Die Stadt Freiburg stellt zukünftig jeder Beschlussvorlage im Gemeinderat eine Prüfung der Klima- und Artenschutzrelevanz voran. Damit ist sie die erste deutsche Kommune, die sowohl Gemeinderatsbeschlüsse an Klimamaßstäben misst als auch dabei ein kritisch prüfendes Augenmerk auf den Artenschutz legt. Bei einer Pressekonferenz präsentierte OBM Martin Horn am Dienstag den Klima- und Artenschutzcheck aller Beschlüsse des Lokalparlaments.
Klima- und Artenschutzcheck in Beschlussvorlagen
Der Klima- und Artenschutzcheck der Ratsbeschlüsse gilt dezernatsübergreifend. Im Februar entscheidet der Gemeinderat über die Einführung der neuen Prüfroutine. Der Klima- und Artenschutzcheck soll zunächst im Laufe des Jahres 2021 testweise gelten und ab dem zweiten Quartal 2022 zum Standard werden. Er ist eine Maßnahme, die sich aus dem Freiburger Klima- und Artenschutzmanifest, das der Gemeinderat Ende 2019 verabschiedet hatte, ergibt.
Mit ihrem Klima- und Artenschutzmanifest geht die Stadt umweltpolitisch einen eigenen, „Freiburger Weg“ für mehr Nachhaltigkeit, so Horn. Das Manifest verabschiedete der Gemeinderat als Reaktion auf die 2019 geführte Diskussion um die von der bürgerschaftlichen Bewegung „Fridays for Future“ an die Stadt herangetragenen Forderung, den Klimanotstand auszurufen. Statt eine pauschale Erklärung zum sogenannten Klimanotstand abzugeben und sich auf das nicht realisierbare Ziel, Freiburg bis 2035 klimaneutral zu machen, festzulegen, stellt die Stadt mit ihrem Klima- und Artenschutzmanifest konkrete Maßnahmen zum Klima- und Artenschutz in Aussicht.
„Höchste Priorität“ für Klima- und Artenschutz

OBM Martin Horn aus Freiburg (Quelle: Stadt Freiburg/Fionn Große)
In dem Klima- und Artenschutzmanifest beschreibt der Gemeinderat das Engagement gegen die Klimakrise und das Artensterben „als städtische Aufgabe von höchster Priorität“. Er verpflichtet auch die städtischen Beteiligungsgesellschaften zu entsprechendem Handeln. Ebenso bezieht er die Stadtgesellschaft in den Appell ein.
Gleichzeitig ruft er Land, Bund und die Europäische Union dazu auf, die Rahmenbedingungen im Sinne des Umweltschutzes zu gestalten. Zudem bekennt sich der Gemeinderat dazu, dass bei all seinen eigenen „Entscheidungen die Auswirkungen auf das Klima und den Erhalt der biologischen Vielfalt berücksichtigt werden“. Mit dem Klima- und Artenschutzcheck, der nun jedem Beschluss vorausgeht und nach einem standardisierten Prüfverfahren abläuft, setze man dieses Bekenntnis um, so Horn.
Horn: „Die Klimakrise macht im Lockdown keine Pause“
Dies dokumentiere die „Wichtigkeit und Ernsthaftigkeit“, mit denen sich der Freiburger Gemeinderat mit dem Klima- und Artenschutz beschäftigt, sagt Horn. Der zusätzliche Prüfvorgang schärfe diesbezüglich das politische Bewusstsein. Die Prüfergebnisse seien in der jeweiligen Beschlussvorlage dokumentiert und sorgten so gegenüber der Öffentlichkeit für eine größere Transparenz hinsichtlich der Auswirkung einzelner Beschlüsse auf das Klima und die Artenvielfalt.
„Die Klimakrise macht im Lockdown keine Pause.“ Horn unterstreicht die Notwendigkeit, auch während der Coronakrise den „Kampf gegen die Biodiversitätskrise und gegen die Klimakrise“ fortzusetzen. Es handele sich um ein „zentrales Megathema unserer Zeit“, für das die Kommunen eine hohe Verantwortung trügen.
Megathema Klima: Eigene Green-City-Identität entwickeln
Exemplarisch erinnert Horn, der auch Präsident des Nachhaltigkeitsnetzwerks ICLEI Europe ist, an den European Green Deal, mit dem die EU Europa zum ersten klimaneutralen Kontinent machen möchte. Die Umsetzung dieses ambitionierten Ziels könne nur vor Ort geschehen, betont Horn.
Die Kommunen müssten also zum „Gamechanger“ für die Klimakrise werden. Dazu bedürfe es zum einen einer entsprechenden Förderung kommunalen Engagements durch die EU, Bund und Land. Zum anderen sei der Veränderungswille von Kommunen, eine eigene Green-City-Identität zu entwickeln, dafür nötig.
Weitere Maßnahmen für den Klimaschutz in Freiburg
Neben dem Klima- und Artenschutzcheck in den Beschlussvorlagen des Gemeinderates plant die Stadt Freiburg die Umsetzung weiterer Maßnahmen, die sich aus ihrem Klima- und Artenschutzmanifest ergeben. Darunter ist unter anderem das Förderprogramm „Artenschutz in der Stadt“.
Dies will die Bevölkerung dazu motivieren, die Artenvielfalt und Biodiversität auf privaten Flächen zu unterstützen. Dafür bietet die Stadt Beratungen an. Ab März gibt es für kleinformatige Projekte eine finanzielle Unterstützung in Höhe von mindestens 200 und höchstens 5.000 Euro. Insgesamt stehen im Doppelhaushalt 2021/22 30.000 Euro bereit. Darüber hinaus zielen weitere Maßnahmen der Stadt darauf ab, die lokale Energieversorgung möglichst klimaverträglich zu gestalten.