14 „Stadtlabore“ arbeiten an einer neuen digitalen Plattform für das Leerstandsmanagement von Innenstädten. „LeAn“ startet im Januar.

Auf der einen Seite Tristesse, graue Fassaden und leere Schaufenster. Gegenüber, auf der anderen Seite, eine lebendige Szene: Es tummeln sich die Menschen auf urbanen Plätzen, es ist ein buntes Treiben. Das skizzenhafte Bild erzählt von den Herausforderungen und vom Wandel der Innenstadt. Es geht um die Transformation von Straßenzügen mit leerstehenden Ladenzeilen in moderne, vitale Stadtquartiere.

Auf ihren Präsentationsfolien steht jene Zeichnung unter der Überschrift „Vision: Vitale Innenstadt“. Eva Stüber vom IFH Köln (Institut für Handelsforschung) betreut das Projekt „Stadtlabore“. 14 Modellstädte machen dabei mit. Gemeinsam schaffen sie eine neue digitale Plattform für städtisches Leerstands- und Ansiedlungsmanagement. Die Plattform verfolgt den Anspruch, bundesweit zum neuen Standard für Kommunen zu werden. Offiziell startet die Open-Source-Software am 1. Januar. Am 9. November wird sie bei einem Digitalevent vorgestellt.

Stadtlabore für die Transformation der Innenstadt

Hervorgegangen sind die 14 Stadtlabore aus einer Initiative des Bundeswirtschaftsministeriums im Oktober 2020. Damals, mitten in der Coronakrise, spitzte sich in vielen Städten die Lage dramatisch zu. Während der Onlinehandel florierte, litten lokale Unternehmen unter dem Lockdown. Gastronomie und Einzelhandel gerieten vielerorts ins Straucheln. Der ohnehin stattfindende Wandel innerstädtischer Zentren gewann eine für urbane Strukturen gefährliche, zusätzliche Dynamik. Viele Städte befürchten nach wie vor ein Ausbluten ihres Kerns. Die Stadtlabore wollen dem gegensteuern.

Die 14 Modellstädte, die an dem Projekt teilnehmen, tauschen sich zum einen über lokale Herausforderungen und Lösungsansätze, was die Vitalität ihrer Zentren betrifft, aus. Zum anderen arbeiten sie konkret an einer Software, mit der das Leerstands- und Ansiedlungsmanagement digital optimiert werden soll. „LeAn“ – Leerstände anpacken und Ansiedlung steuern – heißt das Programm. Es möchte das Angebot an Immobilien passgenau mit potentiellen Nutzern zusammenbringen, „matchen“, und so schneller neue und qualitativ besser zum jeweiligen Standort passende Ansiedlungen in die City bringen.

„LeAn“: Neue Form der Städtekooperation

Das digitale Instrument soll die Städte bei der Gestaltung einer attraktiven Innenstadt unterstützen. Gefördert wird die Entwicklung der Software vom Wirtschaftsministerium mit insgesamt 11,9 Millionen Euro. Das IFH Köln entwickelt das Tool. Dabei arbeiten die 14 Stadtlabore nicht nur pilothaft an der digitalen Plattform fürs Leerstandsmanagement interkommunal zusammen, sondern stehen damit auch für eine neue Form der bundesweiten Städtekooperation.

Bereits jetzt ist ein Prototyp der Software in den Modellstädten im Einsatz. Während der Projektlaufzeit wird dieser in verschiedenen Schritten agil weiterentwickelt. Auf diese Weise fließen praktische Erkenntnisse aus der Anwendung direkt in den Softwarebau ein. Unter den beteiligten Modellstädten sind Bremen, Erfurt, Hanau, Karlsruhe, Köln, Langenfeld, Leipzig, Lübeck, Lüneburg, Mönchengladbach, Nürnberg, Rostock, Saarbrücken und Würzburg.

Eine höhere Passgenauigkeit beim Matching

Dialog und ganzheitliches Denken seien für das Citymanagement entscheidende Erfolgsfaktoren, sagt Projektbegleiterin Stüber. Dies spiegele sich in dem agilen Arbeitsansatz wider. Bereits in der Phase der Softwareentwicklung lege man eine große Heterogenität zugrunde. Erstens, was verschiedene Städtetypen und ihre individuellen, lokal spezifischen Problemlagen betrifft. Zweitens, was die Zielgruppen der Software betrifft: Diese reichen von kommunalen Wirtschaftsförderungen und Marketingstellen über Makler und Immobilieneigentümer – seien es der Privatvermieter oder die Fondsgesellschaft – bis hin zu den potentiellen Mietern und Gewerbetreibenden verschiedenster Branchen. All diese gelte es, auf der Plattform zusammenzubringen, erklärt Stüber. Entsprechend müssten sich deren Blickwinkel in der Software wiederfinden.

Letztlich dient LeAn der Erfassung des Leerstands einer Stadt und spiegelt so zunächst ein Bild lokaler Immobilienpotentiale wider. Zudem bildet das Programm die Nachfrage nach Räumen ab. Das Matching von örtlichen Immobilienangeboten mit der Nachfrage geht dann anhand verschiedener Kriterien vonstatten. Diese Systematik erarbeiten die Modellstädte. Neben klassischen Kriterien wie der Lage oder der Größe der Immobilie sowie der beabsichtigten Nutzung kann der Datensatz um zusätzliche Aspekte, die den urbanen Kontext angehen, erweitert werden. Dazu gehört etwa die örtliche Mobilitätsinfrastruktur, die Frequenz der City oder markante Merkmale eines Quartiers. So schafft das digitale Tool eine höhere Passgenauigkeit beim Matching.

Matching auch nach stadtstrategischen Kriterien

Dabei ermöglicht es die Architektur des Programms, städtische Zielbilder und stadtstrategisch relevante Gesichtspunkte in den Matchingprozess einzubeziehen. Beim Matching können Konzepte und Vorhaben, die beispielsweise dem Zielbild einer nachhaltigen Stadt entsprechen, demnach gewichtet werden. In diesem Beispiel gewänne die Ansiedlung eines Unverpacktladens gegenüber der eines Discounters an Relevanz. Auf diese Weise unterstützt die Plattform eine Kommune also nicht nur praktisch beim Leerstands- und Ansiedlungsmanagement, sondern ordnet mögliche Ansiedlungen auch in ihren stadtstrategischen Zusammenhang ein.

„LeAn“ als neuer Standard und stetige Weiterentwicklung

„LeAn“ ist ab Januar 2023 als Open-Source-Software verfügbar. Eine derzeit entstehende Betreibergesellschaft will dazu zukünftig Dienstleistungen wie Schulungen oder Support anbieten. Das System soll weiter wachsen. Bereits jetzt kommen aus den Stadtlaboren zahlreiche Ideen, die zukünftig in die Software implementiert werden könnten. Im Sinne der agilen Projektarbeit und des gemeinsamen Lernens wolle man daran anknüpfen: „Die Liste möglicher Weiterentwicklungen ab 2023 ist sehr lang“, meint Stüber.

Info

Bei einem Digitalevent präsentieren die Stadtlabore den aktuellen Stand der Softwareentwicklung. Es findet am 9. November, ab 9.30 Uhr, statt. Weitere Infos dazu gibt es auf der Projektwebseite.

a.erb@stadtvonmorgen.de

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