mehr von ihm.“ (Das komplette Interview mit Dedy ist hier zu finden.) Auf Nachfrage von #stadtvonmorgen teilt eine Sprecherin des Ministeriums demgegenüber mit, dass das Thema im Koalitionsvertrag festgehalten sei.

Anpassung der Verkehrsgesetze im Koalitionsvertrag

Der Koalitionsvertrag ziele auf eine Anpassung des Straßenverkehrsgesetzes und der Straßenverkehrsordnung ab. Neben der Flüssigkeit und der Sicherheit des Verkehrs gehe es um Ziele des Klima- und Umweltschutzes, der Gesundheit und der städtebaulichen Entwicklung. „Dabei sollen den Ländern und Kommunen Entscheidungsspielräume eröffnet werden“, heißt es von der Ministeriumssprecherin.

Das Ministerium sei „offen für unterschiedliche Lösungsansätze und Innovationen“. Das beziehe sich auch auf die Regelungen zu Tempo 30. Gleichwohl gelte: „Nicht überzeugt ist das Bundesverkehrsministerium für Digitales und Verkehr von flächendeckendem Tempo 30 oder Geschwindigkeitsbeschränkungen in Durchgangsstraßen.“ Zudem könne bereits heute Tempo 30 aus Sicherheitsgründen, zum Schutz vor Lärm und Abgasen sowie im Bereich sensibler Einrichtungen wie Kitas, Schulen, Krankenhäusern oder in Wohngebieten ausgewiesen werden.

Arbeitsgruppe zum Thema „Straßenverkehrsordnung“

Darüber hinaus verweist die Ministeriumssprecherin darauf, dass die Verkehrsministerkonferenz der Länder bereits im Mai 2022 den Beschluss, eine länderoffene Arbeitsgruppe zum Thema „Straßenverkehrsordnung“ einzuberufen, gefasst hatte. Die Ergebnisse der Länderarbeitsgruppe seien in einer Sonderkonferenz am 29. November vorgestellt worden. Sie würden nun „zunächst unter anderem rechtlich geprüft, bevor über deren Umsetzung zu entscheiden ist“.

Tempo 30 für „lebenswertere, menschengerechte Städte“

Ein Fixpunkt der Debatte ist aus kommunaler Perspektive die sogenannte Tempo-30-Initiative. Immer mehr Städte beteiligen sich an der 2021 gegründeten Städtetags-Initiative „Lebenswerte Städte durch angemessene Geschwindigkeiten“. Insgesamt gehören ihr schon über 400 Kommunen an. Sie spricht sich für mehr lokale Spielräume bei der Verkehrsgestaltung aus. Insbesondere geht es um das Ausweisen von Tempo-30-Zonen. Daher ist die Rede von „Tempo-30-Initiative“. Unter ihren Mitgliedern ist die Stadt Erlangen. Deren Oberbürgermeister Florian Janik unterlegt seine Erwartungshaltung an den Minister: Vor wenigen Tagen hat er an Wissing geschrieben und in dem Brief gefordert, dass das entsprechende „Gesetzesvorhaben zeitnah auf den Weg gebracht wird“.

Letztlich gehe es um Sicherheitsfragen, die Mobilitätswende und die Lebensqualität in den Städten, so Janik. „Als Kommunen kennen wir den Verkehr in unseren Städten und die daraus resultierenden Probleme am besten. Wir kennen auch die Bereiche, in denen eine Reduzierung der Geschwindigkeit des motorisierten Individualverkehrs besonders große städtebauliche und stadtgestalterische Potentiale bietet“, schreibt Janik. Es gelte, „lebenswertere, menschengerechte Städte zu bauen“. Dafür bräuchten die Kommunen allerdings „Freiräume, die das bisherige Gesetz nicht bietet“.

a.erb@stadtvonmorgen.de

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