Smart City

Smart City: Wie die Digitalisierung Städte verändert

Die Digitalisierung der Verwaltung und der öffentlichen Daseinsvorsorge ist Zukunftsthema in Städten. Oft sind Stadtwerke darin involviert.

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Städte werden smart. Der technologische Fortschritt und der damit verbundene Wandel in der Stadtgesellschaft spiegeln sich in Kommunen wider. Je mehr die Digitalisierung die Lebenswelt durchdringt, umso größer werden die diesbezüglichen Ansprüche an Städte. Bürger erwarten schlichtweg von ihren Verwaltungen, dass sie ihnen digitale Lösungen und neueste Kommunikationskanäle anbieten. Hinzu kommt eine gesetzliche Verpflichtung: Das Onlinezugangsgesetz hält Kommunen, Länder und Bund dazu an, ihre Verwaltungsleistungen über entsprechende Portale auch digital anzubieten. Zielpunkt dafür ist 2022.

Die Digitalisierung der kompletten Daseinsvorsorge

Doch die Smart City ist mehr als nur ein digitaler Zugang zu Verwaltungsleistungen. Es geht um komplette Verwaltungsprozesse und die digitale Ausgestaltung der gesamten Daseinsvorsorge. Dies betrifft den Kern des urbanen Lebens an den Schnittstellen zwischen den Bürgern und Verwaltungseinheiten. Die Digitalisierung einer Stadt erfordert daher einen integrierten Ansatz, der alle Ebenen umfasst. Daher verknüpfen viele Städte, die digitale Vorreiter sind wie die „Digitalstadt“ Darmstadt, ihre Digitalisierungsstrategie mit den zentralen Handlungsfeldern der Stadt. Digitalisierung wird hier zur Stadtentwicklung. Wesentliche Zukunftsprojekte befinden sich in der Schnittmenge von urbaner Progression und Digitalisierung.

Chief Digital Officer und eigene GmbH für die Digitalstrategie

Das bedeutet zugleich, dass die Digitalisierung zur Querschnittsaufgabe zwischen einzelnen Fachbereichen und Ämtern zu begreifen ist. Um diese zu organisieren, bedarf es also auch einer organisatorischen Verankerung. Zur operativ koordinierenden Steuerung setzen zahlreiche Städte daher auf eigens dafür eingerichtete Organisationseinheiten, die zwischen den Fachbereichen agieren. In Darmstadt ist dies die Digitalstadt Darmstadt GmbH. Auf der stadtstrategischen Ebene agiert ein Chief Digital Officer (CDO), der im engen Dialog mit dem Oberbürgermeister, den Verwaltungsspitzen und den politisch verantwortlichen Gremien steht. Manche Städte benennen auch einen Chief Innovation Officer (CIO) – die Bezeichnungen variieren. Wichtig ist, dass das Thema mit hohem Stellenwert in der Verwaltung verankert ist.

Die Themen für die Umsetzung urbaner Digitalisierungsprozesse sind mannigfaltig. Umso bedeutsamer ist dafür eine übergeordnete Strategie, damit sich Städte nicht in Einzelkonzepten verlieren. Sie reichen von der Parkingapp über die intelligente, sensorengesteuerte Straßenbeleuchtung bis hin zum Onlineformular, mit dem Anträge gestellt oder die Zählerstände bezüglich des häuslichen Wasserverbrauchs übermittelt werden. Darüber hinaus experimentieren Städte mit Innovationen – wie dem Einsatz intelligenter Parkbänke, auf deren Displays Temperatur und Luftqualität angezeigt werden und die zugleich als Handyladestation oder WLAN-Hotspot fungieren.

Smart-City-Anwendungen durchdringen die Lebenswelt

Das Beispiel macht deutlich, wie tief Smart-City-Anwendungen in die Lebenswelt der Bürger eindringen. Dies betrifft auch das Engagement kommunaler Beteiligungsgesellschaften. Freizeiteinrichtungen operieren mit dem Internetverkauf von Eintrittskarten, kommunale Krankenhäuser stehen ohnehin vor der Herausforderung, sensible Gesundheitsdaten digital zu verwalten, und Sparkassen bauen ihre Onlineaktivitäten aus, während sie ihre Filialstruktur abschmelzen. Die Smart City ist keine Utopie mehr, sie ist längst allgegenwärtig und in vielen Bereichen schon heute längst so selbstverständlich, dass diese gar nicht mehr als Entwicklungsziel einer Stadt von Morgen empfunden werden.

Letztlich bedeutet die Smart City einen tiefgreifenden Wandel des hergebrachten Verständnisses von Stadtentwicklung. Die betrifft nicht mehr nur die reale Welt, den Städtebau und die Interaktion in der Stadtgesellschaft. Je mehr sich letztere auf digitale Medien verlagert, umso mehr muss sich auch der gestaltende Anspruch von Städten dort niederschlagen. Im globalen Internet werden damit vermehrt lokale Entwicklungsprozesse sichtbar, etwa auf Plattformen für Bürgerbeteiligung, zur Imagebildung einer Region oder der lokalen Wirtschaft. Nicht alles davon ist kommunal veranlasst, doch wenn Städte ihrer Steuerungsfunktion auf vielen Ebenen gerecht werden wollen, werden sie diese auch online ausüben müssen. So verschmelzen in der Smart City die virtuelle mit der realen Welt, und der scheinbare Widerspruch zwischen dem globalen Internet und lokalen Ereignissen löst sich auf. Insofern ist eine smarte Stadt immer auch eine Global City.

Stadtwerke und Kooperationen als Motoren der Smart Region

Als Motoren der Digitalisierung in Kommunen erweisen sich an vielen Stellen die Stadtwerke. Sie sorgen mit ihrem Engagement vielerorts nicht nur für den Aufbau der Infrastruktur für schnelles Internet, sondern sie sind auch verantwortlich für digitale Pilotprojekte. Sie digitalisieren den ÖPNV, errichten eigene Rechenzentren, sorgen für den Aufbau einer lokalen WLAN-Versorgung im öffentlichen Raum und richten die Energieversorgung zukunftsfähig gemäß den Ansprüchen einer Smart City aus. Sie sind „Erfahrungssammler“ und für die Umsetzung vieler Strategien der operative Faktor. Darüber hinaus können ihre oft regional ausgerichteten Netzwerke auch eine Grundlage dafür bilden, die Digitalisierung in die Fläche zu bringen.

Denn die Digitalisierung deutscher Verwaltungen lebt von interkommunaler Kooperation. Es ist nicht nur, aber auch eine Frage des Gefälles zwischen Ballungsgebieten und ländlichen Räumen. Dass die Digitalisierung überall gelingt, wird zu einem bestimmenden Element für die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse in Deutschland. Dabei können Kommunen, die bei der Digitalisierung hintanstehen, von denen lernen, die schon weiter fortgeschritten sind.

Ohnehin muss nicht jede Anwendung für jede Stadt neu erfunden und entwickelt werden – die interkommunale Zusammenarbeit ist unter diesem Blickwinkel gar ein Gebot. Im gemeinsamen Austausch lassen sich Ressourcen effizienter einsetzen und Innovationen schneller in die breite Anwendung bringen. Dies birgt zudem das Potential, die interkommunale Zusammenarbeit sowie Stadt-Umland-Beziehungen zu stärken. Smart Cities können dadurch zu Smart Regions werden.

Datenschutz, Socialmedia und Co.: Risiken für die Smart City

Damit einhergehen aber zahlreiche neue Risiken. Für Städte ergibt sich etwa die Gefahr einer Abhängigkeit von großen Softwarekonzernen bei der Ausgestaltung ihrer Verwaltungsprozesse. Somit stehen sie in besonderer Verantwortung, der Dominanz solcher Konzerne entgegenzuwirken. Die ethische Ausgestaltung des Lebens im Netz und die daran anschließenden Gesetzgebungsprozesse hängen zu großen Teilen also auch davon ab, welche Erfahrungen Smart Cities machen.

Dabei gehen manche Kommunen noch erschreckend unbedarft mit den Risiken, die die digitale Welt in sich birgt, um. Das betrifft etwa den teilweise zu sorglosen Einsatz von Socialmedia über externe Anbieter, deren Algorithmen der Allgemeinheit nicht bekannt sind. Ebenso fehlt vielerorts noch das Bewusstsein für den Wert der Daten, die sich im kommunalen Bestand befinden. Insbesondere bei Kooperationsprojekten mit der Industrie gilt es, diese Daten und Erkenntnisse daraus im Sinne der Allgemeinheit und der demokratischen Willensbildung zu schützen.

Wer, wenn nicht öffentliche Verwaltungen, sollten in Sachen Datenschutz eine besondere Sensibilität walten lassen und sich als Vorbild erweisen? Dies gilt sowohl für die eigene Systemstabilität und -sicherheit, als auch den eigenen Umgang mit den Datensätzen ihrer Bürger. Gleichwohl gilt: Wo, wenn nicht in öffentlichen Verwaltungen, gilt es, im Sinne der Effizienzsteigerung Daten miteinander zu vernetzen und die daraus resultierenden Chancen zu realisieren? Wer, wenn nicht öffentliche Verwaltungen, können pionierhaft vorangehen? Denn die Potentiale sind riesig – von der E-Akte bis zum kompletten E-Government.

Doch genauso riesig erscheinen die Hemmnisse: Vielerorts erfordert die Digitalisierung ein radikales Umdenken in Verwaltungen. Prozesse müssen teils von Grund auf neu angelegt werden. Auch juristische Vorbehalte sind an vielen Stellen noch nicht ausformuliert, es fehlt an Rechtssicherheit, etwa auch, was die elektronische Unterschrift betrifft. Die Smart Cities stehen im Zentrum dieser Spannungsfelder zwischen den neuen Chancen, den Risiken und den Hemmnissen, die die Digitalisierung mit sich bringt.

Die Coronakrise als ein Treiber für die Smart City

Als ein Treiber der Digitalisierung erweist sich dabei die Coronakrise. In der Reaktion auf die Krise zeigt sich die Flexibilität, die der Einsatz digitaler Lösungen als Alternative zu hergebrachten Prozessen mit sich bringt, als wichtiger Faktor. Hemmende Skepsis bezüglich digitaler Innovation weicht daher vielerorts pragmatischen Notwendigkeiten. Die Coronakrise macht neue Arbeitsmodelle selbstverständlich, wie die dezentrale Arbeit im Home-Office, in der Cloud oder via Videokonferenz. Insofern dynamisiert die Zeit der Krise die Entwicklung zur Smart City, da sie nach digitalen Lösungen geradezu verlangt.

Und dort, wo Digital-GmbHs und CDOs als Steuerungseinheiten bereits eingerichtet wurden, erweist sich deren Querschnittsfunktion als geübte und erleichternde Struktur, um Anliegen verwaltungsübergreifend zu koordinieren. Die aufgrund der Digitalisierung geschaffenen Strukturen kommen den Städten in der Krise also zugute und erhöhen darin ihre Handlungsfähigkeit.

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