Die Lage an der deutsch-französischen Grenze spitzt sich zu. Die Coronakrise sorgt für hohe Belastungen. Städte verlangen dafür „pragmatische Lösungen“.

Die Grenzkontrollen und teilweise -sperren zur Eindämmung des Coronavirus zwischen Deutschland und Frankreich sorgen in den betroffenen Regionen für immense Belastungen. Nun fordern OBM Markus Zwick aus Pirmasens und die Landrätin des Kreises Südwestpfalz Susanne Ganster eine „schnelle wie pragmatische Lösung für Berufspendler“. In einem Schreiben schlagen sie Bundesinnenminister Horst Seehofer eine kontrollierte Öffnung zweier Grenzübergänge vor, um die Situation zu entlasten.

Grenzsperren durchschneiden Wirtschafts- und Lebensräume

OBM Markus Zwick aus Pirmasens (Quelle: Stadt Pirmasens/Gregor Theis)

OBM Markus Zwick aus Pirmasens (Quelle: Stadt Pirmasens/Gregor Theis)

„Die Grenzschließungen in der Südwestpfalz durchschneiden einen gemeinsamen Wirtschafts- und Lebensraum“, teilen Zwick und Ganster heute mit. Sie blicken „mit Sorge auf die aktuelle Situation“. Zwar hätten die Grenzschließungen durchaus zur Eindämmung des Virus beigetragen – die Stadt Pirmasens und der Landkreis Südwestpfalz seien von der Coronapandemie nur in geringem Ausmaß betroffen. Doch umso wichtiger sei es, nun weiter „mit Augenmaß“ gegen die Pandemie vorzugehen. Viele Berufspendler, auch Mitarbeiter von Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen, erreichten nur schwer ihre Betriebe.

Die beiden Lokalpolitiker daher schlagen vor, zwei zentrale Grenzübergänge zumindest in den Stoßzeiten zwischen 6 und 8 sowie zwischen 16 und 18 Uhr für Berufspendler zu öffnen – kontrolliert durch die Bundespolizei. Dies sei „über die wirtschaftlichen Gründe hinaus ein wichtiges Zeichen der gelebten Solidarität und grenzüberschreitenden Zusammenarbeit in der Krise“.

Hohe Belastungen entlang der deutsch-französischen Grenze

OBM Uwe Conradt aus Saarbrücken (Quelle: Landeshauptstadt Saarbrücken/Anika Colbus)

OBM Uwe Conradt aus Saarbrücken (Quelle: Landeshauptstadt Saarbrücken/Anika Colbus)

Auch die Städte anderer Bundesländer erheben ähnliche Forderungen. Zuletzt hatte sich OBM Uwe Conradt aus Saarbrücken, der Präsident des grenzüberschreitenden Eurodistricts SaarMoselle ist, an Bundeskanzlerin Angela Merkel gewandt. Conradt verlangte eine Öffnung der Grenzen, da die Sperren den Warenverkehr und die Berufspendler unverhältnismäßig hoch belasteten. Auf Nachfrage der OBM-Zeitung wies das Innenministerium die Forderungen aber zurück und erklärte, dass sich die Kontrollen auf Binnengrenzen bezögen, an denen sie erforderlich erschienen.

Am Montag hatte zudem der Eurodistrikt Strasbourg-Ortenau in einer digitalen Sitzung eine Resolution für eine engere deutsch-französische Zusammenarbeit verabschiedet. Zwar erkennt der Eurodistrikt darin die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie an, zu denen auch Grenzkontrollen zählen. Er spricht sich aber für eine fortlaufende Überprüfung ihrer Verhältnismäßigkeit aus.

Dabei weist der Eurodistrikt auch auf die sozialen Spannungen und die Belastungen für das deutsch-französische Verhältnis hin, die die Coronakrise auslösen. Er verurteilt Fälle von Beschimpfungen und Anfeindungen, wie sie einige Franzosen in der Grenzregion derzeit erleben müssen.

Deutsch-Französischer Ausschuss soll koordinierend eingreifen

„Wichtig ist es, für künftige Krisenfälle weitere Strukturen zu schaffen, damit die grenzüberschreitende Zusammenarbeit auch in diesen Fällen funktioniert“, sagt OBM Markus Ibert (Foto oben) aus dem baden-württembergischen Lahr. Die aktuelle Coronakrise könne eine Chance dafür sein. Der Deutsch-Französische Ausschuss für grenzüberschreitende Zusammenarbeit solle „die treibende Kraft hinter den Vorschlägen zur Koordinierung von Maßnahmen zur Krisenbewältigung in den grenzüberschreitenden Gebieten sein“.

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