Unter dem Titel „Aus Müll wird Mobilität“ hat die Stadt Frankfurt am Main in einem Modellprojekt den Aufbau einer regionalen Wasserstoffproduktion und -verteilung konzipiert. Der Abschlussbericht zum Projekt „MH2Regio“ wurde nun vorgelegt. Es zielt auf eine „kosteneffiziente Wasserstoffproduktion aus Siedlungsabfällen“ ab. Nukleus des Aufbaus einer regionalen Wasserstoffinfrastruktur ist dabei ein Müllheizkraftwerk. Das Konzept ist vom Bundesverkehrsministerium gefördert und soll zu wesentlichen Teilen auch auf andere Kommunen übertragbar sein.
Ein Müllheizkraftwerk als „Start-Infrastruktur“
„MH2Regio“ will eine dezentrale Versorgung mit Wasserstoff für die Region Frankfurt-Rhein-Main darstellen. Es geht um die gesamte Wertschöpfungskette: von der anwendernahen Wasserstofferzeugung über die regionale Verteillogistik mit Wasserstofftankstellen bis hin zum örtlichen Verbrauch des Gases. Anwendungsfälle für den erzeugten Wasserstoff sieht das Konzept insbesondere im Bereich der Mobilität: des öffentlichen Personennahverkehrs, des Schwerlastverkehrs oder der Schifffahrt.
Im Zentrum der Idee steht ein bereits bestehendes Müllheizkraftwerk als sogenannte Start-Infrastruktur. Das Kraftwerk produziert konstant als „grün“ klassifizierten Strom. Die Energie aus der Müllverbrennungsanlage soll einen Elektrolyseur für die Wasserstofferzeugung betreiben und damit im regionalen Wasserstoffgesamtsystem eine Schlüsselrolle einnehmen. Die wesentlichen Partner für das Modellprojekt sind die Stadt Frankfurt, der kommunalnahe Energieversorger Mainova, die Frankfurter Entsorgungs- und Servicegesellschaft (FES) sowie das Müllheizkraftwerk.
Dekarbonisierung und Energiesicherheit
Das Wasserstoffprojekt „MH2Regio“ ist im Wettbewerb „HyLand – Wasserstoffregionen in Deutschland“ des Bundesverkehrsministeriums gefördert. Das Ministerium hatte den Wettbewerb 2019 gestartet. Eine zweite Förderstaffel folgte 2021. Damit möchte der Bund innovative, regionale Wasserstoffprojekte voranbringen. Im Blickpunkt steht der Einsatz des Gases im Verkehrswesen. „MH2Regio“ gehört zur ersten Wettbewerbsrunde und erhält für die Konzepterstellung 300.000 Euro an Bundesmitteln.
Das Engagement für den Einsatz von Wasserstoff steht im Zusammenhang mit den Klimazielen der Stadt Frankfurt zur Dekarbonisierung. Ursprünglich fokussierte es die regionale Verkehrswende und den Umstieg auf erneuerbare Energien, um dem Klimawandel entgegenzuwirken. Aus Sicht der FES spielte beispielsweise auch die Emissionsfreiheit ihrer Müll- und Reinigungsfahrzeuge eine Rolle. Angesichts der aktuellen Energiekrise und der Abkehr von russischem Gas erhält das Vorhaben außerdem eine neue, weitere Dimension im Sinne des Aufbaus einer alternativen regionalen Infrastruktur zur Energieversorgung.
„Aus theoretischer Simulation praktische Anwendung machen“
Aufgrund ihres hohen Verkehrsaufkommens habe die Stadt Frankfurt ein großes Potential für den Einsatz von Wasserstoff im Verkehr, erklärt Kristian Junker, bei Mainova Projektleiter für „MH2Regio“ gegenüber #stadtvonmorgen. Überdies könne dem Wasserstoff im Wärmemarkt „eine entscheidende Rolle“ zukommen. „Theoretisch wäre eine Umsetzung eines derartigen Vorhabens in zwei Jahren vorstellbar“, sagt Junker über das Modellprojekt. „Allerdings könnten genehmigungsrechtliche Anforderungen und gestörte Lieferketten eine Umsetzung verzögern.“
Die Investitionskosten beziffert das Unternehmen auf Nachfrage nicht, denn sie hingen zu stark von der konkreten Umsetzung ab. „Wir werden nun die Planungen weiter vorantreiben, um aus der theoretischen Simulation eine praktische Anwendung zu machen“, so Mainova-Vorstand Martin Giehl laut einer städtischen Pressemeldung.
Den Abschlussbericht zu „MH2Regio“ übergaben der Geschäftsführer des Müllheizkraftwerks, Winand Zeggel, Junker, Giehl und der Betriebsleiter des Müllheizkraftwerks, Markus Sänger, vor wenigen Tagen an die Frankfurter Wirtschaftsdezernentin Stephanie Wüst (Foto oben).