Eine Smart City-Studie stellt deutschen Kommunen ein ernüchterndes Zeugnis aus. Deren zähe digitale Entwicklung lähme auch die Klimaarbeit.

Auf dem Siegerpodest der smartesten Städte Deutschlands gibt es auch in diesem Jahr wenig Bewegung. Laut des aktuellen Smart City-Rankings der Unternehmensberatung Haselhorst (hier abrufbar) landet jetzt München vor Hamburg und Köln auf dem ersten Platz. Im vergangenen Jahr hatte München noch den dritten Platz belegt.

„Zäher digitaler Fortschritt“ lähmt die Klimaarbeit

Die Autoren der Studie errechnen für jede Stadt einen sogenannten Digitalisierungsgrad. Den aus ihrer Sicht „zähen digitalen Fortschritt“ kommentieren sie mit deutlichen Worten: „Noch nicht einmal die aktuellen Spitzenreiter erzielen einen Digitalisierungsgrad von 50 Prozent, von der Mehrheit der Kommunen mit weniger als 20 Prozent einmal ganz zu schweigen“, sagt Arno Haselhorst, Gründer und Geschäftsführer der Unternehmensberatung.

Schreite die Digitalisierung der Städte in den kommenden Jahren nicht endlich massiv voran, habe dies auch Auswirkungen auf weitere urbane Themen wie den Kampf gegen den Klimawandel. Deutschland drohe seine Klimaziele deutlich zu verfehlen. Denn eine umfassende Energiewende sei ohne eine intelligente, smarte und ressourcenschonende Fortentwicklung der Kommunen schlichtweg nicht machbar.

Smart City Studie identifiziert Hidden Champions

Für die seit 2018 jährlich durchgeführte Erhebung wurden jetzt erstmals zwei weitere Smart-City-Bereiche bei den insgesamt 403 untersuchten Städten ausgewertet. „Digitaler Tourismus“ und „Digitale Wirtschaft und Handel“ ergänzen die acht bestehenden Kategorien „Strategie und Umsetzung“, „Digitale Infrastruktur“, „Digitale Mobilität“, „Digitale Energie und Umwelt“, „Digitale Gebäude und Quartiere“, „Digitale Gesundheit“, „Digitale Bildung“ und „Digitale Verwaltung“.

Mehr Bewegung im Vergleich zur der recht statischen Platzierung auf den ersten drei Plätzen gibt es unter den übrigen zehn topplatzierten Städten. Mit Bad Nauheim landet ein sogenannter Hidden Champion auf dem fünften Platz mit einem Digitalisierungsgrad von 38 Prozent. Der hessischen Kurstadt ist damit in diesem Jahr erstmalig ein Sprung unter die besten zehn Städte gelungen.

Knapp vor Bad Nauheim belegt Darmstadt den vierten Platz. „Das Beispiel zeigt: Eine intelligente Stadtentwicklung ist keineswegs eine Frage der Bevölkerungszahl. Vielmehr scheinen auch Kommunen weit jenseits der Eine-Million-Einwohner-Grenze inzwischen in der Lage zu sein, das Thema Smart City trotz geringerer finanzieller und personeller Ressourcen vorantreiben zu können“, heißt es seitens der Studienautoren. Die „Digitalstadt Darmstadt“ gilt ohnehin bundesweit als Vorreiterin in Sachen Smart City.

Mangelnde Smart-City-Anstrengungen

An der negativen Gesamtbilanz der Studie könnten jedoch auch solche Lichtblicke nichts ändern. „Knapp ein Viertel aller untersuchten Kommunen hat bislang noch keinerlei Anstrengungen hinsichtlich der Entwicklung einer Digitalisierungs-Roadmap unternommen“, sagt Jürgen Germies, Partner bei Haselhorst Associates mit Schwerpunkt Smart-City-Beratung.

Dabei sei gerade eine umfangreich ausgearbeitete Strategie für den Erfolg der digitalen Transformation entscheidend. Sie helfe nicht nur dabei, die Attraktivität der Städte zu steigern und alle relevanten Bereiche einer Stadt möglichst effizient miteinander zu verknüpfen. Auch im Sinne der Nachhaltigkeit müsse ein solches Vorgehen in Zukunft auf der Tagesordnung stehen, um die in Summe gesetzten Klimaziele auch tatsächlich erreichen zu können.

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