„Wer an der Smart City arbeitet, gestaltet Zukunft“

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Jena setzt bei der Beschaffung von Software auf möglichst große Souveränität und Open-Source-Lösungen, also frei zugängliche Quellcodes. Die Smart City Bochum hat eine neue Organisationsstruktur geschaffen, die die Digitalisierung als Querschnittsaufgabe begreift und dafür die Verwaltung mit den kommunalen Unternehmen vernetzt. Rostock verfolgt eine Digitalstrategie, die eine Klammer um alle anderen städtischen Zielsetzungen wie die Nachhaltigkeitsstrategie, Stadtentwicklungspläne oder Mobilitätskonzepte bildet. Und Wuppertal hat einen digitalen Zwilling entwickelt, der als digitales Modell der Stadt wichtige Entscheidungsgrundlagen schafft.

820 Millionen Euro für Smart-City-Modellprojekte

Über Vorbilder wie diese berichtete Michael Huch bei der 14. Regionalkonferenz Smart Cities am 15. Mai in Kaiserslautern. Beim Leiter der Koordinierungs- und Transferstelle Smart Cities laufen modellhafte Smart-City-Lösungen aus dutzenden Kommunen zusammen. Denn die Transferstelle organisiert im Kontext des Bundesprogramms „Modellprojekte Smart Cities“ den sogenannten Smart Cities Dialog. Der strukturiert die digitalen Innovationen und soll zum interkommunalen Wissenstransfer in Sachen Digitalisierung betragen. 2024 fanden diesbezüglich bereits zwei Regionalkonferenzen statt, und zwar in Gelsenkirchen und in Kaiserslautern. Weitere folgen im Laufe des Jahres in Dresden, Bad Belzig, Freiburg und Kassel.

Die Förderkulisse „Modellprojekte Smart Cities“ setzt sich aus drei Staffeln, die 2019, 2020 und 2021 starteten, zusammen. Insgesamt fördert der Bund damit Smart-City-Projekte in mehr als 90 Kommunen. Dafür stehen 820 Millionen Euro zur Verfügung. Aufgehängt war das Programm ursprünglich beim Innenministerium und ist zwischenzeitlich ins Bundesministerium für Stadtentwicklung (BMWSB) übergegangen.

Smart-City-Innovationen in die Breite tragen

Eines seiner Wesensmerkmale ist die Skalierbarkeit: Die Förderung zielt darauf ab, digitale Errungenschaften hervorzubringen, die nicht nur in einer Kommune, sondern in möglichst vielen genutzt werden können und somit einen gesellschaftlichen Nutzen stiften. Die Transferstelle hat einen entsprechenden Wissensspeicher angelegt – einen Fundus, der die von den Modellprojekten vorgeschlagenen Ideen und konkreten Lösungen zusammenfasst und transparent macht. Es ist eine Inspirationsquelle für die Smart City.

Um zum einen den interkommunalen Austausch zwischen den einzelnen Modellprojekten zu stimulieren und zum anderen die Erkenntnisse auch über die Förderkulisse hinaus in die Breite zu tragen, finden außerdem die Regionalkonferenzen statt. Dabei sei ein wesentliches Anliegen, die als „Modellprojekt Smart Cities“ geförderten Kommunen mit ihren nicht geförderten regionalen Nachbarn zusammenzubringen und zu vernetzen, erklärte Renate Mitterhuber, im BMWSB zuständig für das Referat Smarte Städte und Regionen, bei der Regionalkonferenz in Kaiserslautern im dortigen Fraunhofer-Institut für Experimentelles Software Engineering.

„Eine smarte Stadt ist eine lebenswerte Stadt“

Denn schließlich sollten alle Kommunen an dem Wissen, das die vom Bund geförderten Modellprojekte hervorbringen, partizipieren. Der interkommunale Austausch sei entscheidend für diesen Wissenstransfer. Es gelte, gemeinsam zielgerichtet an Ideen und Innovationen arbeiten zu können und parallele Entwicklungsprozesse zu vermeiden. Um ihre Zukunftsaufgaben bewältigen zu können, sei für Städte die Digitalisierung ein entscheidender Faktor, so Mitterhuber.

Bei der Regionalkonferenz in Kaiserslautern präsentierte die Stadt, die sich durch eine hohe Konzentration an Forschungseinrichtungen auszeichnet, ihre Digitalkompetenz. „Eine smarte Stadt ist eine lebenswerte Stadt“, erklärte die Geschäftsführerin der städtischen Digitalisierungsgesellschaft „KL.digital“ und Chief Digital Officer Ilona Benz. „Wer an der Smart City arbeitet, gestaltet Zukunft.“

Digitalisierung der Daseinsvorsorge und Infrastruktur

Zum einen seien digitale Anwendungen entscheidend für die Daseinsvorsorge der Zukunft und die Entwicklung der urbanen Infrastrukturen. Zum anderen verfolge man gerade in Kaiserslautern den Ansatz, die Digitalisierung als Instrument der gesellschaftlichen Teilhabe – beispielsweise im Sinne von digitalen Beteiligungsformaten – zu nutzen. Darüber hinaus hätten die Digitalisierung und die mit ihr einhergehenden neuen Möglichkeiten zur Gestaltung von Arbeitswelten tiefgreifende Effekte auf die Verwaltungskultur, erklärt Benz.

Insbesondere hinsichtlich des demografischen Wandels und des Arbeitskräftemangels gelte es dringend, die durch Digitalisierung möglichen Effizienzpotentiale für die Verwaltung zu heben. Auch für die Belastbarkeit von Entscheidungen durch Fachämter und die Politik sei die Nutzung von Daten und der Einsatz moderner Technologien für ihre Erhebung und Aufbereitung wegweisend, so Benz. Insofern biete eine smarte Stadt die Grundlage für Wohlstand, Freiheit und eine starke Demokratie.

a.erb@stadtvonmorgen.de

Andreas Erb ist Redakteur im Public Sector des F.A.Z.-Fachverlags. Für die Plattform #stadtvonmorgen berichtet er über urbane Transformationsprozesse, die Stadtgesellschaft und die internationale Perspektive der Stadt. Seit 1998 ist der Kulturwissenschaftler als Journalist und Autor in verschiedenen Funktionen tätig, seit 2017 als Redakteur im F.A.Z.-Fachverlag.