Die deutsche Bevölkerung lebt gerne städtisch, aber nicht unbedingt in der Großstadt. Das ist das Ergebnis einer Befragung im Rahmen des ersten Gleichwertigkeitsberichts der Bundesregierung. Gleichzeitig werden dünnbesiedelte Regionen als weniger lebenswert bewertet. An den wichtigsten Aspekten der Lebensqualität lässt sich der Drang in die Mitte der Urbanisierungsskala ablesen: Am häufigsten nannten die Befragten eine gute Gesundheits- und Pflegeversorgung sowie bezahlbares Wohnen.
Individuelle Lebensverhältnisse berücksichtigen
Wirtschaftsminister Robert Habeck, der den Bericht gemeinsam mit Bundesinnenministerin Nancy Faeser Anfang Juli vorstellte, begründet die Aufnahme einer Bürgerbefragung in den Bericht mit den individuellen Einschätzungen der Menschen vor Ort: „Jeder Bürger unseres Landes soll dort gut leben können, wo er gerne leben möchte.“ Faeser ergänzt: „Uns war es wichtig, dass wir für den Gleichwertigkeitsbericht nicht nur Zahlen und Fakten sammeln, sondern den Menschen vor Ort zuhören. Denn es geht um ihre Lebensverhältnisse.“
Wohnraumknappheit in den großen Städten
Doch bei den wichtigsten Fragen der Lebensqualität, den Themen Wohnen und Gesundheit, liegt bundesweit einiges im Argen. So mangelt es in den urbanen Zentren an bezahlbarem Wohnraum. Dies weist die Studie zwar nicht explizit aus, doch das Niveau der Baulandpreise zeigt deutlich die Knappheitsverhältnisse in Hamburg, Berlin, den Städten in den Ballungsräumen Nordrhein und Rhein-Main sowie im Norden Baden-Württembergs und im Süden Bayerns. Die prognostizierte Bevölkerungsentwicklung zeigt ebenfalls in diesen Gebieten weitere Zuwächse, während insbesondere in den östlichen Bundesländern mit Ausnahme des Raums Berlin mit Rückgängen zu rechnen ist.
Knappe Gesundheitsversorgung auf dem Lande
Dagegen ist die Erreichbarkeit von Einrichtungen der medizinischen Versorgung lediglich in den großen Städten sowie im Ballungsraum Nordrhein mit rund fünf Minuten außergewöhnlich gut. Im Bayerischen Wald und in Mecklenburg-Vorpommern können mehr als zehn Minuten hinzukommen. Für die Bundesregierung – vor allem für Bauministerin Klara Geywitz und Gesundheitsminister Karl Lauterbach – stellen diese Befunde sowie die Präferenzen der Bürger große Anforderungen, wenn die Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse angestrebt wird. In den großen Städten geht es um die Mobilisierung von Wohnraum. Auf dem Land kann der Erhalt einer wohnortnahen Krankenhausversorgung dabei helfen, die Lebensqualität zu erhöhen.
Gunther Schilling ist Verantwortlicher Redakteur Public Sector mit Schwerpunkt „#stadtvonmorgen“. Dort schreibt er insbesondere über die Themen Digitalisierung und kommunale Unternehmen. Der Diplom-Volkswirt ist seit 1990 als Redakteur in der F.A.Z.-Verlagsgruppe tätig. Das Team von „#stadtvonmorgen“ verstärkt Gunther Schilling seit Januar 2022. Zuvor war er Leitender Redakteur des Außenwirtschaftsmagazins „ExportManager“.