Die Stadt Heilbronn will die Treibhausgasneutralität schon früher als bislang geplant, nämlich bis 2035 erreichen. Dafür votierte der Gemeinderat am Montag. Zuvor hatte sich die Stadt das Jahr 2050 als Zielmarke gesetzt. Die wichtigsten Maßnahmen für das Erreichen der Klimaneutralität kosten nach Schätzungen der Kommune rund sechs Milliarden Euro. Um klimaneutral zu werden, hat Heilbronn für sich neun Maßnahmen priorisiert und einen Klimaschutz-Masterplan vorgelegt.
Klimaneutralität als finanzielle Herausforderung
Als „ausgesprochen ambitioniert, aber machbar“ bezeichnet Oberbürgermeister Harry Mergel die Pläne. Wichtige Voraussetzung für deren erfolgreiche Umsetzung sei allerdings, dass Wirtschaft, Bürgerschaft und Stadtverwaltung gemeinsam an der Zielerreichung arbeiteten. Die grob prognostizierten Investitionskosten in Höhe von sechs Milliarden Euro, mithin bis 2035 jährlich 387 Millionen Euro, beziehen sich nicht nur auf das Engagement der Stadt, sondern auf das aller Akteure. „Dabei ist klar: Je früher wir unser Ziel erreichen wollen, desto höher sind die finanziellen und personellen Ressourcen, die wir als Stadtgesellschaft einsetzen müssen“, sagt Mergel.
Zahlen wie diese lassen die Forderung an Bund und Länder, die Finanzausstattung der Kommunen hinsichtlich der großen Transformationsaufgaben für den Klimaschutz neu auszurichten, aufkommen. Darauf drängt etwa der Deutsche Städtetag. Dessen Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy sprach sich zuletzt im Interview mit #stadtvonmorgen in diesem Kontext für „insgesamt eine bessere Finanzausstattung“ der Kommunen aus. (Das Interview ist hier zu finden.)
Ziel: Jährlich nur eine Tonne CO2 pro Kopf
Unter den neun Top-Maßnahmen für den Klimaschutz, die Heilbronn verfolgt, sind der konsequente Ausbau erneuerbarer Energien, die energetische Optimierung von Gebäuden, der Ausbau des lokalen Wärmenetzes und die Ausrichtung des Verkehrs auf den Umweltverbund sowie der Fokus auf alternative Antriebe. Zudem möchte die Stadt gezielt die Kommunikation mit der Bevölkerung über Aspekte der Klimaneutralität suchen, um eine diesbezügliche Bewusstseinsbildung anzuregen.
Der Gemeinderatsbeschluss zielt auf eine Nettotreibhausgasneutralität ab. Gemeint ist ein „Gleichgewicht zwischen Treibhausgasemissionen und deren Abbau“. Dafür sollen im Zieljahr die Restemissionen bei jährlich einer Tonne CO2 pro Einwohner liegen, „da angenommen wird, dass diese Restemissionen mit lokalen Senken kompensiert werden können“, wie es im Beschluss heißt. Aktuell liegt die jährlichen Pro-Kopf-Emission in Heilbronn bei rund neun Tonnen CO2.
Energiewende zentral für Klimaneutralität
Als einen zentralen Hebel für Klimaneutralität setzt die Stadt auf die Energiewende. Bislang kommen erneuerbare Energien als Energieträger in Heilbronn im lokalen Energiemix noch nicht maßgeblich zum Tragen. Folglich sieht die Stadt hierin ein „riesiges Potential“ für ihre Transformation zur Treibhausgasneutralität und die Reduktion des CO2-Ausstoßes.
Dabei forciert die Stadt den massiven Ausbau von Photovoltaikanlagen auf Dachflächen zur Stromerzeugung. Bis 2035 will sie 75 Prozent des diesbezüglichen Potentials erschlossen haben. Zudem will sie freie Flächen etwa an Straßen und Bahnstrecken oder im Bereich der Landwirtschaft für Photovoltaik nutzen. Darüber hinaus setzt sie auf Windenergie und den Bau von Windrädern im Stadtgebiet.
Maßnahmen zur Erhöhung der Energieeffizienz
Neben der klimaneutralen Produktion erneuerbarer Energien richten der Gemeinderatsbeschluss und die damit verbundene Ergänzung des städtischen Klimaschutz-Masterplans das Augenmerk außerdem auf den Energieverbrauch. Mit einigen ihrer neun Top-Maßnahmen für den Klimaschutz wollen sie die Energieeffizienz erhöhen. So nimmt sich die Stadt laut Beschluss nun gezielt die energetische Sanierung des Gebäudebestands vor, um den Wärmebedarf und mit ihm den CO2-Ausstoß zu senken.
Bei Neubauten möchte sie darauf hinwirken, dass diese zukünftig ausschließlich klimafreundlich errichtet werden. Zudem soll das örtliche Wärmenetz so ausgebaut werden, dass darüber ein Drittel des Wärmebedarfs gedeckt wird und so die Wärmeversorgung klimaneutral vonstattengeht. Dafür hat die Stadt bereits eine Wärmenetzplanung beauftragt.
Verkehrssektor als Hebel für CO2-Einsparungen
Was den CO2-Ausstoß im Verkehrssektor betrifft, rechnet der Klimaschutz-Masterplan mit einer Einsparung der Emissionen in Höhe von 74 Prozent gegenüber dem Vergleichsjahr 2015. Um dieses Ziel zu erreichen, muss die Stadt laut eigenen Vorgaben zum einen konsequent den Umweltverbund stärken und zum anderen die Voraussetzung für alternative Antriebe schaffen. Dazu gehören sowohl Investitionen in die Infrastruktur als auch in die Modernisierung der eigenen Fahrzeugflotten.
Schließlich sieht sich die Verwaltung „auf dem Weg zur treibhausgasneutralen Stadt in einer Vorreiterrolle“. Dieser Anspruch beinhalte nicht zuletzt, mit einer gezielten Kommunikationsarbeit für den Klimaschutz und die Klimaanpassung zu sensibilisieren und zu motivieren. Der Gemeinderatsbeschluss sei „ein starkes Signal für mehr und schnelleren Klimaschutz“, resümiert Mergel. „Damit stellen wir uns unserer Verantwortung, die wir für die kommenden Generationen tragen.“
Info
Diese neun Top-Maßnahmen für den Klimaschutz ergreift Heilbronn:
– Ausbau von Photovoltaikanlagen auf und an Gebäuden
– Ausbau von Photovoltaikanlagen auf Freiflächen und landwirtschaftlichen Flächen
– Ausbau von Windenergieanlagen
– Energetische Sanierung des Gebäudebestandes
– Errichtung von klimafreundlichen Neubauten
– Ausbau der Wärmenetze zur dekarbonisierten Wärmeversorgung
– Senkung der Treibhausgasemissionen im Verkehrssektor
– Stadtverwaltung als Vorbild
– Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation.
Der Gemeinderatsbeschluss und der Klimaschutz-Masterplan sind im städtischen Ratsinformationssystem hier zu finden.