Frankfurts Oberbürgermeister Peter Feldmann schlägt ein Moratorium für Energiesperren vor. Der Vorschlag birgt allerdings offene Fragen.

Peter Feldmann, der Oberbürgermeister von Frankfurt am Main, fordert angesichts der Energiekrise ein Moratorium für Strom- und Gassperren. „Niemand darf in Frankfurt seine Wohnung aufgrund der gestiegenen Energiepreise nicht heizen können oder verlieren“, sagt er. Nach Feldmanns Vorstellung soll der mehrheitlich kommunal getragene Energieversorger Mainova bis Ende März 2023 von Strom- und Gassperren absehen. Frankfurt wäre die erste größere Stadt in Deutschland, die ein solches Moratorium lokal beschließt. Doch Feldmanns Vorschlag wirft Fragen auf.

„Müssen Strom- und Gassperren verhindern“

Laut städtischer Presseinformation will der Oberbürgermeister all jenen „unter die Arme greifen“, die besonders von der Energiekrise betroffen sind. „Wir müssen in Frankfurt Strom- und Gassperren verhindern.“ In der nächsten Sitzung des Magistrats am kommenden Freitag will er einen entsprechenden Beschluss für ein Moratorium herbeiführen. Endgültig hat die Stadtverordnetenversammlung darüber zu entscheiden. Als Oberbürgermeister ist Feldmann zugleich Aufsichtsratsvorsitzender des Energieversorgers Mainova.

Nach Angaben der Stadt ordnet Feldmann seine Idee sogar in den noch größeren Kontext der Inflation ein. „Mit einem Moratorium für Strom- und Gassperren soll zudem den gestiegenen Nebenkosten sowie den gestiegenen Lebensmittelpreisen Rechnung getragen werden“, sagt er. „Damit auch Frankfurter mit geringem beziehungsweise nicht ausreichendem Einkommen über die kalten Wintermonate die Wohnung ausreichend heizen können, sind Haushalte bei Zahlungsverzug vor Strom- und Gassperren zu bewahren.“

Details zu Feldmanns Idee noch nicht bekannt

Genauere Einzelheiten zur Idee Feldmanns sind vor dem Magistratsbeschluss am Freitag nach Informationen von #stadtvonmorgen aber selbst lokalpolitisch relevanten Entscheidern bislang offenbar noch nicht bekannt. Da der Vorschlag eines Moratoriums ihm noch nicht im Detail vorliegt, möchte ihn der Energieversorger Mainova auf Nachfrage von #stadtvonmorgen im Augenblick ebenfalls nicht beurteilen und einordnen.

Gleichwohl erklärt ein Mainova-Sprecher, dass der Energieversorger jegliche Initiative begrüßt, die darauf abzielt, Menschen und Unternehmen von derzeit dramatisch steigenden Energiekosten wirksam zu entlasten. Es liege im „großen Interesse“ von Mainova, mögliche Versorgungseinstellungen zu vermeiden. Staatliche Hilfsmaßnahmen seien richtig und wichtig. Aufgrund der Höhe der finanziellen Belastungen und ihrer geringen Margen seien Energieversorger als Händler von Energie allerdings überfordert, entsprechende Entlastungsmaßnahmen alleine zu schultern.

Wer federt die Risiken für den Energieversorger ab?

Im Falle eines möglichen lokalen Moratoriums stellten sich – auch unabhängig von der konkreten Situation – grundsätzliche Fragen, so der Mainova-Sprecher. Zu klären sei etwa, wer die Risiken für den Energieversorger, was mögliche Liquiditätsengpässe betrifft, während des Moratoriums abfedert: Gleicht beispielsweise die Kommune Ausfälle aus?

Zudem weist der Mainova-Sprecher auf die soziale Frage hin: Was geschieht am Ende des Moratoriums mit den aufgelaufenen Forderungen beziehungsweise aus Sicht der Kunden mit den angehäuften Schulden? Wie kann vermieden werden, dass das Moratorium nicht das Gegenteil von dem erreicht, was es eigentlich will, indem es für die Menschen zur Schuldenfalle wird? Darüber hinaus stelle sich bei Gewerbetreibenden gegebenenfalls die Frage nach einer insolvenzrechtlichen Bewertung eines Aussetzens der Energiesperre.

Moratorium zielt insbesondere auf private Verbraucher ab

Ein Sprecher des Oberbürgermeisters erklärt auf telefonische Nachfrage, es gehe bei dem Vorschlag eines Moratoriums vor allem darum, den betroffenen Menschen erst einmal „Luft zu verschaffen“. Hinsichtlich der Frage nach der Situation des kommunalen Energieversorgers setze sich die Stadt im Kontext der Forderung des Deutschen Städtetags an die Bundespolitik für einen Stadtwerke-Schutzschirm ein.

Demgegenüber ziele das Moratorium insbesondere auf die privaten Verbraucher, die in Notlage geraten, ab. Es sei – ähnlich gelagerte Instrumente, die in der Coronakrise eingesetzt wurden, ließen diesen Schluss zu – nicht davon auszugehen, dass die Möglichkeit eines Zahlungsaufschubs von anderen, die sich nicht in einer prekären Zwangslage befinden, ausgenutzt würde.

Feldmann lokalpolitisch unter Druck

Die Wortmeldung Feldmanns kommt zu einem Zeitpunkt, zu dem er selbst unter hohem Druck steht. Im lokalen Diskurs sieht sich der Oberbürgermeister Korruptionsverdächtigungen ausgesetzt. Er bestreitet diese. Mit großen Teilen der Lokalpolitik liegt er über Kreuz. Für den 6. November findet sogar ein Bürgerentscheid über seine Abwahl statt.

Gleichzeitig läuft vor dem Landgericht Frankfurt ein Verfahren gegen ihn. Darin geht es unter anderem um den Verdacht der Vorteilsnahme. Feldmann, der seit 2012 Oberbürgermeister von Frankfurt ist, soll seine Amtsstellung dazu genutzt haben, um seine damalige bei der Arbeiterwohlfahrt (AWO) angestellte Lebensgefährtin zu protegieren und von der AWO Unterstützung für das Einwerben von Wahlkampfspenden zu erhalten.

a.erb@stadtvonmorgen.de

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