Der neue Städtetagpräsident Markus Lewe über das Konnexitätsprinzip, die Notwendigkeit einer Altschuldenlösung und urbane Zukunftsthemen.

Markus Lewe, frisch gewählter Präsident des Deutschen Städtetags und Oberbürgermeister der Stadt Münster, blickt recht zuversichtlich auf die neue Regierung in Berlin. Im Interview mit der Fachzeitung „Der Neue Kämmerer“ erklärt er, der Koalitionsvertrag beinhalte aus kommunaler Sicht „viele positive Impulse“.

Einhaltung des Konnexitätsprinzips als Maßgabe

Der Deutsche Städtetag unterstütze das Bekenntnis für eine digitale, nutzerzentrierte Verwaltung und eine bessere Zusammenarbeit der föderalen Ebenen, sagt Lewe in dem Interview mit der Fachzeitschrift. Bezogen auf konkrete politische Vorhaben hingegen sieht er „Licht und Schatten“. Viermal mehr neue Sozialwohnungen jedes Jahr und eine Investitionsoffensive für den Klimaschutz seien zwar geplant. Wie die einzelnen Vorhaben finanziert werden sollten, werde jedoch nicht präzise genug beantwortet.

Zudem sieht Lewe die Gefahr, dass die neue Bundesregierung in der gerade begonnenen Legislaturperiode die Einhaltung des Konnexitätsprinzips nicht konsequent einhält. Der Grundsatz „Wer bestellt, bezahlt“ müsse hier Maßgabe aller finanzpolitischen Entscheidungen sein, fordert der Städtetagpräsident.

Die Altschuldenlösung muss 2022 kommen

Darüber hinaus gibt Lewe ein klares Votum ab: „Die Altschuldenlösung muss 2022 kommen.“ Der Deutsche Städtetag begrüße sehr, dass die Koalition die strukturschwachen Städte von dieser Last befreien wolle. Zudem sei es richtig und politisch klug, nur von den betroffenen Ländern Finanzierungsbeiträge für die Entschuldung zu erwarten. „Von diesen Ländern erwarten wir dann aber auch, dass sie an einem Strang mit dem Bund mitziehen“, betont Lewe.

Eigenanteile für finanzschwache Kommunen reduzieren

Über die Altschuldenlösung hinaus sieht Lewe angesichts des hohen Investitionsbedarfs Unterstützungsbedarf auf Seiten der finanzschwachen Städte. Gerade strukturschwache Städte könnten die großen Transformationsprozesse, die in den kommenden Jahren vorangetrieben werden müssten, nicht aus eigener Kraft schaffen.

Oftmals seien sie nicht in der Lage, die notwendigen Eigenmittel für Förderprogramme aufzubringen. Bund und Länder müssten an dieser Stelle mitziehen und unterstützen. Hürden beim Mittelabruf abzubauen und Eigenanteile für finanzschwache Kommunen zu reduzieren, werde helfen.

Allerdings bräuchten die Städte mehr frei verfügbare Mittel durch einen größeren Anteil am Steueraufkommen. „Förderprogramme sind stets die zweitbeste Lösung – denn die Städte wissen gut, was zu tun ist. Wir wollen starke und handlungsfähige Städte“, mahnt der Präsident des Deutschen Städtetags mit Blick in Richtung Bund und Länder.

ÖPNV ist Herzstück einer nachhaltigen Mobilität

Dass die neue Bundesregierung das lang geforderte Klimaanpassungsgesetz umsetzen wolle, sei gut, so Lewe. Die Städte benötigten ein entsprechendes Sofortprogramm und die finanzielle Unterstützung zur Klimaresilienz. Auch, dass die Ampel sich zu einem starken öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) als Herzstück einer nachhaltigen Mobilität bekenne, begrüßt Lewe. Es reiche nicht, jeden Verbrenner durch einen E-Motor zu ersetzen. So ließen sich die Emissionen im Verkehr nicht drastisch senken. „Wir brauchen einen guten Mix und mehr Rad- und Fußwege“, so der Münsteraner Oberbürgermeister.

Umweltfreundliche Mobilitätsangebote müssten massiv verstärkt und digital vernetzt werden. Dass der Bund für den ÖPNV die pandemiebedingten Einnahmeausfälle 2022 erneut ausgleichen und die Regionalisierungsmittel ab 2022 erhöhen werde, sei „eine ganz wichtige Richtungsentscheidung für die Verkehrswende“. Der Bund müsse sich aber nicht nur am Ausbau des ÖPNV, sondern auch an den Betriebskosten beteiligen, fordert Lewe.

Info

Das komplette Interview mit Lewe ist online auf der Webseite der Fachzeitschrift „Der Neue Kämmerer“ hier abrufbar.

Die Forderungen des Deutschen Städtetags an die neue Bundesregierung wurden auf im Kontext der diesjährigen Hauptversammlung des kommunalen Spitzenverbands sowie zuvor in einer Pressekonferenz formuliert. #stadtvonmorgen berichtete ausführlich darüber. Ein Überblick über die Artikel zur Hauptversammlung ist hier zu finden. Die Ergebnisse der vorherigen Pressekonferenz sind hier zusammengefasst.

 

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