Eine sommerliche Parklandschaft – „das ist Erholung, das ist Spaß, das ist Miteinander“, sagt Bundesumweltministerin Svenja Schulze. Um gleichzeitig zu mahnen: „Das ist aber leider ganz oft auch viel zu viel Müll in der Umwelt.“ Rund 700 Millionen Euro kostet es die Kommunen jährlich, Parks, Straßen und den öffentlichen Raum von Einwegverpackungen aus Kunststoff oder Zigarettenkippen zu befreien. Auf diese Summe kommt jetzt eine neue Studie des Verbands Kommunaler Unternehmen (VKU), die Schulze am Donnerstag mit VKU-Präsident Michael Ebling, OBM aus Mainz, in Berlin vorstellte.
Dabei handelt es sich europaweit um die erste Studie, die sich des Themas in dieser Form strukturiert annimmt. Sie hat den Anspruch, repräsentativ für ganz Deutschland zu gelten. Analysiert wurden Abfälle aus 20 deutschen Kommunen. Die Untersuchung wurde vom Institut für Abfall, Abwasser und Infrastrukturmanagement (INFA) im Auftrag des VKU angestellt. Die Studie steht im Zusammenhang mit der europäischen Zielsetzung, Verpackungshersteller an Entsorgungskosten zu beteiligen.
Hersteller an den Folgen ihrer „Ex-und-Hopp-Modelle“ beteiligen

Verpackungen aus Plastik, Zigarettenkippen, Einwegbecher: Durchschnittlich sorgt jede Person in Deutschland für 140 Liter Straßenmüll pro Jahr. (Quelle: BMU/Sascha Hilgers)
Die neuen Vorgaben der EU-Kunststoffrichtlinie „sehen vor, dass Hersteller von To-Go-Verpackungen aus Plastik und Zigaretten finanziell an den Folgen ihrer Ex-und-Hopp-Geschäftsmodelle beteiligt werden“, erklärt Ebling. Dies bedeute einen „echten Paradigmenwechsel, den wir als kommunale Entsorgungsträger begrüßen“. Bislang seien die Entsorgungskosten auf die Allgemeinheit, konkret auf die kommunalen Haushalte beziehungsweise die Gebührenzahler, „abgewälzt“ worden. Nun könnten die Bürger auf eine höhere Gebührenstabilität hoffen.
Die Studie schaffe zunächst einmal eine Basis dafür, ein neues Reglement zu entwickeln, so Schulze. Die Analyse schließe eine „Wissenslücke“ und schaffe die Grundlage für „faktenbasiertes Regierungshandeln“. In den nächsten Schritten müssten die Verpackungshersteller einbezogen und die Gesetzgebung entsprechend ausgerichtet werden. Offen sei etwa noch, nach welchem Modell die Verpackungshersteller für die Entsorgung bezahlen müssten und wie genau dieses Geld unter den Kommunen aufgeteilt werden solle. Dabei betrete man „juristisches Neuland“.
Leistungsfähige Kommunen gefragt: Parks sollen sauberer werden

Einsparpotential: Der Straßenkehricht besteht zu 22 Prozent aus Einwegkunststoffen. (Quelle: VKU)
Das klare politisches Ziel sei eine „andere Kostenverteilung“, so Schulze. Es gehe darum, die „Bürger zu entlasten und die Einwegverpackungshersteller stärker zur Kasse zu bitten“. Dabei hoffe man zugleich auf umweltentlastende Effekte. Zudem sollten „Parks und Straßen sauberer werden“. Dafür brauche es „leistungsfähige Kommunen und kommunale Entsorger“.
Laut der Studie sammeln die kommunalen Stadtreiniger in Deutschland pro Jahr rund 140 Liter Straßenmüll. Der Müll stammt aus öffentlichen Mülleimern, von der Straße oder aus dem Stadtgrün. Mehr als 40 Prozent davon sind laut der Studie Kunststoffe und Verpackungen. Die Einweglebensmittelverpackungen aus Kunststoff und die Zigarettenkippen, an die sich die EU-Kunststoffrichtlinie richtet, machen rund 20 Prozent aus.
Die Sammlung und Entsorgung kosten die kommunalen Stadtreiniger insgesamt rund 700 Millionen Euro pro Jahr. Dies entspricht 8,30 Euro pro Person. Allein die Erfassung von Zigarettenkippen fällt mit 225 Millionen Euro ins Gewicht. Die Entsorgung von Einweggetränkebechern schlägt mit 120 Millionen Euro zu Buche. Zurzeit kommen die Kommunen für die Reinigung des öffentlichen Raums auf. Es sei an der Zeit, dass die „Lasten der Beseitigung und Entsorgung von Müll zukünftig stärker von Verursachern getragen werden“, so Schulze.
Ebling: Auch andere Einzelverpackungen einbeziehen

700 Millionen Euro kostet die Kommunen jährlich die Sammlung und Entsorgung von Einwegkunststoffartikeln aus dem öffentlichen Raum. Davon 225 Millionen Euro allein auf Zigarettenkippen, 120 Millionen Euro auf Einweggetränkebecher. (Quelle: VKU)
Darauf, ob das Geld der Verpackungshersteller vor Ort dann zu Gebührensenkungen führe, will Ebling sich nicht festlegen. Er verweist auf die kommunale Vielgestaltigkeit. Möglicherweise ließen sich perspektivisch örtlich Gebühren reduzieren. Der Mainzer OBM plädiert jedoch dafür, die Summen in die kommunale Daseinsvorsorge zu investieren und etwa zur Anschaffung von Kehrmaschinen einzusetzen.
Zu beachten seien außerdem lokale Besonderheiten hinsichtlich des Müllaufkommens, etwa in touristisch stark frequentierten Städten. Bei der Frage nach der Mittelverteilung ließen sich entsprechend gegebenenfalls Leistungsmerkmals wie die Anzahl von Straßenpapierkörben oder die zu reinigende Fläche berücksichtigen, schlägt Ebling vor.
Darüber hinaus regt er an, das Reglement zu erweitern. Bei weitem seien „noch nicht alle Einzelverpackungen adressiert“. Etwa seien Pizzakartons aus Pappe, Kaugummis oder Aluschüsseln nicht von der EU-Richtlinie und entsprechend auch nicht von der Studie erfasst. Aus Sicht der Kommunen beziehungsweise derer Unternehmen sei es wünschenswert, auch solche Aspekte einzubeziehen.
Ebling: Renaissance des öffentlichen Raums
Gerade die Coronakrise, in der viele Freizeiteinrichtungen nur beschränkt zugänglich und Reisen nur bedingt zu unternehmen sind, habe den Stellenwert des öffentlichen Raums als Quelle der Erholung erhöht, so Ebling. „Der öffentliche Raum ist für das Lebensgefühl ganz neu entdeckt worden.“ Dem müsse auch die kommunale Daseinsvorsorge in besonderem Maße Rechnung tragen, indem sie „für die saubere und lebenswerte Stadt“ sorge. Dies sei ohnehin einer ihrer „Grundpfeiler“.