Die Frankfurter wählen Peter Feldmann aus dem Römer. Zuletzt prägten unsägliche Querelen die Amtszeit des Oberbürgermeisters.

Mit einem deutlichen Ergebnis haben die Frankfurter gestern in einem Bürgerentscheid den Oberbürgermeister ihrer Stadt abgewählt. Damit scheidet Peter Feldmann nach Feststellung des amtlichen Ergebnisses voraussichtlich am Freitag aus seinem Amt als Oberbürgermeister von Frankfurt am Main aus. Die Entscheidung macht nun eine vorgezogene Neuwahl erforderlich. Bei dem Bürgerentscheid stimmten 95,1 Prozent für die Abwahl. Von insgesamt 508.182 Stimmberechtigten nahmen 212.863 an der Abstimmung teil. Die Abstimmungsbeteiligung liegt damit bei 41,9 Prozent. Die Wahlbeteiligung an der letzten Oberbürgermeisterwahl lag lediglich bei 37,6 Prozent beziehungsweise bei 30,2 Prozent an der Stichwahl.

Abstimmungsbeteiligung über 40 Prozent

Um den Oberbürgermeister abzuwählen war nicht nur die Stimmenmehrheit erforderlich. Zudem mussten mindestens 30 Prozent der Stimmberechtigten an dem Bürgerentscheid teilnehmen. Dieses Quorum ist erreicht. Für die Mainmetropole ist die Abwahl ihres Stadtoberhaupts ein historisch einmaliger Vorgang.

Nach der Bekanntgabe des vorläufigen Ergebnisses zeigte sich Feldmann gestern in einem ersten Statement gefasst. Den für ihn negativen Ausgang der Abstimmung habe er sich freilich nicht gewünscht, wenn er auch demokratisch zu respektieren sei. Allerdings sei festzustellen, „dass sich bei kommunalen Entscheidungen eher Minderheiten beteiligen“, so Feldmann relativierend. In diesem Fall hätten etwa 60 Prozent der Abstimmungsberechtigen nicht an dem Bürgerentscheid teilgenommen.

Feldmann erinnert an sozialpolitische Errungenschaften

Rückblickend verweist der scheidende Oberbürgermeister insbesondere auf sozialpolitische Errungenschaften in Frankfurt wie einen Mietpreisstopp bei der kommunalen Wohnungsgesellschaft sowie günstige Tarife für Schüler im öffentlichen Personennahverkehr, für Schwimmbäder, den Zoo oder kulturelle Einrichtungen. Er habe sich stets als „Sprecher für die Menschen“ verstanden, meint Feldmann.

Gleichwohl sei das „Ziel einer sozialen Stadt noch nicht erreicht“. Darauf müsse sich die Lokalpolitik nun fokussieren. Die Menschen dürften angesichts immenser Preissteigerungen und der Inflation „keine Angst haben, ihre Wohnung zu verlieren oder im Kalten zu sitzen“. Er selbst wolle sich zukünftig an der politischen Debatte „als politisch denkender Mensch, auch als einfacher Frankfurter Bürger weiter beteiligen“.

Querelen um Feldmann: die AWO-Affäre

Der Abwahl vorausgegangen waren monatelange Querelen um seine Amtsführung, die in den Augen vieler Frankfurter das Amt des Oberbürgermeisters beschädigten und Feldmann als höchsten Repräsentanten ihrer Stadt untragbar machten. Parteiübergreifend wurde daher die Abwahl des SPD-Politikers vorangetrieben. Sogar in seiner eigenen Partei verlor der Oberbürgermeister zuletzt Rückhalt. Auch mit wichtigen Akteuren der Stadtpolitik lag Feldmann über Kreuz, was ihn zunehmend isolierte. Aktuell muss er sich sogar vor Gericht gegen Korruptionsverdächtigungen zur Wehr setzen. Er bestreitet diese.

Hintergrund der Gerichtsverhandlung ist die sogenannte AWO-Affäre. Am 30. Mai kündigte das Frankfurter Landgericht an, die diesbezügliche Anklage der Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der Vorteilsnahme zuzulassen. Dem Oberbürgermeister wird vorgeworfen, sein Amt genutzt zu haben, um seine damalige, bei der Arbeiterwohlfahrt (AWO) angestellte Lebensgefährtin zu protegieren. Etwa soll ihr „ohne sachlichen Grund ein übertarifliches Gehalt und die Stellung eines Dienstwagens gewährt worden sein“, wie das Gericht mitteilt.

Zudem soll die AWO Feldmann 2018 im Wahlkampf durch das Einwerben von Spenden unterstützt haben. Im Gegenzug soll Feldmann laut Gerichtsmitteilung mit einer AWO-Verantwortlichen übereingekommen sein, dass er die Interessen der AWO bei seiner zukünftigen Amtsführung „wohlwollend“ berücksichtige.

Querelen um Feldmann: öffentliche Fauxpas

Darüber hinaus sorgte Feldmann immer wieder mit öffentlichen Fehltritten für Aufsehen. Im Mai geriet er etwa aufgrund sexistischer Entgleisungen gegenüber Flugbegleiterinnen im Zusammenhang mit dem Europa-League-Finalspiel von Eintracht Frankfurt in Sevilla in die Schlagzeilen. Für Empörung sorgte auch die Art, wie er bei der anschließenden Siegesfeier auftrat und den Pokal an sich riss.

In der Lokalpolitik häufte sich zuletzt die Kritik, dass Feldmann sich öffentlich immer wieder als Macher zu inszenieren versuche und dabei unabgestimmt über die Köpfe relevanter Gremien hinweg agiere. Exemplarisch dafür steht sein Vorschlag eines Moratoriums für Strom- und Gassperren des kommunal geprägten Energieversorgers Mainova. Mit dieser Idee preschte Feldmann vor wenigen Wochen vor – wesentliche Entscheider erfuhren davon allerdings erst über öffentliche Verlautbarungen beziehungsweise die Presse. Zudem erweist sich sein Vorschlag, der wenig Aussicht auf Umsetzung hat, als unausgegoren und populistisch.

Feldmann-Abwahl: „Große Erleichterung“ im Magistrat

Bezeichnend für Feldmanns fehlenden Rückhalt in der Lokalpolitik ist ein heutiges Statement der Magistratsgruppen in der Frankfurter Römer-Koalition. Deren Sprecher reagieren mit „großer Erleichterung“ auf die Abwahl des Oberbürgermeisters. In einer offiziell städtischen Pressemitteilung zeigen sich Stadtkämmerer Bastian Bergerhoff (Grüne) und die Stadträte Rosemarie Heilig (Grüne), Mike Josef (SPD), Stephanie Wüst (FDP) und Eileen O’Sullivan (Volt) „sehr froh darüber, dass die Abwahl von Peter Feldmann gelungen ist und jetzt ein politischer Neustart an der Frankfurter Stadtspitze möglich ist“. Feldmann ist seit 2012 Oberbürgermeister von Frankfurt. 2018 wurde er für eine zweite Amtszeit gewählt.

a.erb@stadtvonmorgen.de

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