Boris Palmer bleibt Oberbürgermeister von Tübingen. Bereits im ersten Wahlgang erreichte Palmer bei den gestrigen Oberbürgermeisterwahlen die absolute Mehrheit der Stimmen. Insgesamt bewarben sich sechs Kandidaten um das Amt. Auf Palmer fallen 52,4 Prozent der Stimmen. Die Wahlbeteiligung liegt bei 62,6 Prozent.
Palmer gewinnt als unabhängiger Kandidat
Seit 2007 ist Palmer Oberbürgermeister der baden-württembergischen Stadt. Er geht nun in seine dritte Amtszeit. Bislang trat Palmer stets für die Grünen an. Da er sich mit Teilen der Partei überwarf, lässt er derzeit seine Mitgliedschaft bei den Grünen allerdings ruhen. Den Wahlkampf um das Amt des Oberbürgermeisters führte er daher als unabhängiger Kandidat. Für die Grünen forderte ihn Ulrike Baumgärtner heraus. Sie liegt im Wahlergebnis mit 22 Prozent der Stimmen auf dem zweiten Platz.
Palmer gilt als der wohl schillerndste Lokalpolitiker der Republik. Als Tübinger Oberbürgermeister prägte er in der Vergangenheit mit außergewöhnlichen Vorschlägen immer wieder bundespolitische Debatten. Etwa polarisierte er 2019 mit seiner Idee, das Baugebot konsequent anzuwenden, um mehr Wohnraum zu schaffen. Kritiker bezeichneten ihn diesbezüglich als „Enteigner“. Als ähnlich streitbar erweisen sich seine Wortmeldungen zur Integrationspolitik.
Palmer positioniert Tübingen als progressive Stadt
Tübingen hat sich während Palmers Amtszeit mit progressiven Ansätzen hervorgetan: In der Coronakrise war sie die erste Stadt, die eine lokale Teststrategie umsetzte und mit diesem Öffnungskonzept modellhaft gegen den Lockdown voranging. Zuletzt führte Tübingen eine lokale Verpackungsteuer ein und kämpft derzeit für deren Durchsetzung vor dem Bundesverwaltungsgericht.
Für Teile der grünen Partei schießt der provokante Querdenker Palmer bisweilen allerdings übers Ziel hinaus. Nachdem er sich etwa in einen Facebook-Streit zwischen den ehemaligen Profifußballern Jens Lehmann und Dennis Aogo um rassistische Äußerungen ironisch einschaltete, wurde ihm aufgrund seiner Wortwahl ebenfalls Rassismus vorgeworfen. In Folge dessen spitzte sich der Konflikt zwischen Palmer und Teilen seiner Partei zu. Dies führte dazu, dass er seine Mitgliedschaft ruhen lässt. Immer wieder wehrt sich Palmer gegen eine aus seiner Sicht vorherrschende „Cancel Culture“ in sachlichen Debatten und übertriebene Political Correctness.