Der Städtetag drängt Bund und Länder auf schnelle Hilfe für Krankenhäuser. Jedes fünfte Haus sei insolvenzgefährdet.

Der Deutsche Städtetag konkretisiert seine Forderung nach einem Hilfspaket für in Liquiditätsnot geratene Krankenhäuser und formuliert Erwartungen an eine sich abzeichnende Krankenhausreform. „Jetzt müssen vor allem die versprochenen sechs Milliarden Euro des Bundes aus dem Härtefallfonds zügig und unbürokratisch vor Ort ankommen“, sagte Städtetagvizepräsident Burkhard Jung, Oberbürgermeister von Leipzig, gestern in Chemnitz. Dort berieten Präsidium und Hauptausschuss des Verbands.

Jung fordert „wirksame Sofortmaßnahmen“

„Viele Krankenhäuser stehen mit dem Rücken zur Wand“, so Jung. „Die höheren Kosten wegen der Inflation zum Beispiel für Medizinprodukte und die steigenden Energiepreise können durch Fallpauschalen nicht refinanziert werden.“ Wichtig sei also, dass derartige Preissteigerungen sowie Erlösausfälle kompensiert würden. Es brauche „wirksame Sofortmaßnahmen, damit sich die Lage nicht dramatisch zuspitzt“, betont Jung.

Neben den rasant steigenden Kosten verweist Jung auf einen Personalmangel. „Weil Personal fehlt, werden teilweise Stationen geschlossen und es können weniger Patienten aufgenommen werden. Etliche Krankenhäuser sind derzeit existentiell bedroht. Jedes fünfte Haus ist absehbar insolvenzgefährdet.“ Daher müssten oft die Kommunen als Träger „in Windeseile viele Millionen Euro“ bereitstellen, um die Krankenhäuser und damit die gesundheitliche Versorgung der Menschen zu stützen. Aber: „Städte sind keine Ausfallbürgen, weil Bund und Länder ihre Hausaufgaben nicht gemacht haben und Defizite nicht ausgleichen.“

Konzept für funktionierende Krankenhausplanung

Eindringlich warnt der Städtetag vor drohenden Versorgungslücken. Die Gesundheitsversorgung in Deutschland sei „aktuell in weiten Teilen nicht in der erwarteten Qualität sichergestellt“. Zusätzlich zur dringend nötigen Krankenhausreform, die Bund und Länder bis zum Sommer in einem Referentenentwurf vorbereiten wollen, erwarten die Städte „unverzüglich ein gemeinsames Konzept für eine funktionierende Krankenhausplanung“.

Jung: „Wir brauchen einen Plan, der die Versorgung der Patienten sicherstellt und die gegebenen Realitäten berücksichtigt, beispielsweise absehbar weniger verfügbare Fachkräfte. Dazu gehört auch frisches Geld im System.“ Eine bloße Umverteilung von Mitteln könne die seit Jahren herrschende strukturelle Unterfinanzierung nicht auflösen.

Bund soll Verantwortung für Investitionen übernehmen

Es gelte, die „unausweichliche“ Konsolidierung der Krankenhauslandschaft langfristig zu planen. „Ungeplante Schließungen durch Insolvenzen müssen vermieden werden“, heißt es in einem Forderungskatalog der Städte. Zudem drängt der Städtetag auf „eine Reform der mangelhaften Investitionsfinanzierung der Länder“. Der Bund solle hier Verantwortung übernehmen. Grundsätzlich müssten Bund und Länder für die Defizite im laufenden Betrieb von Krankenhäusern mit regionaler Relevanz einstehen. Schließlich dürfe die regionale Gesundheitsversorgung nicht am Haushalt einer einzelnen Stadt hängen.

In Bezug auf den Entwurf der Regierungskommission plädiert der Städtetag dafür, die sogenannten Vorhaltekosten einer medizinischen Behandlung auskömmlich zu gestalten. Laut den Plänen der Bundesregierung sollen im Finanzierungssystem neben den bisherigen behandlungsabhängigen Fallpauschalen, mit denen medizinische Leistungen pro Fall vergütet werden, zukünftig die Fixkosten der Krankenhäuser stärker berücksichtigt werden. Dies soll auch bislang weniger „lukrative“, teils sogar defizitäre medizinische Leistungen wirtschaftlich stabilisieren. Bei den Vorhaltekosten handelt es sich um die Kosten einer Behandlung, die nicht unmittelbar fallabhängig sind, sondern sich auf die grundsätzliche Ausstattung beziehen. Zu diesen Fixkosten gehören etwa das Vorhalten von Personal, grundlegende Einrichtungen der Versorgungsinfrastruktur wie eine Notaufnahme oder die medizintechnischen Geräte eines Krankenhauses. Die Städte sprechen sich dafür aus, die Vorhaltekosten in allen Fällen in Höhe von 60 Prozent bezogen auf die Gesamtvergütung zu kalkulieren. In Rede stehende geringere Anteile würden der Realität nicht gerecht.

Ambulante Versorgung in die Betrachtung einbeziehen

Darüber hinaus weist Jung auf die in vielen Regionen ausgedünnte ambulante Gesundheitsversorgung hin. „Schon jetzt fangen die Krankenhäuser die Defizite der ambulanten Strukturen auf, obwohl sie keinen Auftrag haben und Leistungen nicht refinanziert werden. Deshalb müssen Bund und Länder auch die ambulanten Strukturen reformieren“, meint Jung. Die stationäre und die ambulante Versorgung müsse man integriert betrachten. „Es wäre widersinnig, wenn bestimmte Krankenhäuser schließen müssen, obwohl die Leistungsfähigkeit der Arztpraxen im ländlichen Raum und in manchen großstädtischen Quartieren weiter abnimmt. Die Häuser könnten dort als zentrale ambulante Versorgungszentren sinnvoll genutzt werden.“

a.erb@stadtvonmorgen.de

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