Die sächsische Landeshauptstadt Dresden fokussiert die Nachhaltigkeitsarbeit in ihren Kulturbetrieben. Dafür hat sie für fünf Kultureinrichtungen Handlungsleitfäden erarbeitet mit Maßnahmen, die ab diesem Jahr umgesetzt werden sollen. Die fünf Kultureinrichtungen unterzeichnen am Donnerstag eine sogenannte Nachhaltigkeitscharta. Bei den fünf Kultureinrichtungen handelt es sich um die Dresdener Philharmonie, die Staatsoperette Dresden, die Dresdener Musikfestspiele, die Zentralbibliothek der städtischen Bibliotheken sowie das Kunstgewerbemuseum der staatlichen Kunstsammlungen des Freistaats Sachsen. Dresden ist eine der ersten deutschen Städte, die Nachhaltigkeitsziele auf diese Weise konzeptionell in der kommunalen Kulturarbeit verankert. Wie das vonstattengeht, erklärt David Klein, Leiter des städtischen Amts für Kultur und Denkmalschutz, gegenüber #stadtvonmorgen.
Den Kulturbetrieb in seinen Facetten nachhaltig verstehen
#stadtvonmorgen: Herr Dr. Klein, 2019 hat die Dresdner Kulturverwaltung damit begonnen, Konzepte zu entwickeln, um die Nachhaltigkeitsarbeit im öffentlichen Kultursektor zu stärken. Warum?

David Klein, Leiter des Amts Kultur und Denkmalschutz der Stadt Dresden (Quelle: Maximilian Helm)
David Klein: Zwei Anlässe haben das Anliegen, den Kultursektor in Dresden nachhaltig aufzustellen, besonders vorangebracht. Erstens spielt es im Kulturentwicklungsplan, der 2020 im Stadtrat verabschiedet wurde, eine wichtige Rolle. Zweitens bewarb sich Dresden um den Titel der europäischen Kulturhauptstadt Europas 2025, der letztlich an Chemnitz ging. Gleichwohl stärkte der Bewerbungsprozess für Dresden das Bestreben, die 17 Sustainable Development Goals (SDGs), die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen, lokal umzusetzen. Im Kontext der Bewerbung als europäische Kulturhauptstadt verbinden sich der Nachhaltigkeitsgedanke und die Kulturarbeit also in besonderer Art und Weise miteinander.
#stadtvonmorgen: Worum genau geht es nun bei der Nachhaltigkeitscharta für den Kultursektor? Welchen Themen widmen sich die Kultureinrichtungen denn in ihrer Nachhaltigkeitsarbeit?
David Klein: Wir haben die Handlungsleitfäden mit und für fünf öffentlich getragene Kultureinrichtungen entwickelt. Sie erstrecken sich auf verschiedene Aktionsfelder, die vom Bilanzierungssystem über das eigene Beschaffungswesen, die Mobilität und die Energieversorgung bis zur Kommunikations- und Vermittlungsarbeit reichen. Konzeptionell wollen wir damit den Kulturbetrieb in all seinen Facetten nachhaltig verstehen und uns den Feldern widmen, auf denen sich im Sinne der Nachhaltigkeit die größten Effekte erzielen lassen. Zwischen einzelnen Einrichtungen kann es durchaus markante Unterschiede geben. Beispielsweise dort, wo die Bewirtschaftung eines eigenen Gebäudes im Vordergrund steht, haben das Thema Energie und die Frage des Bezugs von Ökostrom eine hohe Priorität. Da geht es auch um den Einsatz von Photovoltaiktechnik zur Stromproduktion auf dem eigenen Gebäudedach. Bei einem Musikfestival hingegen haben naturgemäß Aspekte der Mobilität ein größeres Gewicht.
Nachhaltigkeitscharta für die Kultur: Übertragbarkeit wichtig
#stadtvonmorgen: Wo stehen Sie denn mit der Nachhaltigkeitsarbeit im Kultursektor?
David Klein: Jede der Einrichtungen widmet sich dem Thema natürlich bereits fortwährend in ihrem Wirkungsradius. Eine gebündelte, konzeptionelle Herangehensweise für den lokalen Kultursektor findet allerdings erst mit der offiziellen Unterzeichnung der Nachhaltigkeitscharta statt. Dies ist der Startpunkt zur Umsetzung der Maßnahmen, auf die sich die Kulturakteure in den Handlungsleitfäden verpflichten.
#stadtvonmorgen: Sie haben von den auch formatbedingten Unterschieden der jeweiligen Kultureinrichtungen gesprochen, was die Nachhaltigkeitsarbeit angeht. Wie übertragbar sind denn die Handlungsleitfäden auf andere Einrichtungen?
David Klein: Die Übertragbarkeit ist uns ein wichtiges Anliegen. Ziel des Konzeptionsprozesses war es, nicht nur Handlungsleitfäden für die fünf Kultureinrichtungen zu erarbeiten, sondern davon auch einen allgemeinen Handlungsleitfaden abzuleiten. Dieser wird für alle Kultureinrichtungen in Dresden und darüber hinaus abrufbar sein. Denn wir wollen ja die Kulturarbeit grundsätzlich in Richtung Nachhaltigkeit lenken. Da kommt es uns entgegen, dass die fünf Kultureinrichtungen verschiedene kulturelle Sparten besetzen. Schließlich soll die Nachhaltigkeitscharta in die Breite wirken: Sie wird für die Öffentlichkeit abrufbar sein, und wir stehen diesbezüglich den Dresdner Kultureinrichtungen der freien Szene beratend zu Seite.
Beitrag zur Bildung eines Nachhaltigkeitsbewusstseins
#stadtvonmorgen: Welche Relevanz hat denn die Kommunikations- und Vermittlungsarbeit, die sogenannte Bildung für nachhaltige Entwicklung, BNE?
David Klein: Gerade in diesem Zusammenhang ist ihre Relevanz sehr hoch. Blickt man auf kommunale Klimaschutzziele wie die Klimaneutralität, dann gibt es andere Sektoren im Gestaltungsraum der Stadt, die eine größere unmittelbare Hebelwirkung zur Zielerreichung haben als die Kultur. Ich denke etwa an den Wohnungsbau, die Energieversorgung oder die Mobilitäts- und Verkehrsplanung. Die Kultur hingegen hat mit Blick auf ihr Publikum ein großes Potential, die urbane Transformation zu einer nachhaltigeren Gesellschaft durch Bewusstseinsbildung mitzugestalten. Von coronabedingten Verwerfungen abgesehen, besuchen jährlich mindestens rund eine halbe Million Menschen den öffentlichen Kulturbetrieb der Stadt Dresden. Hier bietet sich also Raum, Themen der Nachhaltigkeit zu kommunizieren und in der Stadtgesellschaft zu verhandeln. Insofern kann die Kultur einen wichtigen Beitrag zur Wissensvermittlung und zur Bildung eines Nachhaltigkeitsbewusstseins leisten.