Die „Modellprojekte Smart Cities“ zeigen die vielfältigen Felder der Digitalisierung: von Mobilität über Partizipation bis Nachhaltigkeit.

Die „Modellprojekte Smart Cities“ der zweiten Staffel des gleichnamigen Förderprogramms stehen fest. Vor wenigen Tagen gab Bundesinnenminister Horst Seehofer die 32 ausgewählten Kommunen bekannt. Das Programm fördert besonders innovative Smart-City-Anwendungen. Das Motto im Jahr 2020: „Gemeinwohl und Netzwerkstadt/Stadtnetzwerk“. 13 weitere „Modellprojekte Smart Cities“ fördert das Bundesinnenministerium (BMI) bereits seit dem vergangenen Jahr.

Mithilfe des Programms sollen die Kommunen sektorenübergreifende digitale Strategien für das Leben der Zukunft entwickeln und erproben. Hierfür stellt die Bundesregierung in diesem Jahr über 350 Millionen Euro zur Verfügung. Im Rahmen des Konjunkturpakets gegen die Coronakrise hatte sie die Gesamtsumme für das Förderprogramm um 500 Millionen auf insgesamt 820 Millionen Euro erhöht.

Smart-City-Modellprojekte sollen Mehrwert für alle Kommunen bringen

Insgesamt 86 Bewerbungen von Städten, Kreisen und Gemeinden sowie interkommunalen Kooperationen waren laut BMI auf die Ausschreibung eingegangen. Leer geht keine deutsche Kommune aus: Die einzelnen Modellprojekte sind als Musterbeispiele angedacht. Sie sollen skalierbare oder auf andere übertragbare Lösungen hervorbringen. Die Bundesregierung erhofft sich so einen Mehrwert für alle deutschen Kommunen.

Um dies zu ermöglichen, sind die Städte, Kreise und Gemeinden dazu verpflichtet, ihre Erfahrungen aus den Projekten mit anderen Kommunen zu teilen und geförderte Softwarelösungen als freie Software zur Verfügung zu stellen. Die inhaltliche Vielgestaltigkeit unterstreicht die strategische Relevanz der Digitalisierung für verschiedenste kommunale Handlungsfelder: von der Mobilität über Städtebau, Stadtentwicklung und Partizipation bis hin zur Nachhaltigkeit.

Weitere Informationen zum Förderprogramm „Modellprojekte Smart Cities“ gibt es am Beispiel des Landkreises Wunsiedel, der seit dem vergangenen Jahr zu den ausgewählten Kommunen zählt. Hier gibt es ein Interview mit Landrat Peter Berek und den Oberbürgermeistern Ulrich Pätzsch aus Selb und Oliver Weigel aus Marktredwitz. Hier spricht Ole Schilling, bei der Deutschen Telekom Projektleiter für Wunsiedel, über Erfolgsfaktoren bei der Entwicklung zur Smart City.

Das sind die „Modellprojekte Smart Cities“

Unter den 32 „Modellprojekten Smart Cities“ der zweiten Staffel sind Digitalisierungsvorhaben in Bamberg, Berlin, Darmstadt, Freiburg, Gelsenkirchen, der Gemeinde Barleben, der Gemeinde Eichenzell, Gütersloh, Hagenow, Iserlohn, Jena, Kassel, Kirchheim bei München, Köln, Lohmar, Lübeck, Mannheim, Mönchengladbach, Paderborn und Rostock.

Gefördert werden zudem folgende interkommunale Kooperationen und Landkreise: Aalen und Heidenheim; Bad Belzig und Gemeinde Wiesenburg/Mark; Dortmund und Schwerte; Eifelkreis Bitburg-Prüm; Gemeinde Fuchstal mit den Gemeinden Apfeldorn und Unterdießen; Hamburg mit Leipzig und München; Landkreis Hof; Kiel mit Kommunen aus den Kreisen Rendsburg-Eckernförde und Plön; Landkreis Mayen-Koblenz; Landkreis St. Wendel; Lemgo und Gemeinde Kalletal; Osnabrück mit den Gemeinden Hagen am Teutoburger Wald, Bissendorf sowie Samtgemeinden Fürstenau, Artland und Neuenkirchen.

In der ersten Staffel 2019 wurden überdies 13 weitere Modellprojekte ausgewählt. Dazu gehören Solingen, Ulm und Wolfsburg in der Kategorie „Großstädte“. Cottbus, Gera und Kaiserslautern sind in der Kategorie „Mittlere Städte“ ausgewählt, Grevesmühlen, Haßfurt, Süderbrarup und Zwönitz in der Kategorie „Kleinstädte und Landgemeinden“. In der Kategorie „Interkommunale Kooperationen und Landkreise“ wurden die Kooperation „Arnsberg, Olpe, Menden, Soest und Bad Berleburg“ und die Kooperation „Brandis, Naunhof, Borsdorf, Großpösna, Belgershain, Parthenstein und Machern“ sowie der Landkreis Wunsiedel ausgewählt.

Das sagen OBM ausgewählter Smart-City-Projekte

OBM Claus Ruhe Madsen aus Rostock (Foto oben): „Rostock wird Smile City“, ist das Motto. „Wir können nun in Rostock zeigen, dass wir mit Hilfe von Digitalisierungsprojekten digitale Bürgerservices und neue Technologien umsetzen, die unsere Stadt menschenfreundlicher, nachhaltiger und moderner machen. Wir wollen durch Digitalisierung moderne Mobilität, grüne Technologien und Ressourcen schonendes Wirtschaften als Leitbild für unsere Stadtentwicklung begreifen. Es geht darum, Prozesse transparenter, effektiver und bürgerfreundlicher zu gestalten, unnötige Arbeiten und lange Wartezeiten zu vermeiden. Die Coronapandemie hat uns gezeigt, wie schnell sich Arbeitsvorgänge verändern können und dass Digitalisierung auch zu mehr Lebensqualität führt.“ Insgesamt stehen zwölf Millionen Euro für Digitalisierungsprojekte in Rostock zur Verfügung. Etwa acht Millionen Euro werden vom Bund gefördert. In ihrer Bewerbung legt die Stadt Rostock vier Schwerpunkte:
– Erstens auf Willensbildung und Teilhabe, um die aktive Bevölkerung darin zu bestärken, ihr städtisches Umfeld zu verbessern und damit die digitale Transformation voranzubringen.
– Zweitens auf den Services der Stadt, die besser miteinander vernetzt werden sollen. Durch den Aufbau einer Datenkompetenz, hoher Agilität und nutzerfokussierter Denkweise sollen bessere Entscheidungen getroffen werden. Ziel ist die Realisierung einer modernen, zukunftsorientierten und bürgernahen Verwaltung.
– Drittens auf intelligent vernetzten und miteinander genutzten öffentlichen Räumen mit hoher Aufenthaltsqualität.
– Viertens auf einer Kooperationsplattform, die geschaffen werden soll, und einer wissenschaftlichen Begleitung des Prozesses. Durch die Kooperation mit skandinavischen Städten soll von deren Erfahrungsvorsprung profitiert werden.

OBM Ullrich Sierau aus Dortmund: „Wir gehen weiter neue Wege, um Dortmund noch smarter zu machen. In der Zusammenarbeit mit Schwerte und den Bürgern werden im Rahmen dieses Modellprojekts Quartiere zu Brutkästen für Lösungen in der neuen, digitalen Gesellschaft.“ Der Bund fördert die Kooperation zwischen Dortmund und Schwerte mit 12,4 Millionen Euro. Davon fallen 8,8 Millionen Euro auf Dortmund und 3,6 Millionen Euro auf Schwerte. Das Gesamtvolumen des Vorhabens umfasst 17,5 Millionen Euro. Es besteht aus zwei Phasen: Der Strategieentwicklung bis 2022 und der Maßnahmenumsetzung bis 2027. Beide Kommunen verknüpfen ihre Smart-City-Strategien miteinander. Dabei widmet sich das Modellprojekt insbesondere den Themen Öffentliche Sicherheit, Intelligente Mobilität, Klimaschutz, Qualität des öffentlichen Raums und damit den 17 Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen. Es geht darum, digitale Technologien in Quartierskonzepte einzubinden – von der Infrastruktur für die Datenübertragung über entsprechende Sensorik bis zur gemeinsamen Datenplattform. Die beiden Kommunen Dortmund und Schwerte arbeiten an einem gemeinsamen digitalen Ökosystem mit der Perspektive einer intelligenten Steuerung des städtischen Raums. Transparenz und Partizipationsmöglichkeiten spielen bei diesem Ansatz grundlegende Rollen für die Akzeptanz der neuen Lösungen.

Kooperation als Merkmal der Smart City: Bundestagsabgeordneter Oliver Kaczmarek, OBM Ullrich Sierau aus Dortmund, Bundestagsabgeordnete Sabine Poschmann, Bürgermeister Dimitrios Axourgos aus Schwerte (v.l.). (Quelle: Stadt Dortmund/Roland Gorecki)

Kooperation als Merkmal der Smart City: Bundestagsabgeordneter Oliver Kaczmarek, OBM Ullrich Sierau aus Dortmund, Bundestagsabgeordnete Sabine Poschmann, Bürgermeister Dimitrios Axourgos aus Schwerte (v.l.). (Quelle: Stadt Dortmund/Roland Gorecki)

OBM Andreas Starke aus Bamberg: „Jetzt gilt es, in enge Zusammenarbeit mit der Universität, der Bürgerschaft und allen Institutionen und Einrichtungen dafür zu sorgen, den Förderbetrag von 15,75 Millionen Euro zielorientiert einzusetzen.“ Beworben hat sich die Stadt mit einem Bündel von digitalen Vorhaben, die von der Verwaltung der Stadt, der Universität, den Stadtwerken, der Stadtbau Bamberg, dem Welterbezentrum und über 150 Bürgern entwickelt und bewertet worden sind. Dies erfolgte in einem Onlineverfahren, da eine geplante Veranstaltung aufgrund der Coronakrise kurzfristig abgesagt werden musste. „Das Programm wurde dadurch noch breiter und überzeugte am Ende auch die Jury in der Bundeshauptstadt.“ Die ausgezeichnete Bewerbung der Stadt umfasst eine zweijährige Strategieentwicklung und eine fünfjährige Umsetzungsphase. Thematisch gehören unter anderem das digitale Welterbe, die neue Mobilität, „ein Research Lab“ der Universität Bamberg, moderne und digitale Formen der Bürgerbeteiligung und des Bürgerservice, wohnortnahe Quartiersprojekte und digitale Gesundheitsdienste dazu.

OBM Jochen Partsch aus Darmstadt: „Die Digitalisierung prägt unser Leben auf allen Ebenen immer stärker. Gerade unter Corona bemerkten wir die Zweck- und Notwendigkeit dieser gesamtgesellschaftlichen Entwicklung. Als Digitalstadt haben wir bereits an die 80 große und kleine, zumeist bereichsübergreifende, städtische Digitalisierungsprojekte aufgesetzt und vorangetrieben. Wir haben gezeigt, wie sich eine Stadt nachhaltig und mit Bedacht digitalisiert. Dass wir den dabei eingeschlagenen Pfad, nämlich den Nutzen für Bürger in allen Digitalisierungsprojekten zentral zu stellen, genau richtig wählten, das zeigt unser jetziger Erfolg beim Einwerben öffentlicher Mittel unter genau diesem Credo.“ Einen Fokus richtet die Stadt aufs Thema ökologische Nachhaltigkeit. Dafür setzt sie unter anderem ein Projekt für smartes Wassermanagement auf.

OBM Martin Horn aus Freiburg: Die Stadt Freiburg verfolge den „Ansatz, Digitalisierung als nachhaltigen Prozess zu verstehen, der dem Gemeinwohl nützen muss“. Die Förderung als „Modellprojekt Smart Cities“ bestätige diese Philosophie. Das Projekt aus Freiburg baut auf der städtischen Digitalstrategie und der Basismaßnahme „Freiburger Datenraum“ auf. Davon leitet sich die „Connected Urban Data Architecture“ (CUDA) ab. CUDA ist Ausgangspunkt für eine integrierte nachhaltige, auch soziale Stadtentwicklung. Es sieht das „System Stadt“ gesamtheitlich: Daten zu Klima, Wohnen, Gesellschaft, Gewerbe, Infrastruktur, Natur und Landschaft, Verkehr oder Tourismus werden gemeinsam betrachtet und zugänglich gemacht. Ein solcher Datenraum, mit einer offenen urbanen Datenarchitektur ist ein grundlegender Bestandteil digitaler Infrastruktur. CUDA soll bei Entscheidungsprozessen im Bereich der Stadtplanung, bei Bauleitverfahren und für den künftigen gesamtstädtischen Flächennutzungsplan 2040 mit seinem digitalen Datenraum helfen. Besonders der geplante Stadtteil Dietenbach für mehr als 15.000 Bewohner als eines der bundesweit größten Stadtentwicklungsprojekte soll von innovativen Maßnahmen profitieren, die auf der CUDA erprobt werden. Anwendungsfälle sind dabei 3D-Stadtmodellierung und -simulation, Mobilitätssteuerung und Verkehrssicherheit sowie Bürgerbeteiligung und Mitwirkung durch „Connected Participation“.

OBM Hans Wilhelm Reiners aus Mönchengladbach: „Die digitale Modernisierung und Entwicklung unserer Stadt ist ein wichtiges Zukunftsthema und eine Verpflichtung für die Menschen vor Ort im Sinne des Gemeinwohls. Durch die erfolgreiche Bewerbung und Aufnahme in das Modellprojekt eröffnen sich neue Wege, die Stadt effizienter und nachhaltiger aufzustellen.“ Rund 15 Millionen Euro an Fördermittel stehen für Mönchengladbach nun zum Abruf bereit, um den digitalen Wandel voranzutreiben.

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