Stadtgesellschaft

Die Stadtgesellschaft ist ein wesentlicher Faktor in lokalen Entscheidungsprozessen und für die Frage, wohin sich Kommunen entwickeln. Denn auch abseits der turnusgemäßen Wahlen prägen Bürger politische Debatten und den gesellschaftlichen Diskurs vor Ort. Sie engagieren sich in Vereinen, Organisationen, Initiativen oder als Unternehmer, Wissenschaftler und Kulturschaffende. Genauso mannigfaltig wie die Stadtgesellschaft ist, sind die Anforderungen und Ansprüche, die sie an die Verwaltung sowie an Amts- und Mandatsträger stellen.

Zwischen Gemeinwohl und Einzelinteresse: Bürger wollen Mitsprache

Die Stadtgesellschaft ist keineswegs eine homogene Gruppe, sondern in ihr fügen sich teils gegenläufige Partikularinteressen zusammen. Es ist Aufgabe der Stadtpolitik, diese im Sinne des Gemeinwohls zu moderieren. Für Stadtlenker kann die Auseinandersetzung mit Teilen der Stadtgesellschaft bisweilen anstrengend und aufreibend sein. Dies gilt etwa dann, wenn sich einzelne Gruppen oder Bürgerinitiativen formieren, um städtische Bauvorhaben wie den Bau von Windrädern zu verhindern oder zu beeinflussen.

Es geht um unmittelbare Betroffenheit: Auch die Entwicklung ganzer Quartiere und Stadtteile, die Ansiedlung von Einkaufszentren, der Städtebau oder die Transformation der Innenstadt haben Effekte auf große Teile der Stadtgesellschaft wie Anwohner, Händler, Gastronomen oder Gewerbetreibende. Damit einher geht eine entsprechende Mobilisierungskraft solcher Themen, die bürgerschaftliches Engagement stimuliert.

Stadtgesellschaft als Treiber urbaner Entwicklung

Grundsätzlich kann die Zivilgesellschaft Treiber stadtstrategisch relevanter Themen sein, wenn sie sich diese zu eigen macht. Das betrifft beispielsweise die Klimaarbeit und Nachhaltigkeit. So brachte etwa die Fridays-For-Future-Bewegung in vielen Städten die Frage nach der lokalen Verantwortung für Maßnahmen gegen den Klimawandel auf die politische Agenda.

Der Diskurs zwischen der Stadtgesellschaft und der Stadtführung ist prägend für die Progression, den Fortschritt und die Gestaltung des urbanen Lebens. Das bürgerschaftliche und oftmals ehrenamtliche Engagement betrifft nicht nur lokalpolitisch diskutierte Reizthemen, sondern alle Sphären des gesellschaftlichen Lebens vor Ort: die Jugendarbeit von Sportvereinen, die Aktivitäten von Kulturschaffenden, die Hilfsangebote sozialer Organisationen, den Einsatz für Klimaschutz, Integration und Inklusion. An vielen Stellen ist das zivilgesellschaftliche Engagement aus der Stadtgesellschaft eine Stütze des urbanen Leistungsangebots.

Insofern nutzen viele Verwaltungen und Stadtlenker die Potentiale der eigenen Bürgerschaft für die Stadtentwicklung. Dies geschieht beispielsweise anhand von Bürgerworkshops zur Ideensammlung für eine Quartiersgestaltung, von Bürgerbeteiligung bei maßgeblichen Bauvorhaben oder von sogenannten Hackathons, in denen Programmierer gemeinsam an innovativen digitalen Lösungen arbeiten. Auch im Bereich der Städtediplomatie spielt die Stadtgesellschaft eine prägende Rolle: Um Städtepartnerschaften mit Leben zu füllen, braucht es die Kontakte und Begegnungen auf bürgerschaftlicher Ebene.

Große Themen der Gesellschaft spiegeln sich lokal wider

Die Interaktion zwischen Stadtführung und Stadtgesellschaft beschäftigt sich mit dem konkreten Zusammenleben. Und sie weist über die angestammten Tätigkeitsfelder einer Verwaltung hinaus. Es geht auch um den lokalen Diskurs über die großen Themen der Gesellschaft. Nicht selten sind es Initiativen aus der Stadtgesellschaft, die Oberbürgermeister, Stadtlenker, Verwaltungen und Lokalparlamente dazu veranlassen, sich zu diesen Themen zu positionieren.

Sichtbar wird dies etwa am Einsatz für Flüchtlinge, Seenotrettung und eine schlüssige Migrationspolitik der Europäischen Union. Dies sind eigentlich keine kommunalen Themen. Doch indem sie Stadtgesellschaften betreffen und beschäftigen, schlagen sie sich oft in der Kommunalpolitik nieder. Von dort finden sie über kommunale Spitzenverbände, Städtenetzwerke oder meinungsstarke Oberbürgermeister nicht selten aus Perspektive der Städte einen Widerhall in der bundespolitischen Diskussion.

Ähnliches ist in München geschehen: Als in der bayerischen Landeshauptstadt 2021 Spiele der Europameisterschaft stattfanden, sorgten die in der dortigen Stadtgesellschaft aufgekommene Idee, das Stadion in Regenbogenfarben zu beleuchten, und der Streit darum für ein internationales Echo. Auf diese Weise ging von München eine Debatte um die Rechte von Homosexuellen, Bisexuellen und Transgender (LGTB) aus.

Stadtführung hat Moderatorenfunktion

Die Moderatoren- und Führungsfunktion der gewählten Stadtlenker ist im demokratischen Sinne besonders dann gefordert, wenn es um lokale Vorfälle von Hass und Hetze, von Extremismus oder damit verbundener Gewalt geht. Wenn sich solche Risse in der Stadtgesellschaft auftun, dann werden sie zu Vorbildern, die ausgleichend und besänftigend wirken.

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