Die bayerischen Städte München, Augsburg und Nürnberg kooperieren in Sachen Smart City miteinander. Dabei tauschen sich die dafür zuständigen Fachabteilungen kontinuierlich über gängige Anwendungen, deren Weiterentwicklung sowie zukunftsweisende Aspekte wie Cloudcomputing, Homeoffice oder Open Data aus. Insbesondere hinsichtlich des Onlinezugangsgesetzes (OZG), das von Kommunen eine Digitalisierung zahlreicher Verwaltungsleistungen fordert, teilen sich die Städte durch die Kooperation ihre diesbezügliche Entwicklungsarbeit.
Ressourceneffizienz durch Smart-City-Kooperation
Von ihrer Zusammenarbeit erwarten sie sich eine höhere Effizienz beim Einsatz ihrer Ressourcen für die Digitalisierung. Der Austausch soll den digitalen Fortschritt beflügeln und die Arbeit an der Umsetzung des OZG beschleunigen. Damit schreiten die drei Kommunen voran und nehmen eine Vorreiterrolle in Bayern ein.
Der kooperative Ansatz setzt das Bewusstsein voraus, dass „wir als Kommunen nicht in Konkurrenz zueinander stehen, sondern die gleiche Zielsetzung haben“, sagt der Augsburger Ordnungs- und IT-Referent Frank Pintsch. Die Städtekooperation geht auf eine Initiative von ihm und seinem Münchener Kollegen Thomas Bönig, der sich der ehemalige Kämmerer Harald Riedel für die Stadt Nürnberg anschloss, zurück. Heute tauschen sich die Referenten quartalsweise aus. Die Abstimmung auf der Arbeitsebene findet wöchentlich statt.
Individuelles digitales Profil, gemeinsame Grundlagenarbeit
Bei der Ausprägung ihres jeweiligen digitalen Profils setzen die Städte weiterhin auf ihre charakteristischen Merkmale und auf ihre Individualität. Dies betrifft lokal spezifische Angebote oder mit dem Corporate Design der Städte abgestimmte Benutzeroberflächen digitaler Anwendungen. In Nürnberg ist mit der Plattform „Mein Nürnberg“ beispielsweise ein eigenes Bürgerkonto im Einsatz.
Doch was den Austausch von Erfahrungen bei der Einführung solcher Lösungen oder die Arbeit an neuen technischen Grundlagen wie die Programmierung von Onlineformularen für die Abwicklung digitaler Verwaltungsleistungen angeht, tauschen sich die Städte intensiv miteinander aus und führen ihre diesbezüglichen Kompetenzen zusammen. Auf diese Weise wollen sie untereinander auch Standards setzen. Die 2019 vertraglich begründete Zusammenarbeit umfasst darüber hinaus strategische Ansätze hinsichtlich kritischer Infrastruktur und Datensicherheit.
Gemeinsame Strategien für die Smart City
Etwa erörtern die Städte im Zusammenhang mit ihrem Datenmanagement, wo in Zukunft Daten gespeichert werden, ob sie dafür die Kapazitäten von Rechenzentren teilen, gegebenenfalls eine gemeinsame Cloud nutzen oder wie cloudbasierte Programme für Verwaltungsprozesse eingesetzt werden können. Zudem betrachten die drei Städte unter anderem Aspekte des Datenschutzes oder der Datensicherheit.
Dabei durchleuchten sie Verwaltungsprozesse mit Blick auf deren digitale Transformation. Hier stellen sich den Städten – wie anderen Kommunen auch – ähnliche konzeptionelle Fragen. Wenn es beispielsweisen in einem bestimmten Verwaltungsprozess um die Notwendigkeit einer Authentifizierung geht, welchen „Härtegrad“ muss diese haben? Braucht es die sogenannte Bayern-ID, oder ist die Anmeldung mit einer Emailadresse ausreichend? Darauf finden München, Nürnberg und Augsburg für die jeweiligen Fälle nicht nur passgenaue Antworten, sondern können auch bei ähnlich gelagerten Problemstellungen gegenüber höheren Verwaltungsebenen wie dem Freistaat Bayern gebündelt auftreten.
Darüber hinaus stimmen sie sich über eine Open-Data-Strategie und einen fruchtbaren Umgang mit kommunalen Daten – wie Baudaten, Umweltdaten, Klimadaten oder anonymisierten Verkehrsdaten – ab. Mit einer koordinierten E-Government-Strategie legen sie einen Grundstein für die Digitalisierung ihrer Verwaltungen. Dabei betreiben sie ebenfalls arbeitsteilig eine E-Government-Hotline für den Support der neuen digitalen Anwendungen – sowohl für verwaltungsinterne Fragen als auch für die der externen Nutzer.
„Moderne Großstadtverwaltungen für die Bürger“
„Alle drei Städte profitieren von dem Austausch und den gemeinsam vorangebrachten Projekten. Wir sparen auf diese Weise Ressourcen und bringen gleichzeitig unser Ziel, moderne Großstadtverwaltungen für die Bürger zu sein, effektiv voran“, sagt Pintsch. Perspektivisch komme die Innovation, die hier geleistet werde, auch anderen zugute.
Die Stadt Augsburg engagiert sich beispielsweise augenblicklich als Pilotpartner des Freistaats Bayern für die Einführung eines Unternehmenskontos auf Basis des bekannten Elster-Zertifikats. Das Unternehmenskonto soll Prozesse im Dialog zwischen Unternehmen und Behörden digital vereinfachen und beschleunigen.
Das sagen die OBM zur Kooperation

OBM Eva Weber aus Augsburg (Quelle: Stadt Augsburg/Martin Augsburger)
OBM Eva Weber, Augsburg: „Die Kooperation Augsburgs mit den Städten München und Nürnberg ist ein Beispiel dafür, wie die Digitalisierung unserer Gesellschaft sinnvoll und effizient in der öffentlichen Verwaltung umgesetzt werden kann. 575 Verwaltungsleistungen des Onlinezugangsgesetzes können nur dann rasch und bürgerfreundlich umgesetzt werden, wenn nicht jede Kommune für sich alleine arbeitet, sondern wir arbeitsteilig auf Grundlage einheitlicher Standards Projekte aufsetzen und abarbeiten. Die Zusammenarbeit der drei größten bayerischen Städte zeigt, dass dadurch eine große personelle und finanzielle Ressource entsteht, die zu Modernisierung und mehr Bürgerfreundlichkeit der Verwaltung führen kann. Neben der OZG-Umsetzung sind Themen wie eine gemeinsame E-Government-Hotline, die Erarbeitung einer konsistenten Open-Data-Strategie (zum Beispiel Bereitstellung von raumbezogenen Daten) und die Erarbeitung und Nutzung einer gemeinsamen Datenplattform wichtige Ziele, für deren Erreichung wir kooperieren. Diese Arbeitsfelder bieten vor allem im Wirtschaftsbereich der Kommunen große Chancen. In den IT-Abteilungen der Kommunen sitzen zahlreiche Mitarbeitende, die täglich die praktischen Herausforderungen der Digitalisierung erleben und daher wissen, was die Bürger und die Wirtschaft wollen. Sie wissen auch, wie diese Bedürfnisse dienstleistungsgerecht umgesetzt werden können. Das ist das Erfolgsmodell: Dieses praktische Wissen der Experten um die Erfolgsfaktoren, zusammengebracht mit dem interkommunalen Austausch der Kooperation auf Arbeitsebene und der engen strategischen Begleitung und Steuerung der Kooperation durch die IT-Referate der großen Städte. Die Chancen der Digitalisierung vor Ort zu nutzen ist ein ganz wichtiger Baustein, und in der Kooperation sind wir in der Lage, arbeitsteilig und schnell zu arbeiten.“

OBM Marcus König aus Nürnberg (Quelle: Stadt Nürnberg/Christine Dierenbach)
OBM Marcus König, Nürnberg: „München, Nürnberg und Augsburg haben sich entschlossen, Möglichkeiten von Kooperationen im Bereich der Digitalisierung im denkbar weitesten Verständnis wahrzunehmen. Ausgangspunkt ist die Erkenntnis, dass auf die öffentliche Hand zunehmend große Herausforderungen (zum Beispiel in der Digitalisierung) zukommen und auf der anderen Seite sowohl die finanziellen Möglichkeiten der Städte für sich allein begrenzt sind, es einen Fachkräftemangel im Bereich der IT gibt und es daher neuer Lösungsansätze bedarf, um auch zukünftig den Anforderungen der kommunalen Aufgaben im Kontext Digitalisierung noch gerecht werden zu können. Hierbei sollen die möglichen Ergebnisse auch Dritten zur Verfügung stehen, gerade auch anderen Kommunen. Grenzen werden hierbei natürlich lokale Besonderheiten sein, die es aber anhand zu schaffender Standards gering zu halten gilt. Letztlich stehen hier alle vor den selben Herausforderungen. Ein Spielfeld der Städtekooperation ist die Digitalisierung von Verwaltungsleistungen, die im Zuge des Onlinezugangsgesetzes bis Ende 2022 angeboten werden sollen. Mit der Umsetzung des Prinzips „Einer für alle“ könnte sich gerade hier die Zusammenarbeit besonders ressourcenschonend auswirken.“

OBM Dieter Reiter aus München (Quelle: Landeshauptstadt München/Michael Nagy)
OBM Dieter Reiter, München: „Die Aufgabe, die Verwaltung fit zu machen für das digitale Zeitalter, ist gewaltig. Aber nicht zuletzt die Coronapandemie hat uns gezeigt, wie wichtig es ist, den Zugang zur Verwaltung deutlich stärker digital anzubieten. Gerade weil die Aufgabe so gewaltig ist, sind Kooperationen mit anderen Kommunen ein wichtiger Faktor für die notwendige Digitalisierung im öffentlichen Sektor. Gemeinsam mit Nürnberg und Augsburg ist die Landeshauptstadt München Vorreiter auf dem Weg, neue kommunale Standards gemeinsam zu entwickeln und damit moderne Maßstäbe für die Verwaltung der Zukunft zu setzen. Konkret arbeiten wir eng zusammen, um beispielsweise das Angebot an Onlinediensten weit über die Anforderungen des Onlinezugangsgesetzes hinaus voranzubringen. Es zeigt sich: vom Erfahrungsaustausch profitieren alle Partner, weil etwa gemeinsam Lösungsansätze entwickelt und erprobt werden. Hierdurch sind wir gut gerüstet, um den sich ändernden Anforderungen einer digitalen Gesellschaft auch in Zukunft gerecht werden zu können – zum Wohl und zum größtmöglichen Nutzen für die Menschen in unseren Städten.“