Für Kommunen sind bei der Aufnahme ukrainischer Flüchtlinge viele Fragen offen – auch finanzielle. Der Städtetag will einen Flüchtlingsgipfel.

Im Zusammenhang mit dem Ukrainekonflikt fordert der Deutsche Städtetag einen Flüchtlingsgipfel, an dem sich Bund, Länder und Kommunen beteiligen. Dies sagte Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Verbands, eben bei der Städteversammlung des Niedersächsischen Städtetags in Hannover. Dabei mahnte Gerd Landsberg, der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebunds, eine auskömmliche Finanzierung der Flüchtlingshilfe durch Länder und Bund an. Zudem wies Landsberg aufs Thema Versorgungssicherheit bei Energie hin.

Dedy: Abstimmung über Verteilung dringend nötig

Der Flüchtlingsgipfel sei nötig, da im Augenblick eine große Unsicherheit herrsche, so Dedy. Es gebe noch keine Zahlen, was die Summe der aus der Ukraine ankommenden Schutzsuchenden betrifft. Doch die Kommunen müssten ihre Vorbereitungen treffen: Welche Maßnahmen seien zu ergreifen, was müsse vorgehalten werden? Über diese Fragen sei zu sprechen.

Zudem weist Dedy auf die Verteilung der Menschen aus der Ukraine hin. Das Aufnahmeprocedere sei anders gestaltet als bei der Flüchtlingskrise 2015. Die Freizügigkeit der Schutzsuchenden sei größer. Dies erschwere eine Verteilung der Menschen und damit der Integrationslast auf die Kommunen in Deutschland. Räumlichen Konzentrationen müsse möglichst vorgebeugt werden. Denn: „Wir crashen, wenn die Herausforderung bei einigen, wenigen Städten landet“, warnt Dedy.

Kommunen fordern klare Hilfszusagen des Bundes

Drittens fordert Dedy seitens des Bundes eine Zusage, die kommunale Ebene bei der Aufnahme der Menschen zu unterstützen. „Ich möchte von Olaf Scholz den Satz hören: Wir lassen Euch nicht im Regen stehen“, sagt Dedy.

Auch Landsberg spricht von einer „gesamtgesellschaftlichen Aufgabe“, die zu bewältigen sei. Dies gelte nicht nur kurzfristig. „Wir müssen befürchten, dass es länger dauern wird“, sagt Landsberg mit Blick auf das Kriegsgeschehen in der Ukraine. Entsprechend müssten die Integrationsleistungen vor Ort auch „dauerhaft von Bund und Ländern finanziert werden“.

Landsberg fordert schnelleren Umbau des Energiesystems

Der Krieg in der Ukraine offenbare die Abhängigkeit Deutschlands von russischen Energielieferungen in eklatanter Weise. In Sachen Energieversorgung sie es das deutsche Modell, den Ausstieg aus Kohle und Atomkraft sowie den Einsatz Erneuerbarer Energien zu forcieren. Als Brückentechnologie setze man dabei unter anderem auf Gas. Nun sei es angesichts der Spannungen zwischen dem Westen und Russland jedoch „fraglich, ob wir das nötige Gas bekommen“. Über 50 Prozent der Gaslieferungen nach Deutschland stammen aus russischen Quellen.

Der Umstieg auf Erneuerbare Energien sei also umso dringender zu verfolgen. Er sei nicht nur ein Baustein im Kampf gegen den Klimawandel, sondern auch ein „Schritt zu Freiheit und Unabhängigkeit“. Von der Bundesregierung erwartet Landsberg nun ein „Klimaschutzbeschleunigungsgesetz“. Das soll den Ausbau der Erneuerbaren Energien voranbringen. Genehmigungsverfahren müssten beschleunigt und Beteiligungsmöglichkeiten kanalisiert werden.

Dedy: Transformationsaufgaben werden größer

Vom Krieg in der Ukraine erwartet Dedy weitreichende Auswirkungen auf das Verständnis von Europa und die europäische Zusammenarbeit. Die habe auch Effekte auf die kommunale Ebene. „Wir werden eine völlig neue Debatte haben über die Aufstellung von Europa.“ Im Zusammenwirken mit großen Transformationsaufgaben – wie der Digitalisierung, der Klimaanpassung, der Energie- oder der Mobilitätswende – dynamisiere dies den „gesellschaftlichen und wirtschaftspolitischen Umbruch“. Die Städte verstünden sich dabei als Stabilitätsanker vor Ort. Gleichwohl stünden sie vor großen transformativen Aufgaben.

Das Foto oben zeigt die Ankunft von Ukrainern am Hauptbahnhof von Frankfurt am Main vergangene Woche mit Sozialdezernentin Elke Voitl.

Info

Intensiv begleitet #stadtvonmorgen die Reaktionen der deutschen Städte auf den Ukrainekonflikt. Hier geht es zu den neuesten Entwicklungen aus kommunaler Perspektive.

a.erb@stadtvonmorgen.de

Aktuelle Beiträge