Der Gemeinderat der baden-württembergischen Landeshauptstadt Stuttgart hat eine Stellungnahme zur Fortschreibung des Luftreinhalteplans an das Land abgegeben. Darin stimmt der Rat möglichen zonalen Diesel-Fahrverboten zwar zu, sofern eine ausreichende Verbesserung der Luftreinheitswerte nicht absehbar ist. Gleichzeitig stellt er allerdings konzeptionelle Forderungen an das Land, die lokal für mehr Luftreinheit sorgen sollen und zugleich einen Debattenbeitrag in der übergeordneten Diskussion um Mobilität in Städten bedeuten.
Regionale Lösungen, Tempolimits und ÖPNV

OBM Fritz Kuhn aus Stuttgart (Quelle: Landeshauptstadt Stuttgart)
Unter anderem regt er eine regional abgestimmte Zuflussregulierung des Verkehrs an. Dabei solle das Land in Absprache mit der Stadt und umliegenden Kommunen eine Lösung dafür erarbeiten, wie die Menge an Fahrzeugen, die täglich nach Stuttgart fahren, in den Spitzenstunden reguliert werden kann.
Zudem knüpft der Gemeinderat an die Tempolimitdiskussion an und empfiehlt eine Temporeduzierung auf Bundesstraßen auf 60 Stundenkilometer im Stadtgebiet. Außerdem widme sich die Stadt einer Untersuchung zu Tempo 30 nachts. Zusätzlich solle das Land abwägen, ob die Einführung von Tempo 30 nachts für Kommunen auch ohne vorhergehende aufwendige gutachterliche Untersuchung erfolgen kann.
Darüber hinaus fordert der Gemeinderat vom Land zur dauerhaften Finanzierung des ÖPNV die Möglichkeit einer kommunalen Nahverkehrsabgabe. Damit könnten Kommunen auf freiwilliger Basis den öffentlichen Verkehr als Teil der kommunalen Daseinsvorsorge solidarisch finanzieren. Dabei denkt der Gemeinderat auch an das Modell eines Jobtickets für alle zur Finanzierung eines im regionalen Verkehrsverbund gültigen 365-Euro-Tickets. Im Übrigen erwartet die Stadt vom Land eine Übernahme sämtlicher Kosten, die durch die Umsetzung der Maßnahmen des neuen Luftreinhalteplans entstehen.
Umsetzung lokaler Dieselfahrverbote
Was die Umsetzung möglicher lokaler Dieselfahrverbote (für Diesel-5/V-Fahrzeuge) angeht, regt der Gemeinderat in seiner Stellungnahme unter anderem außerdem an, dass Anwohner mit einem betroffenen Dieselfahrzeug, die in einer Verbotszone leben, eine Übergangsfrist von zwei Jahren bekommen. Zudem sollten Fahrten zu Park-and-Ride-Plätzen sowie zu Kfz-Werkstätten innerhalb der Verbotszonen erlaubt sein.
Kuhn: Stickstoffdioxidwerte „sehr positiv entwickelt“
Die Stickstoffdioxidwerte in Stuttgart hätten sich „sehr positiv entwickelt“, sagte Oberbürgermeister Fritz Kuhn in der heutigen Gemeinderatssitzung. „Von 2018 auf 2019 sind die Werte am Neckartor um fast 20 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft zurückgegangen. Mit 53 Mikrogramm liegen wir damit zwar immer noch über dem zulässigen Grenzwert, aber es gibt Hoffnung. Ich bin zuversichtlich, dass wir uns in einem Jahr auf die Grenze von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft zubewegen. Dazu kann jeder beitragen, zum Beispiel indem er auf den ÖPNV umsteigt.“ Das Neckartor galt in der Diskussion um Luftreinheit als ein Hotspot, an dem sich die Debatte kristallisierte.
Angetrieben wurde die Debatte um Luftreinheit und Dieselfahrverbote unter anderem durch die Deutsche Umwelthilfe (DUH). Ein ausführliches Interview mit deren Geschäftsführer Jürgen Resch erscheint in der kommenden OBM-Zeitung (Ausgabe 1/20). Das Foto oben entstand bei einer Demo der DUH für Luftreinheit 2017 in Stuttgart.