Die Smart-City-Entwicklung geht äußert heterogen vonstatten. Städte, die digitalisieren, sollten alle Facetten des Stadtlebens betrachten.

„Die Entwicklung zur digitalen Stadt oder Region ist deutlich mehr als nur Verwaltungsdigitalisierung oder Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes“, sagt Alexander Handschuh. Der Sprecher des Deutschen Städte- und Gemeindebunds spricht vom „digitalen Ökosystem“ einer Stadt. Zwar sei die Verwaltungsdigitalisierung ein „Schlüsselbaustein“ oder ein „Knotenpunkt“ dafür. Doch die Entwicklung zur Smart City umfasse alle Bereiche des täglichen Lebens der Menschen vor Ort und sei auch relevant für die Standortqualität von Kommunen. Es bedürfe eines integrierenden Blicks darauf.

Dies sagte Handschuh als Diskutant am 7. Juli bei einem Webinar der Fachmedien „Der Neue Kämmerer“ und „OBM-Zeitung“. Das Webinar ist in Gänze hier online abrufbar. Neben Handschuh nahmen daran Ole Schilling, Smart-City-Experte der Telekom, Jens Mofina, Geschäftsführer des Beratungsunternehmens City and Bits, sowie Benedikt Habbel, ebenfalls Berater von Kommunen, teil. Es widmete sich unter dem Titel „Bausteine für eine effektive und nachhaltige Digitalisierung“ der Frage, wie Städte und Regionen Smart-City-Strategien erfolgreich entwickeln und umsetzen können.

Wie die Vision von der Smart City das Profil der Stadt prägt

Die Digitalisierung einer Kommune müsse gemeinwohlorientiert vonstattengehen. Wer Smart-City-Lösungen forciere, müsse diese an den Herausforderungen in der analogen Welt orientieren. Dafür gelte es, digitale Werkzeuge zu entwickeln, so Handschuh. Der erste Schritt auf dem Weg zur Smart City sei es also, sich über bestehende Aufgaben in einer Stadt und urbane Zielvorstellungen klarzuwerden, um sich dann den digitalen Lösungen dafür zu widmen.

Schilling spricht von einer „Vision“ für eine Stadt. Der Weg zur Smart City berge die Chance für eine Stadt, ihr Profil zu hinterfragen und im strukturierten Dialog mit lokalen Akteuren eine nachhaltige und langfristige Entwicklungsperspektive zu erarbeiten. Habbel beschreibt dies als „Zielbild“, in dessen Formulierung die Stadtgesellschaft durch Beteiligungsverfahren eingebunden sein sollte. So werde die Entwicklung zur Smart City über die digitale Transformation hinaus zu einem auf breiter Basis getragenen und für die Stadt profilbildenden Prozess.

Zwischen Heterogenität und gemeinsamen Standards

Dabei stellt Schilling eine große Heterogenität fest, was die Herangehensweise an Digitalisierungsstrategien betrifft. Bei entsprechenden Ausschreibungen von Kommunen gebe es verschiedenste Ansätze und große Qualitätsunterschiede. Genauso mannigfaltig seien die inhaltlichen Ausprägungen der Zielvorstellungen, stellt Habbel fest: Es gebe keinen einheitlichen Standard einer Smart City. So vielseitig wie die Kommunen sind, so vielseitig seien ihre Smart-City-Vorhaben.

Diese Mannigfaltigkeit kann einer effektiven Digitalisierung allerdings bisweilen im Wege stehen. Denn wenn Städte ihr individuelles Profil auch in der digitalen Welt abbilden möchten, sind grundsätzliche Standards doch wichtige Faktoren, um Anwendungen nachhaltig implementieren zu können. Digitale Lösungen müssten perspektivisch vernetzbar und mit anderen kombinierbar sein, unterstreicht Handschuh. Dazu gehörten offene Schnittstellen und klare Standards.

Entwicklungsformate und Organisationsformen noch nicht ausgereift

Um solche zu erarbeiten, seien interkommunale Kooperationen ratsam, so Schilling. „Die Motivation für die Digitalisierung ist extrem hoch.“ Schilling stellt unter den Städten zudem eine Bereitschaft fest, voneinander zu lernen sowie ihr Wissen und ihre Entwicklungsarbeit zu teilen. Auf diese Weise können Städte bei der Digitalisierung arbeitsteilig vorgehen und Parallelentwicklungen reduzieren. Die Mechanismen und Formate für solche Kooperationen seien allerdings noch nicht vollends ausdifferenziert, meint Schilling.

Ähnliches gilt für die Organisationsform innerhalb einer Stadt. Manche Städte gründen dafür eine eigene Digitalisierungs-GmbH, andere setzen Arbeitsgruppen, Stabstellen oder einen Chief Digital Officer ein. Es gebe hier viele gute Beispiele, aber keinen Königsweg, der für alle gelte, so Schilling.

„Weg vom Silodenken“: kooperativ und im Querschnitt

So breit die Digitalisierung in alle Bereiche der Lebenswelt ausstrahlt, so interdisziplinär ist sie in der Verwaltung zu organisieren. „Weg vom Silodenken“, fordert Mofina. Es bedürfe gemeinsamer, fachbereichsübergreifender Lösungen. Dies sei eine Frage von Organisation, Arbeitskultur und Personalmanagement. Die Digitalisierung betreffe nicht nur die IT-Abteilungen in den Rathäusern, sondern müsse kooperativ und als Querschnittsthema vorangetrieben werden.

Digitalisierung sei „kein Projekt, sondern ein Prozess“, sagt Mofina. Kommunen hätten die Aufgabe, diesen zu steuern. Dies sei eine grundlegende Herausforderung, die sich den Kommunen bei ihrer Digitalisierung stelle. Um einen solchen „Kulturwandel“ zu gestalten, sei es wichtig, dass die Verwaltungsspitzen – also die Oberbürgermeister, Bürgermeister oder Landräte – den digitalen Gedanken vorleben, ergänzt Handschuh.

Digitalisierung in Deutschland schreitet voran

Insgesamt schreitet die Digitalisierung in Deutschland voran. Das Onlinezugangsgesetz verpflichtet Bund, Länder und Kommunen dazu, bis Ende 2022 wichtige Verwaltungsleistungen über Onlineportale digital anzubieten.

Zudem hat das Bundesinnenministerium gerade 28 weitere „Modellprojekte Smart Cities“ bekanntgegeben. Insgesamt fördert es 73 solcher Modellprojekte in Kommunen. Ziel des Förderprogramms ist es, die Digitalisierung in Kommunen zu dynamisieren. Die Erkenntnisse, die die Smart-City-Modellprojekte liefern, sollen übertragbar und skalierbar sein. Um den diesbezüglichen Austausch zu fördern und das Wissen in die Breite zu bringen, hat das Innenministerium nun sogar eine eigene Koordinations- und Transferstelle Smart Cities beauftragt.

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