Sven Schoeller folgt Christian Geselle als Oberbürgermeister der Stadt Kassel nach. Dies ist das Ergebnis der gestrigen Stichwahl. Daran nahm Schoeller als einziger Kandidat teil. Denn Geselle, der im ersten Wahlgang mit 31,47 Prozent der abgegebenen Stimmen eigentlich vorne lag, trat zur Stichwahl überraschenderweise nicht an. Daher konnten sich die Wähler nur für oder gegen Schoeller entscheiden. Das Wahlergebnis fällt knapp aus: 51,21 Prozent der Wähler geben dem Grünen-Politiker Schoeller ihre Stimme.
Wegen „Diffamierungskampagne“: Stichwahl ohne Geselle
Im ersten Wahlgang bewarben sich sechs Kandidaten um das Amt des Oberbürgermeisters der hessischen Großstadt. SPD-Politiker Geselle trat dabei, nachdem er sich mit der eigenen Partei überworfen hatte, als unabhängiger Kandidat an. Die SPD schickte dafür Isabel Carqueville ins Rennen. Sie landete bei der Wahl allerdings abgeschlagen auf dem vierten Platz. Da Geselle im ersten Wahlgang keine absolute Mehrheit erreichte, kam es zur Stichwahl zwischen ihm und Schoeller, der im ersten Wahlgang mit 27,84 Prozent den zweiten Rang belegte. Der Stichwahl stellte sich Geselle allerdings nicht.
Seine Entscheidung, die Kandidatur abzubrechen, begründete Geselle damit, seine Familie schützen zu wollen. In den vergangenen Wochen sei er einer „Diffamierungskampagne“ ausgesetzt gewesen – „bis hin zu nächtlichen Aktionen vor unserer Haustür“. Zudem habe er den ersten Wahlgang zwar gewonnen, im Vergleich zur vorherigen Oberbürgermeisterwahl, bei der er auf Anhieb knapp 57 Prozent der Stimmen errang, jedoch klar an Zustimmung eingebüßt. Dies sei im demokratischen System ein „deutliches Wort“. Daher habe er „entschieden, nicht in eine Stichwahl zu gehen“.
Schoeller will an urbaner Transformation arbeiten
Schoeller startet in das Amt des Oberbürgermeisters nun mit der Hypothek, in der Stichwahl ohne Gegenkandidaten nur knapp gewonnen und die Wahl als ursprünglich Zweitplatzierter für sich entschieden zu haben. Im Wahlkampf betonte der Rechtsanwalt stets seine lokale Verwurzelung und Heimatverbundenheit mit Kassel.
Politisch verfolgt Schoeller nach eigenen Angaben den Ansatz der Grünen, „mit oberster Priorität“ für den Erhalt der menschlichen Lebensgrundlagen zu kämpfen. Für Kassel bedeutet dies konkret beispielsweise die Transformation der Stadt zur Klimaneutralität 2030, die Schoeller „konsequent angehen“ will. So sieht er etwa im Bereich der Energiewende für Kassel das Potenzial und die Voraussetzungen, als erste deutsche Großstadt „komplett unabhängig von externen Energiequellen“ zu werden. Als Fraktionsmitglied der Grünen in der Stadtverordnetenversammlung widmete er sich politisch bislang insbesondere der urbanen Mobilität.