Zur Regierungsbildung formuliert der Städtetag seine Erwartungen an den Bund. Die Städte wollen die Modernisierung des Landes mitgestalten.

Der Deutsche Städtetag hat am Freitag in einer digitalen Pressekonferenz konkrete Erwartungen und Forderungen an die neue Bundesregierung und den neuen Bundestag formuliert. Im Zentrum stehen dabei die Finanz- und Investitionskraft der Städte, die urbane Mobilität sowie der Klimaschutz und die Klimaanpassung.

Städte wollen die Modernisierung des Landes mitgestalten

Hinsichtlich der Verhandlungen zwischen SPD, Grünen und FDP zur Bildung einer sogenannten Ampelkoalition sagt Städtetagpräsident Burkhard Jung, OBM von Leipzig: „Die Städte wollen dabei sein, wollen mitmachen.“ Sie verstünden sich als „Orte der Veränderung, des Aufbruchs“ und seien dazu bereit, an der von den möglichen Koalitionsparteien ausgerufenen Modernisierung des Landes mitzuarbeiten. In den Städten kristallisierten sich die Themen der Gesellschaft.

In einer „Trias“ mit Bund und Ländern arbeiteten die Kommunen für die Lebensqualität der Menschen. „Wichtige Stellschrauben“ dafür seien die Aspekte nachhaltige Mobilität, Klimaschutz und Wandel der Innenstädte, so Jung. Und: „Natürlich geht es auch ums Geld.“ Dabei appelliert Jung an die drei Parteien, „starke und finanziell handlungsfähige Städte als Zielmarke im Koalitionsvertrag zu verankern“. Das bisher bekannte Sondierungspapier weise aus Sicht der Kommunen diesbezüglich „gute und richtige Ansätze“ aus.

An die Ampelkoalition: Finanzkraft der Städte stärken

Was die Finanzlage der Städte betrifft, drängt Jung auf eine Fortsetzung der Coronahilfen, wie sie 2020 gewährt wurden. Die Soforthilfe insbesondere hinsichtlich der Ausfälle an Gewerbe- und Einkommensteuer müsse auch für die Jahre 2021 und 2022 gelten. Es geht um 15 bis 20 Milliarden Euro. Dabei verweist Jung auf die konjunkturelle Relevanz kommunaler Investitionen, die über die Hälfte der öffentlichen Bautätigkeit ausmachten. Insgesamt müsse die Finanzkraft der Städte gestärkt werden. In den Kommunen sei ein Investitionsrückstand von rund 149 Milliarden Euro zu verzeichnen.

Zudem fordert Jung den Bund dazu auf, in Gesetzgebungsverfahren das Konnexitätsprinzip einzuhalten. Kommunen müssten für die Bewältigung neuer auf sie übertragener Aufgaben auskömmlich ausgestattet werden. Ein aktuelles Beispiel für eine mangelhafte Beteiligung der kommunalen Ebene sei der Ausbau der Ganztagsbetreuung für Grundschulen: „Die Frage der Umsetzung ist im Gesetzgebungsverfahren nicht berücksichtigt worden“, so Städtetag-Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy. Hier sei die Kostenübernahme nicht vollständig geklärt.

Nachhaltige Mobilität: „Investitionsoffensive“ für den ÖPNV

Eine „Investitionsoffensive“, so Jung, bedürfe es auch im Bereich der nachhaltigen Mobilität für den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV). Die Städte seien die vordersten Akteure im Kampf gegen den Klimawandel. Der Aspekt der nachhaltigen Mobilität sei dabei ein wichtiges Handlungsfeld. Es gelte, den Umweltverbund zu stärken. Dazu bedürfe es eines leistungsfähigen ÖPNV mit engeren Takten und noch intensiveren Verbindungen zwischen Stadt und Land.

Konkret plädiert Jung dafür, die sogenannten Regionalisierungsmittel des Bundes in Höhe von rund neun Milliarden Euro um zusätzliche 1,5 Milliarden Euro jährlich anzuheben. Zudem regt er an, dass sich der Bund nicht nur an Investitionskosten beteiligt, sondern zukünftig auch im Bereich des Betriebs wichtige Projekte im Nahverkehr fördert. Nur so ließen sich Maßnahmen für die Verkehrswende schnell und schlagkräftig von den Kommunen umsetzen.

Klimakrise als „epochale Herausforderung“

Aber nicht nur mit Blick auf den Verkehr gelte es, die Klimaarbeit der Kommunen zu unterstützen. Die Klimakrise sei eine „epochale Herausforderung“, so Markus Lewe, Vizepräsident des Städtetags und OBM von Münster. „Die Städte haben diese Herausforderung erkannt“, schließlich seien sie unmittelbar von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen. Die Städte seien „als globaler Verbund gefordert“, gegen den Klimawandel anzukämpfen und sich zu vernetzen, um sich über diesbezügliche Projekte und Erfahrungen auszutauschen.

Viele deutsche Städte hätten sich längt auf den Weg zur Klimaneutralität gemacht. Die Kommunen seien es, die im Bereich der Mobilität, aber etwa auch in den Bereichen der Energieversorgung oder des Bauens Akzente der Nachhaltigkeit setzten. Dies betreffe beide Elemente der Klimaarbeit: den Klimaschutz und die urbane Klimaanpassung. Um die Anstrengungen der Städte zu forcieren, brauche es allerdings verbesserte gesetzliche Rahmenbedingungen.

Lewe fordert „dringend deutlich schnellere Planungs- und Genehmigungsverfahren“. Die Kommunen bräuchten mehr Handlungsspielraum und Kompetenzen, etwa wenn es darum gehe, Solaranlagen oder Dachbegrünung verpflichtend vorzugeben. Zudem müsse die Umsetzung markanter Projekte für den Klimaschutz und für die Klimaanpassung agiler vonstattengehen. Es bedürfe einer finanziellen Planungssicherheit und eines „robusten Ausbaupfads“ für die Klimaarbeit. Lewe spricht von Mitteln in „zweistelliger Milliardenhöhe“.

Städtetag mit weiteren Forderungen an die Bundesebene

Darüber hinaus legt der Städtetag die Publikation „Städte für Menschen. Die zentralen Erwartungen und Forderungen des Deutschen Städtetages an den neuen Bundestag und die neue Bundesregierung“ vor. Die Schrift ist hier abrufbar.

Darunter sind auch Positionen und Forderungen zu den Themen bezahlbares Wohnen, digitale Bildung, Integration und Verwaltungsmodernisierung. Für die Bewältigung des Wandel der Innenstädte plädiert der Städtetag außerdem auf ein Förderprogramm, ausgestattet mit 2,5 Milliarden Euro in fünf Jahren.

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