Städte bieten freiwillige Kapazitäten zur Aufnahme von Flüchtlingen aus der Seenotrettung an. Landau wendet sich nun an die Landesregierung.

Die Frage nach der Aufnahme von aus Seenot geretteten Menschen sorgt weiter für Diskussionen nicht nur im Verhältnis der EU-Mitgliedstaaten zueinander, sondern auch im Verhältnis zwischen Städten, Ländern und Bund. Ein neuer diesbezüglicher Vorstoß kommt aus der rheinland-pfälzischen Stadt Landau. In einem Schreiben an die Landesregierung bekräftigt Oberbürgermeister Thomas Hirsch die Bereitschaft der Stadt, aus Seenot gerettete Menschen aufzunehmen. Es handelt sich um eine freiwillige und überquotale Aufnahme.

Hirsch beruft sich auf einen Beschluss des Stadtrats. Im März hatte das Lokalparlament entschieden, dass die Stadt Landau dem kommunalen Bündnis „Städte Sicherer Häfen“ beitritt. Das Bündnis setzt sich für die Seenotrettung ein. Der Landauer Stadtrat spricht sich gegen die Behinderung und die Kriminalisierung der Seenotrettung aus dem Mittelmeer aus. Er fordert von der Bundesregierung ein Bundesprogramm für eine gerechte Verteilung der Flüchtlinge insbesondere an Kommunen, die sich zur Aufnahme bereiterklärt haben.

Seenotrettung: Landau will humanitäre Verantwortung übernehmen

OBM Thomas Hirsch aus Landau (Quelle: Stadt Landau)

OBM Thomas Hirsch aus Landau (Quelle: Stadt Landau)

Hirsch: „In Deutschland, in Rheinland-Pfalz und ganz besonders in der Südpfalz geht es uns gut. Wir wollen daher einen Beitrag zur Übernahme humanitärer Verantwortung leisten.“ Obwohl die Stadt in der Vergangenheit bereits mehr Flüchtlinge aufgenommen habe, als es nach der landesweiten Verteilquote vorgesehen gewesen sei, erkläre sie sich freiwillig zu einer weiteren Aufnahme bereit.

„Das Land hat uns zugesagt, sich an den Kosten für die Betreuung der aus Seenot geretteten Menschen zu beteiligen“, sagt Hirsch. Solange es sich um ein rechtsstaatliches Verfahren handele und Flüchtlinge menschenwürdig untergebracht werden könnten, übernehme Landau entsprechende Verantwortung.

Städte bieten Bund zusätzliche Aufnahmekapazitäten an

Es mehren sich die Stimmen aus den Kommunen, die die Bereitschaft signalisieren, aus Seenot Gerettete aufzunehmen. Zuletzt geschah dies im Zusammenhang mit der humanitär prekären Situation in griechischen Flüchtlingslagern. Die Städte fordern den Bund und die Länder dazu auf, die von ihnen angebotenen Kapazitäten abzurufen. Kritik am Vorgehen der Städte gibt es hinsichtlich ihrer mangelnden Zuständigkeit, was Grenzfragen betrifft.

Da die Kommunen allerdings mit der Bewältigung der Integration maßgeblich beschäftigt sind, melden sich angesichts der deutschen EU-Ratspräsidentschaft die kommunalen Spitzenverbände auch in der Asylfrage zu Wort. Sie bekräftigen ihre Forderung nach einer europäischen Lösung der Situation an den EU-Außengrenzen. Gegenüber der OBM-Zeitung hatte das Innenministerium zuletzt in Aussicht gestellt, sich in der Zeit der deutschen EU-Ratspräsidentschaft dafür einsetzen zu wollen.

Zuwanderung: Städte vernetzen sich auch international

OBM Peter Kurz aus Mannheim (Quelle: Stadt Mannheim/Werner Bartsch)

OBM Peter Kurz aus Mannheim (Quelle: Stadt Mannheim/Werner Bartsch)

Zudem stimmen sich Städte international ab, um zu einheitlichen Standards für die Zuwanderung zu kommen. Dazu haben sich etwa die Bürgermeister des Global Parliament of Mayors ausgesprochen. OBM Peter Kurz aus dem baden-württembergischen Mannheim, der auch Präsident des globalen Bürgermeisterparlaments ist, unterstreicht die kommunale Entwicklungszusammenarbeit als effizientes Instrument für geregelte und humanitäre Migration.

Mannheim ist im Mai dem Bündnis „Städte Sicherer Häfen“ beigetreten und hat wie Landau gegenüber der Bundesregierung freiwillig zusätzliche Kapazitäten zur Aufnahme von Menschen aus griechischen Flüchtlingsunterkünften bereitgestellt. „Die Aufnahme von aus Seenot geretteten Schutzsuchenden ist eine wichtige und konkrete solidarische Handlung“, so Kurz. „Sie ersetzt aber nicht den Bedarf nach einer nachhaltigen Lösung durch politische Strategien und entbindet auch nicht die verantwortlichen Akteure, insbesondere die nationalen Regierungen, von ihrer Verpflichtung zu handeln.“

Kurz zur Migration: Kommunale Ebene ist bei der Lösung einzubinden

Das Thema Migration müsse auf europäischer und internationaler Ebene gelöst werden. „Die Lösung muss Herkunfts-, Transit- und Zielländer in den Blick rücken und die Kommunen als die in besonderer Weise von Migration tangierte politische Ebene bei allen Entscheidungen frühzeitig und umfassend einbinden“, sagt Kurz. Auf diese Prinzipien der Multilevel Governance habe er bereits im Juli 2019 in einem Schreiben an Bundeskanzlerin Angela Merkel hingewiesen.

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