Im Streit um die Tübinger Verpackungsteuer bleibt das Umweltministerium abwartend. Kommunales Engagement zur Abfallreduktion begrüßt es aber.

Das Bundesumweltministerium stellt in Aussicht, gesetzliche Rahmenbedingungen zur Einführung einer kommunalen Verpackungsteuer zu prüfen. Voraussetzung dafür ist allerdings das Ende des Rechtsstreits um die Tübinger Verpackungsteuer. „Sobald die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vorliegt, wird das Bundesumweltministerium prüfen, inwieweit ergänzende kommunale Regelungen durch eine gesetzliche Regelung durch den Bund ermöglicht werden könnten.“ Dies teilt das Ministerium auf Nachfrage von #stadtvonmorgen mit. Gleichzeitig weist es darauf hin, dass im Koalitionsvertrag eine bundesweite Verpackungsteuer nicht vorgesehen ist.

Verpackungsteuer: Tübingen vorm Bundesverwaltungsgericht

Zuvor hatten die Deutsche Umwelthilfe (DUH) und Boris Palmer, Oberbürgermeister der Stadt Tübingen, Umweltministerin Steffi Lemke zu einer Positionierung und Klarstellung des kommunalen Handlungsspielraums aufgefordert. Hintergrund ist der Streit um die Verpackungsteuer, die in Tübingen seit 1. Januar gilt. Die Stadt erhebt die Steuer auf Einweg-to-go-Verpackungen. Dagegen klagte der Franchisenehmer einer McDonald’s-Filiale. Daraufhin erklärte der Verwaltungsgerichtshof Mannheim die Steuer für unwirksam. Nun geht die Stadt Tübingen vor dem Bundesverwaltungsgericht in Revision.

Das Mannheimer Gericht verwies in seinem Urteil unter anderem darauf, dass die kommunale Verpackungsteuer mit dem bundesweit gültigen Abfallrecht nicht vereinbar sei. Palmer und die DUH forderten die Ministerin daher auf, den kommunalen Handlungsradius klarzustellen und sich zu sinnvollen lokalen Maßnahmen der Abfallvermeidung zu bekennen. Diesbezüglich positioniere sich die Ministerin „angesichts der sich immer weiter verschärfenden Klima-, Müll- und Ressourcenkrise“ bislang „nicht ausreichend“, kritisieren sie in einem DUH-Statement vom vergangenen Montag.

Umstieg auf Mehrweg „wichtiges Ziel der Umweltpolitik“

„Das Bundesumweltministerium begrüßt es, wenn Kommunen innovative Wege einschlagen, Mehrwegverpackungen zu fördern und den Gebrauch von Einwegverpackungen zu minimieren“, sagt demgegenüber eine Ministeriumssprecherin auf #stadtvonmorgen-Nachfrage. Die Förderung von Mehrwegverpackungen und der Umstieg von Einweg auf Mehrweg sei „ein wichtiges Ziel der Umweltpolitik“. Das schütze nicht nur Ressourcen, sondern helfe auch, die Städte sauber zu halten.

In Bezug auf den Streit um die Tübinger Verpackungsteuer wolle man zunächst die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts abwarten. Gleichwohl habe der Bund „gerade in der jüngeren Vergangenheit zahlreiche Maßnahmen ergriffen, um den Anfall von To-go-Verpackungen zu reduzieren und die Auswirkungen auf die Umwelt durch unsachgemäß entsorgte Einwegprodukte zu vermindern“. Im Koalitionsvertrag sehe die Bundesregierung weitere Maßnahmen vor, um Abfälle zu vermeiden. Allerdings: „Eine bundesweite Verpackungssteuer ist dabei nicht vorgesehen.“

Einwegkunststoffgesetz: Erweiterte Herstellerverantwortung

Exemplarisch verweist die Ministeriumssprecherin auf das Verpackungsgesetz, das ab dem 1. Januar 2023 eine Mehrwegangebotspflicht für To-go-Verpackungen aus Kunststoff und jegliche Getränkebecher vorsieht. „Im Juli 2021 sind zudem das Verbot bestimmter Einwegkunststoffprodukte sowie die Kennzeichnungspflicht für bestimmte Einwegkunststoffprodukte in Kraft getreten“, heißt es aus dem Ministerium. Außerdem sei 2021 die kommunale Abfallberatung nach dem Kreislaufwirtschaftsgesetz erweitert worden. Sie umfasse nun die Pflicht der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger, über die negativen Folgen von Einwegkunststoffprodukten für die Umwelt und Mehrwegalternativen aufzuklären.

Darüber hinaus habe das Bundesumweltministerium im April den Entwurf eines Einwegkunststofffondsgesetzes vorgelegt. Das Gesetz steht im Zusammenhang mit der EU-Einwegkunststoffrichtlinie. Die sieht eine erweiterte Herstellerverantwortung für bestimmte Einwegkunststoffprodukte wie To-go-Verpackungen und Getränkebecher vor. Die Hersteller dieser Produkte müssen sich künftig an deren Entsorgung beteiligen. Dies soll über eine Sonderabgabe geschehen, die in einen beim Umweltbundesamt verwalteten Einwegkunststofffonds fließt. Das Geld kommt der Sammlungs- und Reinigungstätigkeit von Kommunen zugute. Die Abgabe soll für die Hersteller zudem ein Anreiz sein, auf umweltfreundlichere Mehrwegalternativen umzusteigen.

a.erb@stadtvonmorgen.de

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