Der Stadt Reutlingen ist es voraussichtlich gelungen, Dieselfahrverbote abzuwenden. Am Donnerstagnachmittag hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig entschieden, dass eine solche Maßnahme bei absehbarer Einhaltung des Grenzwerts für Stickstoffdioxids unverhältnismäßig sei. Die Stadt hat in den vergangenen Monaten umfangreiche Maßnahmen unternommen, um ihre Luftreinheit zu verbessern. Diese zeigen Wirkung. Die Entscheidung des Gerichts deutet darauf hin, dass auch die baden-württembergische Landesregierung bei der Fortschreibung des Luftreinhalteplans für Reutlingen von Dieselfahrverbote absieht.
„Das Bundesverwaltungsgericht hat bestätigt, dass das Land Baden-Württemberg den Luftreinhalteplan für die Stadt Reutlingen fortschreiben muss“, sagt OBM Thomas Keck. „Wir erwarten vom Land, dass es bei der Fortschreibung die besondere Situation in der Stadt Reutlingen berücksichtigt.“ Die aktuell gültige vierte Fortschreibung des Luftreinhalteplans basiere auf Messwerten aus dem Jahr 2017. Darauf beziehe sich auch das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs vom März 2019. „In dieser Zeit haben wir bei der Luftreinhaltung gewaltige Fortschritte gemacht“, unterstreicht Keck.
Die Stadt konnte den Stickstoffdioxid-Jahresgrenzwert von 60 Mikrogramm im Jahr 2017 auf 46 Mikrogramm im Jahr 2019 senken. Sie prognostiziert, dass der Jahresmittelwert 2020 unter dem Grenzwert von 40 Mikrogramm liegt. Keck: „Wir sind also bei der Luftreinhaltung nachweislich auf einem sehr guten Weg.“ Ähnliche Beispiele für kommunales Engagement in Sachen Luftreinheit zeigen sich in Düsseldorf, Stuttgart, Dortmund oder Bonn.
Maßnahmen zur Luftreinheit in Reutlingen
Um zu einer verbesserten Luftqualität zu kommen, hat die Stadt „große Anstrengungen“ unternommen, so Keck. In diesem Zusammenhang steht ein Maßnahmenpaket, das auch mit Fördermitteln des Bundes und des Landes finanziert ist und zum Jahreswechsel startete.
Zu den konkreten Maßnahmen zur Verbesserung der Luftqualität gehört die technische Kontrolle des bereits im März 2018 in Kraft getretenen LKW-Durchfahrtsverbots. Aufgrund einer Gesetzesänderung im vergangenen Jahr kann die Stadt dieses Verbot nun in Eigenregie durchsetzen. „Zuvor ist das Durchfahrtsverbot von den Brummifahrern vielfach ignoriert worden“, erklärt OBM Keck. Weitere Bestandteile des Maßnahmenpakets sind photokatalytische Fassadenanstriche, die temporäre Reduzierung von Fahrspuren und die Versetzung eines Lärmschutzbauwerks.
Reutlingen als „Modellstadt nachhaltige Mobilität“
Eine weitere positive Wirkung auf die Luftqualität erhofft sich die Stadt im Jahr 2020 von ihrem im September 2019 umgesetzten neuen Stadtbuskonzept sowie dem 365-Euro-Ticket. „Beides sind schon jetzt sehr erfolgreiche Maßnahmen zur Steigerung der Attraktivität des Nahverkehrs“, so Keck. Umgesetzt wurden diese mit Fördermitteln aus dem Bundesprogramm „Modellstädte nachhaltige Mobilität“.
Die Modellstädte wurden vom Bund ausgewählt, um bis 2020 schnell umsetzbare Verkehrslösungen zugunsten der Luftqualität modellhaft zu entwickeln. Neben Reutlingen sind dies Mannheim, Bonn, Essen und Herrenberg. Die OBM-Zeitung berichtete ausführlich über erste Erkenntnisse aus den Städten in ihrer Ausgabe 04/19.