Die Umsetzung der SDG drängt – auch in Kommunen. Bonns OBM Katja Dörner stellt in Brüssel den Nachhaltigkeitsbericht der Stadt vor.

Katja Dörners Schlüsselwort ist „systematisch“. Immer wieder sagt sie, dass es darum gehe, „systematisch Nachhaltigkeit in das kommunale Handeln zu integrieren“. So beschreibt die Oberbürgermeisterin von Bonn den Nachhaltigkeitsbericht der Stadt. Gestern sprach Dörner bei einer hybriden Veranstaltung des Europäischen Ausschusses der Regionen in Brüssel über den dritten Bonner Bericht. Als Voluntary Local Review (Freiwilliger lokaler Umsetzungsbericht; VLR) reflektiert er die lokale Umsetzung der Sustainable Development Goals (Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen; SDG). Auch die Europäische Kommission will in diesem Jahr erstmals einen Voluntary Review (VR) auf europäischer Ebene vorlegen.

SDG-Berichterstattung: Vorbilder Bonn und Gent

Dem widmete sich die gestrige Veranstaltung in Brüssel. Zum einen untermauerte sie die entscheidende Rolle der kommunalen Ebene für die Umsetzung der globalen und europäischen Nachhaltigkeitsziele. Zum anderen blickte sie auf die Halbzeit der Agenda 2030, mit der die Vereinten Nationen ihre SDG definiert haben, und den im September anstehenden SDG Summit, bei dem über eine Fortschreibung der SDG diskutiert werden soll. Sie richtete dabei den Fokus auf Bonn und die belgische Stadt Gent, die beide ihre Nachhaltigkeitsarbeit in einem freiwilligen Berichtswesen erfassen. Für den Report, mit dem die EU 2023 ihr SDG-Engagement zum ersten Mal darstellen will, kann die kommunale Expertise hilfreich sein.

Organisiert wurde die Konferenz vom Europäischen Ausschuss der Regionen und dem nordrhein-westfälischen Umweltministerium, der dortigen Landesarbeitsgemeinschaft Agenda 21 sowie der Servicestelle Kommunen in der Einen Welt von Engagement Global im Auftrag des Bundesentwicklungsministeriums. Angesichts der Ambitionen, mit denen die Agenda 2030 gestartet sei, sei man bei der Zielumsetzung „leider nicht so weit“, sagte der nordrhein-westfälische Umweltstaatssekretär Viktor Haase zur Eröffnung der Veranstaltung. Das hänge auch mit aktuellen Krisen wie der Coronakrise und dem Ukrainekonflikt zusammen. Diese dürften allerdings kein Hemmschuh sein, sondern müssten zusätzlich motivieren, verstärkt an der SDG-Umsetzung zu arbeiten. Wolle man dabei erfolgreich sein, gelte es, gesamtgesellschaftlich zu denken und insbesondere die regionale und kommunale Dimension hervorzuheben, so Haase.

„Nachhaltigkeitsarbeit systematisch in die Breite tragen“

Mit ihrer Nachhaltigkeitsberichterstattung ist Bonn nicht nur bundesweit, sondern auch international eine Vorreiterin. Ihren ersten Nachhaltigkeitsbericht stellte die Bundesstadt 2020 bei der vom Nachhaltigkeitsnetzwerk ICLEI veranstalteten Konferenz „Daring Cities“ vor. Den zweiten präsentierte Dörner 2022 beim Nachhaltigkeitsgipfel der Vereinten Nationen in New York. Kern des Berichts sei es, die städtische Nachhaltigkeitsarbeit zu systematisieren und transparent abzubilden, so Dörner. Die Stadt will 2035 klimaneutral sein. Die Berichterstattung sei ein Instrument dafür, entsprechende Maßnahmen zu monitoren.

Um die SDG in kommunales Handeln zu übersetzen, zielt der Bericht auf sechs kommunale Handlungsfelder ab. Diese sind Klima und Energie, Mobilität, Natürliche Ressourcen und Umwelt, Arbeit und Wirtschaft, Gesellschaftliche Teilhabe und Gender sowie Globale Verantwortung und Eine Welt. „Die Arbeit an den Berichten hat sehr stark dazu beigetragen, unser Nachhaltigkeitsengagement systematisch in die Breite zu tragen“, sagt Dörner. Nicht nur in der Verwaltung sei es nun stärker verankert, auch darüber hinaus habe die Stadt Verbündete für ihre Nachhaltigkeitsarbeit gewonnen.

Nachhaltigkeitsarbeit: transparent, messbar, vergleichbar

Der Bericht zeige auf, „wo wir mit Blick auf eine umfassend nachhaltige Stadtentwicklung stehen“. Er mache dabei nicht nur die Entwicklungsschritte der Stadt transparent, messbar und vergleichbar, sondern offenbare auch Zielkonflikte. Aktuell arbeite man verstärkt daran, die städtische Haushaltsführung an Nachhaltigkeitskriterien auszurichten, um das Nachhaltigkeitsmanagement mit finanziellen Ressourcen zu unterlegen, erklärt Dörner. Zudem sei es ein wichtiges Thema, die Transformationsschritte sozial gerecht zu gehen.

Hinsichtlich der Berichterstattung gehe es nach wie vor darum, die Indikatoren für das Erfassen der Nachhaltigkeitsarbeit zu justieren. Der Bonner Bericht basiert auf dem standardisierten Berichtsformat des Rats für Nachhaltige Entwicklung. Der Rat berät die Bundesregierung in Sachen Nachhaltigkeit. Dörner ist seit 2023 Mitglied des Rats.

Umsetzung der SDG „drastisch beschleunigen“

„Globale Herausforderungen können nur gelöst werden, wenn alle staatlichen Ebenen an einem Strang ziehen“, unterstreicht Dörner. Sie spricht sich für eine umfassende Multilevel Governance aus und dafür, dass der Schulterschluss zwischen den staatlichen Ebenen „noch enger“ wird. Schließlich könnten europäische Nachhaltigkeitsziele wie der European Green Deal oder der Aktionsplan zur Kreislaufwirtschaft ohne das Engagement der Städte und Kommunen nicht realisiert werden. Gerade die Halbzeit zur Umsetzung der 2015 verabschiedeten SDG und der Agenda 2030 führe vor Augen, dass die globale Nachhaltigkeitsarbeit „drastisch beschleunigt“ werden müsse – und zwar „systematisch“.

a.erb@stadtvonmorgen.de

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