„Daten sind das Brot und Buttergeschäft des 21. Jahrhunderts“, meint Michael Ebling, Oberbürgermeister der Stadt Mainz und Präsident des Verbands kommunaler Unternehmen (VKU) gleich zu Beginn seines Grußwortes zum Urban Data Summit. Die Veranstaltung fand am vergangenen Freitag zum ersten Mal in Mainz statt. Als Grundlagen für eine erfolgreiche Datenbewirtschaftung aus kommunaler Sicht sieht er „ein gemeinsames Verständnis, welche Daten am Ende wichtig sind, welche Daten einen Mehrwert schaffen und wie wir den Mehrwert auch dadurch erhöhen, dass gut vernetzt zusammengearbeitet wird“.
Allianz der Motivierten
In der Praxis stehen diesen begrüßenswerten Ansätzen oft noch Hindernisse im Weg, die insbesondere mit dem Spannungsfeld zwischen Technik und Politik zu tun haben. Sonja Gröntgen, Chief Digital Officer des Landkreises Mayen-Koblenz, sieht in den relativ komplizierten Entscheidungsprozessen auf kommunaler Ebene eine Herausforderung für die Umsetzung von Digitalisierungsprojekten. Oft stünden lokale Erfolge bei den Amtsträgern im Fokus, die den Blick auf die gemeinsamen Ziele verstellten. Daher müsse man die Vorteile der Zusammenarbeit herausstellen. Treiber der Digitalisierung seien oft engagierte Unternehmen und einzelne Bürgermeister. Daher setzt sie auf eine „Allianz der Motivierten“.
Ebling verweist darauf, dass Kommunen nicht in einem Wettbewerb um die Daten stehen. Was in der Stadt A erhoben werde und für die Stadt B einen ähnlichen oder zumindest genauso hohen Erkenntnisgewinn hat, könne ausgetauscht werden. „Und am Ende arbeiten vielleicht sogar Mainz und Wiesbaden auf einer Plattform zusammen oder Köln und Düsseldorf. Das wären so kleinere Revolutionen am Rande der digitalen Revolution“, sagt Ebling mit einem Schmunzeln.
Mit Blick auf die Konkurrenz durch die großen Internetkonzerne nennt Tobias Brosze, Vorstand Technik der Mainzer Stadtwerke, einen großen Vorteil der kommunalen Unternehmen: „Wir sind die, die die Physik machen. Die Trennung vom Asset funktioniert in der Smart City nicht.“ Es gehe um die Daseinsvorsorge. Damit grenzt er die Aufgabenstellung der Stadtwerke von den Geschäftsmodellen der sogenannten Hyperscaler ab, die Leistungen lediglich vermitteln und Nutzungsdaten sammeln.
Geschäftsmodell Daseinsvorsorge
Wie das Geschäftsmodell der Kommune für die Datenerhebung und -weitergabe aussehen kann, fragen sich die Teilnehmer des Summits immer wieder. Wenn Daten einmal erhoben seien, stünden sie allen Nutzern zur Verfügung, die dann nicht dafür zahlen wollten. Alanus von Radecki, Leiter des Daten-Kompetenzzentzrums Städte und Regionen (DKSR), schlägt vor, die Kosten und Nutzen neu zu berechnen. Dazu müsse ein einfaches Modell verwendet werden. Dann könnten auch andere Nutzer, wie z.B. Versicherungen, leichter an der Finanzierung beteiligt werden. Allerdings gehen die Vorteile der Datennutzung über die rein monetären Aspekte hinaus. Gröntgen weist auf den Nutzen der Bürger hin. Sie profitierten, wenn sie nicht zwei Stunden im Stau stünden oder vor Hochwasser geschützt sind.
Aktuell werden zahlreiche Anwendungsfälle für die Verbesserung kommunaler Dienstleistungen mit Hilfe von Daten getestet. Ebling erwähnt die Bewässerung von städtischen Bäumen, die mit einem Sensor Informationen über die Feuchtigkeit geben. Die Stadtwerke Mainz lokalisieren die Standorte von Kanalspülwagen, um den Verkehr umlenken zu können. Gröntgen nennt Pegelmessungen, um Hochwasser vorbeugen zu können. Das Thema ist wegen der Nachbarschaft zum Ahrtal im Landkreis Mayen-Koblenz von besonderer Bedeutung. Sie räumt ein: „Wir stehen noch am Anfang, und wir müssen das Geld der Bürger verantwortungsvoll ausgeben.“
Ein datenbasiertes Frühwarnsystem für Hochwasser erfordere ein Datenmodell, das für alle bereitgestellt werden sollte, meint von Radecki. Es sei aber noch keine entsprechende Struktur vorhanden, und die Daten seien oft nicht zugänglich. Es gehe darum, Skalierungseffekte für Kommunen nutzbar zu machen. Die Vernetzung könne in geschützten Räumen erfolgen. Entscheidend für den Erfolg der kommunalen Digitalisierung scheint zu sein, was im ersten Punkt des Memorandums des Summits zusammengefasst wird: Ein Bewusstsein dafür, dass kommunale Datennutzung dem Gemeinwohl dient und sich daher neben wirtschaftlicher besonders an ökologischer und sozialer Nachhaltigkeit ausrichtet.