Damit der Bund die Klimaarbeit der Städte unmittelbarer unterstützen kann und um den kommunalen Klimaschutz im föderalen System strukturell zu stärken, beschreibt das Umweltbundesamt eine Verfassungsänderung als gangbaren Weg. Darauf macht ein Sprecher der Behörde auf eine Nachfrage von #stadtvonmorgen aufmerksam: „Eine mögliche Lösung könnte eine Gemeinschaftsaufgabe Klimaschutz sein.“
Klimaneutralität: Keine Studien zu Kosten
Hintergrund der Nachfrage beim Umweltbundesamt ist die #stadtvonmorgen-Klimaumfrage unter 40 deutschen Städten mit mehr als 200.000 Einwohnern. Sie offenbart strukturelle Unzulänglichkeiten beim kommunalen Klimaschutz. Insbesondere geht es um eine unübersichtliche Vielgestaltigkeit lokaler Maßnahmen, um offene Finanzfragen auf dem Pfad zur Klimaneutralität an Bund und Länder sowie damit verbunden um mangelnde Planungssicherheit in Kommunen. Die Anfrage von #stadtvonmorgen zur Einschätzung der Umfrageergebnisse ging ursprünglich ans Bundesministerium für Klimaschutz. Das Ministerium verwies allerdings an die Umweltbehörde.
Genau wie die meisten Städte, die auf die #stadtvonmorgen-Klimaumfrage antworteten, hat auch das Umweltbundesamt keine Kostenvorstellung für das Erreichen der Klimaneutralität. Dazu lägen ihm keine Studien vor, heißt es auf Anfrage. Das für den Klimaschutz bisweilen sperrige Zusammenspiel zwischen Bund, Ländern und Kommunen beschreibt der Behördensprecher derweil als eine Systemfrage: Es sei „eine durchaus komplexe Aufgabe, die Rahmenbedingungen für kommunalen Klimaschutz umzugestalten“. Zur Lösung könne eine Grundgesetzänderung beitragen.
Gemeinschaftsaufgabe Klimaschutz als Systemlösung?
Dabei weist der Sprecher des Umweltbundesamts auf ein aktuelles von den Organisationen Germanwatch und Klima-Allianz Deutschland beauftragtes Rechtsgutachten hin. Unter dem Titel „Kommunaler Klimaschutz im Spannungsfeld zwischen Aufgabe und Finanzierung am Beispiel der kommunalen Wärmeplanung und des kommunalen Klimaschutzmanagements“ widmet sich das Gutachten dem problembehafteten Zusammenspiel der staatlichen Ebenen. Insbesondere betrachtet es die Finanzierung von Klimaschutzmaßnahmen und die Aufgabenverteilung.
Angesichts der gesamtgesellschaftlichen Relevanz des Klimaschutzes und der dringenden Notwendigkeit tiefgreifender Transformationsprozesse wie der Energie- oder der Verkehrswende sei laut Gutachten eine Anpassung der Vorschriften im Finanzverfassungsrecht „politisch und rechtlich folgerichtig“. Dafür zeigt es Optionen auf. Unter anderem schlägt es vor, den Klimaschutz und die Klimaanpassung als Gemeinschaftsaufgabe von Bund und Ländern zu definieren, um so das „starre föderale System“ an dieser Stelle aufzubohren.
Föderalismus erschwert gemeinschaftliches Engagement
Derzeit behindert nämlich die föderale Aufgabenteilung an vielen Stellen ein schlagkräftiges, gemeinschaftliches Engagement von Bund, Ländern und Kommunen. Da die Ebene der Länder „zwischengeschaltet“ ist, kann der Bund in der Regel nicht unmittelbar mit den Kommunen zusammenwirken. Dies hat auch Auswirkungen auf die Finanzbezüge zwischen den Ebenen. Der Bund kann den kommunalen Klimaschutz also nicht ohne weiteres „direkt finanzieren“. Dies erschwert eine über die staatlichen Ebenen hinweg konzertierte und pragmatische Klimaarbeit.
Gleichwohl seien die Kommunen „von großer Bedeutung für einen erfolgreichen Klimaschutz“, so der Sprecher des Umweltbundesamts. Beispielsweise seien sie entscheidend für die Planung und Umsetzung örtlicher Infrastrukturmaßnahmen oder für den Ausbau erneuerbarer Energien. „Sie können wie keine andere politische Ebene die Menschen vor Ort am Klimaschutz beteiligen.“ Um die relevanten Klimaschutzpotenziale zu heben, müsse es allen Kommunen – insbesondere auch den kleineren – „ermöglicht werden, Klimaschutz ambitioniert umzusetzen“, heißt es aus dem Umweltbundesamt.